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Ausgerechnet Kritiker Bruno Hug hält den umstrittenen «China-Deal» am Leben

Mit einer Einsprache will Medienunternehmer Bruno Hug den «China-Deal» in Rapperswil-Jona verhindern. Vorerst hat er das Gegenteil erreicht. Nun droht ihm wegen der Berichterstattung rechtliches Ungemach.

Pascal
Büsser
12.03.24 - 04:30 Uhr
Linth
Wer lacht zuletzt? Verleger Bruno Hug am Swiss Media Forum im September 2021.
Wer lacht zuletzt? Verleger Bruno Hug am Swiss Media Forum im September 2021.
BILD KEYSTONE

Es tönt wie ein Witz. Doch Stadtpräsident Martin Stöckling (FDP) bestätigt den Sachverhalt. Ohne die Einsprache von Verleger Bruno Hug gegen das Baugesuch von Sinoswiss im Schachen wäre der umstrittene «China-Deal» geplatzt. Dies wegen einer Klausel im Kaufvertrag, den der Stadtrat vor Jahresfrist publiziert hatte.

Die Klausel besagt, dass der Vertrag «ersatzlos» dahinfällt, wenn das Bauprojekt nicht bis Januar 2024 baubewilligt ist. Es sei denn, es gibt Einsprachen, dann verlängert sich die Frist um zwei Jahre.

Dass Hug einziger Einsprecher gegen das 20-Millionen-Projekt ist, hat er in einem neuen Magazin, das er letzte Woche in alle Haushalte der Stadt schickte, selber offiziell gemacht. Dies, nachdem die «Linth-Zeitung» den Fakt bereits Anfang Jahr hergeleitet hatte.

Hug hört auf Anwälte

«Ohne Einsprache wäre der Vertrag Ende Januar ausser Kraft getreten», bestätigt nun Stöckling. Denn die Bewilligungen seitens Kanton lägen noch nicht vor. Laut «Stapi» gibt es keinen Grund anzunehmen, dass diese ohne Einsprache schneller eingetroffen wären.

Hängiges Baugesuch: Sinoswiss will im Schachen ein chinesisch-schweizerisches Innovation Center realisieren.
Hängiges Baugesuch: Sinoswiss will im Schachen ein chinesisch-schweizerisches Innovation Center realisieren.
VISUALISIERUNG ZVG
Noch jüngfräuliche Parzelle: Südwestlich des Kreisel soll das Innovation Center gebaut werden.
Noch jüngfräuliche Parzelle: Südwestlich des Kreisel soll das Innovation Center gebaut werden.
BILD ARCHIV

«Stadtpräsident Stöckling hat seit Monaten kundgetan, den Landverkauf durchzudrücken», erklärt derweil Hug seine Intervention. «So sagte er am 21. November der ‘Linth-Zeitung’: Wer ein Baugesuch stelle, habe ‹ein Anrecht auf eine speditive Behandlung.

Und falls das Gericht gegen den Stadtrat entscheide, bedeute das ‘nichts’. Die Beschwerde von Hanspeter Raetzo könne ‘den Landverkauf nicht verhindern’», zitiert Hug. «Und am 12. Dezember sagte Stöckling derselben Zeitung: Die Stadt leite das Baugesuch trotz Einsprache ‘weiter nach St. Gallen’».

Zwei Fachanwälte hätten ihn deshalb darauf hingewiesen, dass niemand wisse, ob die Stadt die Baubewilligung bis Ende Januar erteile. Geschehe dies, könne den Landverkauf niemand mehr stoppen.

Und die Anwälte hätten ihn «eindringlich» davor gewarnt, «dass es für die Stadt leicht wäre, die Deadline für die Baubewilligung neu zu fixieren», so Hug.

Neue Regeln für neuen Vertrag

Dem widerspricht Stöckling. «Eine Veränderung des Vertrags hätte einen neuen Vertragsabschluss bedeutet», sagt er. Und dieser hätte unter neuen Voraussetzungen stattgefunden. Denn im Dezember beschnitt die Bürgerversammlung die Finanzkompetenzen des Stadtrats. Diese Regel trat laut Stöckling Anfang Februar in Kraft.

Widerspricht: Laut Stadtpräsident Martin Stöckling hätte der Stadtrat die Deadline bei Verkaufsvertrag  nicht einfach verlängern können.
Widerspricht: Laut Stadtpräsident Martin Stöckling hätte der Stadtrat die Deadline bei Verkaufsvertrag nicht einfach verlängern können.
BILD ARCHIV

Neu wäre der Vertrag sicher dem fakultativen Referendum unterstanden, hätte also mit 500 Unterschriften an die Urne gebracht werden können. «Wenn der Stadtrat entschieden hätte, den Vertrag zu erneuern, wäre es seltsam gewesen, wenn er sich nicht an diesen jüngsten Entscheid der Bürgerschaft gebunden gefühlt hätte», sagt Stöckling. «Man kann es drehen und wenden, wie man will, Bruno Hug hat mit seiner Einsprache das Bauprojekt vorläufig gerettet.»

Nun lautet die neue Deadline für die Baubewilligung Ende Januar 2026. Will Hug versuchen, das Verfahren so lange durch die Instanzen zu ziehen? Er geht auf die Frage der «Linth-Zeitung» nicht ein. Er habe eingesprochen, «weil dieser Bau nicht in diese Zone gehört und viele Verkehrsfragen in diesem Gebiet ungelöst sind».

