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Gianera: «Kinder und Haushalt sind noch vornehmlich Frauensache»

Obwohl es in Graubünden viele Teilzeitarbeitende gibt, kann die Erwerbsarbeit in einer Familien nicht zu gleichen Teilen zwischen Mann und Frau aufgeteilt werden. Dazu fehlen oftmals Angebote für die Kinderbetreuung, wie Tamara Gianera von der Stabsstelle für Chancengleichheit für Frau und Mann sagt.

12.09.17 - 19:43 Uhr
Wirtschaft
Tamara Gianera von der Stabsstelle für Chancengleichheit für Frau und Mann.
Tamara Gianera von der Stabsstelle für Chancengleichheit für Frau und Mann.
OLIVIA ITEM
  1. Frau Gianera, in Graubünden gibt es überdurchschnittlich viele Teilzeitarbeitende. Leben wir in einem familienfreundlichen Kanton?

    Wenn Sie die Familienfreundlichkeit nur an dieser Quote festmachen, dann ja. Aber: Hier arbeiten viel weniger Männer Teilzeit als in anderen Kantonen. Zudem sind die Frauen, zumindest bis die Kinder ausser Haus sind, überwiegend in Kleinstpensen beschäftigt. Etwas,
    das nachweislich nicht zur gerechteren Verteilung der Familienarbeit beiträgt. Kinder und Haushalt sind also immer noch vornehmlich Frauensache. Das Bild zeigt auch, dass die Männer sich im Vollzeiterwerb für die finanziellen Belange verantwortlich fühlen.
     
  2. Was sind die Gründe dafür, dass die Rollenverteilung bei uns noch sehr traditionell ist?

    Wie anderswo verhindern in Graubünden die negativen steuerlichen Anreize für Zweiteinkommen die ungleiche Verteilung von Haus- und Familienarbeit zulasten der Frauen und die Lohnungleichheit, dass Mütter von Vorschulkindern in den Erwerbsmarkt drängen. In unserem Kanton ist die Erwartung, dass junge Mütter daheimbleiben, noch sehr stark verankert. Dazu kommt, dass in vielen Regionen ergänzende Angebote wie Krippen, Tagesfamilien und Mittagstische ungenügend vorhanden sind.

     
  3. Ein Blick in die Zukunft: Wann wird unser Kanton familienfreundlicher?

    Es geht hier um die Frage, ob Paare Familienarbeit gleichmässig verteilen, genügend familienergänzende Strukturen zur Verfügung stehen und die Lohngleichheit endlich umgesetzt wird. Erst dann sind die Frauen frei, auch einer bezahlten Arbeit vermehrt nachzugehen. Dies wird stärker zum Thema, wenn die junge Frauengeneration, welche dieselbe oder sogar eine bessere Ausbildung hat als die jungen Männer, die Verteilung von Familien- und Erwerbsarbeit mit ihren Partnern auf der gleichen Ebene verhandeln kann. Dazu müssen aber die vom Bund angestossenen Massnahmen zur Lohngleichheit Erfolg zeigen. Auch die Wirtschaft muss handeln. Beteiligen sich die Männer mehr in Haushalt und Familie, müssen sie ihr Pensum im Beruf verringern. Dann wird auch die Wirtschaft nicht darum herumkommen, umzudenken.
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