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In der spanischen Weinhalle fliesst jetzt Mango Lassi

Ein traditionsreiches Lokal in der Rapperswiler Altstadt erwacht zu neuem Leben. Und schlägt ein frisches kulinarisch-kulturelles Kapitel auf. Der Inhaber hat ein bekanntes lokales Gastro-Vorbild.

Pascal
Büsser
03.04.24 - 04:30 Uhr
Linth
Traum realisiert: Halibu Abdul Cader empfängt seine Gäste neu in der Rapperswiler Altstadt.
Traum realisiert: Halibu Abdul Cader empfängt seine Gäste neu in der Rapperswiler Altstadt.
BILD PASCAL BÜSSER

Lange war es gespenstisch ruhig um das Lokal in der Rapperswiler Altstadt unweit vom Hauptplatz. Sechseinhalb Jahre stand es leer. Dort, wo mit dem «Dieci» eines der grössten Schweizer Gastroimperien seinen Anfang nahm.

Letzter Pächter war Enrique Jimenez. Wegen einer Pachtzinserhöhung wechselte er Mitte 2016 das Lokal, wie er damals sagte. Letzten Sommer dann zog für ein paar Wochen eine Pop-up-Bar in die frühere «Spanische Weinhalle» an der Kluggasse ein. Doch dann war wieder Ruhe. Bis Anfang März. Seither fliesst im Lokal Mango Lassi – ein indisches Joghurtgetränk.

Aus Not eine Tugend gemacht

Das «House of Spice» hat hier einen neuen Standort gefunden. Zuvor war das einzige indische Restaurant in der Stadt an der Kreuzung vis-à-vis dem Tüchiparkplatz an der Neuen Jonastrasse daheim. Doch die dortige Liegenschaft weicht einem Neubau.

 

Zwischennutzung: Letzen Sommer gab es kurzzeitig einen Pop-up-Betrieb im Lokal.
Zwischennutzung: Letzen Sommer gab es kurzzeitig einen Pop-up-Betrieb im Lokal.
BILD PASCAL BÜSSER

Inhaber Halibu Abdul Cader, den alle «Abdul» nennen, machte aus der Not eine Tugend. Er mietete erst das Lokal an der Unteren Bahnhofstrasse, wo zuvor die Bäckerei Wick einen Laden hatte.

Gedacht war dies als Übergangslösung, bis das Lokal an der Kluggasse bereitsteht. Doch nun ist der Plan, beide Standorte zu betreiben, wie er erklärt. Die Bahnhofstrasse für Take-away, das Altstadtlokal, um im gemütlichen Rahmen vor Ort zu essen.

Zwangsende als «Glücksfall»

«Es war schon immer der Traum meines Vaters in die Altstadt zu kommen», sagt Tochter Hudha Abdul Cader, die mit am Tisch sitzt. «Gleichzeitig ist es ihm schwergefallen, loszulassen.» Statt als «Schicksalsschlag» habe sich der Abbruch des bisherigen Mietlokals an der Neuen Jonastrasse im Nachhinein als «Glücksfall» erwiesen, meint die Tochter.

Sie studiert Internationale Beziehungen und Jus in St. Gallen, ihre Schwester Rechtswissenschaften in Luzern. Beide helfen sie mit der Mutter im Familien­betrieb aus. Der Sohn verfolgt derweil eigene Gastropläne als gelernter Koch – für Schweizer Küche.

«Auf Wunsch kochen wir in Originalschärfe.»

Halibu Abdul Cader, Wirt «House of Spice»

Die Kinder sind neben seinem Betrieb Abduls Stolz. Für diesen lebt er. «Ich nehme auch mal frei», sagt er zwar. Doch Tochter Hudha schüttelt den Kopf. Und lacht. «Stimmt nicht». Einmal im Jahr machten sie als Familie Ferien, sagt die Tochter. Zwei Wochen? «Zehn Tage.» Das Telefon habe der Vater immer dabei.

Stolz auf Kinder und Betrieb

Halibu Abdul Cader hat sich in der Schweiz hochgearbeitet. Anfang Neunzigerjahre flüchtete er vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka in die Schweiz und kam 1991 nach Rapperswil. Damals habe es noch eine Coop-Cafeteria im Sonnenhof gegeben. Dort wusch er zuerst ab. Rasch wurde er von der Chefin ge- und befördert. Via «Du Lac» gelangte er in die «Dieci Bar». Dort arbeitete er 18 Jahre. Und wurde bei Gästen als «Abdul» bekannt.

2017 machte er sich selbstständig. Im neuen Lokal verfügt er nun über eine frisch renovierte Küche und Platz für rund 60 Personen – doppelt so viel wie bisher. «Trotzdem waren wir an Wochenenden schon wieder ausgebucht», sagt Tochter Hudha. Und lacht.

 

Investiert: Im Lokal wurde unter anderem die Küche erneuert.
Investiert: Im Lokal wurde unter anderem die Küche erneuert.
BILD ARCHIV
Doppelte Kapazität: In der Kluggasse kann Halibu Abdul Cader mehr Gäste empfangen als am alten Standort.
Doppelte Kapazität: In der Kluggasse kann Halibu Abdul Cader mehr Gäste empfangen als am alten Standort.
BILD PASCAL BÜSSER

Doch wieso betreibt der heute 57-Jährige ein indisches und nicht ein sri-lankisches Restaurant? Das Essen sei ähnlich, aber in Sri Lanka schärfer. Die nordindische Küche, die man anbiete, sei nuancierter. «Dieses Essen haben wir selber gern», sagt die Tochter.

Für die Authentizität sorgten indische Köche, wobei man die Schärfe für hiesige Geschmäcker etwas reduziere. «Auf Wunsch kochen wir in Originalschärfe», versichert Abdul. Und: Neu gebe es noch mehr vegane Speisen.

Erfolg wie das Vorbild?

«Dieci»-Gründer und Mitinhaber Rocco Delli Colli eröffnete seine erste Pizzeria einst im Lokal, das Abdul jetzt führt. Delli Colli habe beim Vermieter ein gutes Wort für ihn eingelegt, sagt Abdul mit Stolz. Er sieht den Pizzaketten-Chef als gastronomisches Vorbild.

Ob Halibu Abdul Cader noch gelingt, analog zum «Dieci» ein indisches Gastroimperium aufzubauen, bleibt abzuwarten. Ein Startpunkt ist mit dem zweiten Lokal auf jeden Fall gesetzt.

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