Berichterstattung mit Folgen?

Klar ist, dass Hugs Einsprache dem Stadtrat einen Flop erspart hat. Wieso gibt es überhaupt diese Fristen? «Auf diese hat der Stadtrat gedrängt, weil er verhindern wollte, dass die Parzelle zur Spekulation gekauft wird», sagt Stöckling.

Offen bleibt, ob ein Auslaufen des Vertrags zu einem Rechtsstreit zwischen Sinoswiss und Stadtrat geführt hätte. Denn die Stadt drückte dem Vernehmen nach bei der Baueingabe auf die Bremse, nachdem Ex-SP-Präsident Hanspeter Raetzo ein noch immer laufendes Rechtsverfahren gegen den Landverkauf lanciert hatte.

Steht Red und Antwort: Im März 2023 erklärt Sinoswiss-Geschäftsführer Dominik Widmer die HIntergründe des Innovation Centers - unter den Anwesenden, Verleger Bruno Hug (Mitte rechts, sitzend)..
Steht Red und Antwort: Im März 2023 erklärt Sinoswiss-Geschäftsführer Dominik Widmer die HIntergründe des Innovation Centers - unter den Anwesenden, Verleger Bruno Hug (Mitte rechts, sitzend)..
BILD ARCHIV

Nun droht dagegen Hug Ungemach. Denn Sinoswiss verlangt eine Gegendarstellung zu jüngst von «Weltwoche» und «Linth24» publizierten Berichten, wonach der chinesische Staat bei den in Jona involvierten Firmen die Finger im Spiel habe. Der Geschäftsführer der Sinoswiss Holding, Dominik Widmer, weist dies dezidiert zurück.

Und er gibt an, rechtliche Schritte zu prüfen. «Herr Hug ist nicht einverstanden mit dem Stadtpräsidenten, das ist sein Recht», sagt Widmer. «Er nimmt aber keine Rücksicht, ob Dritte geschädigt werden in ihrem Ruf.»

Verleger Hug lässt auf Anfrage der «Linth-Zeitung» offen, ob der Autor die behaupteten Verstrickungen belegen kann. «Die Recherchen stammen aus der Feder einer China-Kennerin und der ‘Weltwoche’», sagt er nur.

«Das stimmt absolut nicht»

Prüft rechtliche Schritte: Dominik Widmer, Geschäftsführer Sinoswiss Holding will sich die Berichterstattung von «Linth24» nicht gefallen lassen.
Prüft rechtliche Schritte: Dominik Widmer, Geschäftsführer Sinoswiss Holding will sich die Berichterstattung von «Linth24» nicht gefallen lassen.
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Dominik Widmer, «Linth24» schreibt, dass die oberste Muttergesellschaft der Firma, die Sie führen, und die in Jona ein Innovation Center bauen will, zu 100 ​Prozent in chinesischem Staatsbesitz sei.

Dominik Widmer: Das stimmt absolut nicht. Unsere Muttergesellschaft ist nicht Gree, wie von «Linth24» und «Weltwoche» behauptet. Unsere Mutter ist die Fenshare Holding. Diese ist auch Mehrheitseignerin von zwei Unternehmen in China. Eines stellt in Fabriken als Zulieferer Teile für Klimaanlagen her, die Gree produziert. Das andere Unternehmen hat eine Lizenz, um Klimaanlagen von Gree in Südwestchina zu verkaufen. Gree ist aber nicht finanziell beteiligt und hat keine operative Kontrolle über die zwei Unternehmen, geschweige denn über die Fenshare Holding, die vollständig im Besitz der Familie Zhou ist. Dies kann man im öffentlich publizierten chinesischen Handelsregister überprüfen.

Trotzdem muss es ja durch die Geschäftstätigkeit einen engen Austausch mit der staatsnahen Gree geben. Hat also doch die Kommunistische Partei bei ihnen die Finger im Spiel?

Nein. Nach dieser Logik wäre ja jedes Schweizer oder europäische Unternehmen, das mit (teil-)staatlichen chinesischen Firmen handelt, unter chinesischer Staatskontrolle.

Der Sinoswiss Technopark in Chongqing befindet sich in einer New Area, einer vom Zentralstaat geschaffenen Entwicklungszone. Laut «Linth24» ein weiterer Beweis für die engen Beziehungen von Fenshare zum chinesischen Staat.

Die New Areas sind staatlich geschaffene Industriezonen mit Steuervorteilen. Es ist aber nicht so, dass alle Projekte darin staatlich kontrolliert sind. In der 1200 ​Quadratkilometer grossen Zone in Chongqing (doppelte Fläche von See-Gaster, Red.) gibt es Hunderte internationaler Firmen.

Hug verdächtigt Sie, Start-ups mit Gratismieten anlocken zu wollen, um Know-how abzuzügeln.

Gratismieten in der Startphase sind üblich in der Start-up-Förderung und im Businessplan einkalkuliert. Der Antrieb von Investor Zhou ist es, sein Business zu diversifizieren. Verschlechtert sich in China die Wirtschaftslage, leidet der private Sektor zuerst. Auslandsinvestments müssen etwas mit der Geschäftstätigkeit in China zu tun haben, um bewilligt zu werden. Dies ist mit dem Brückenschlag zum weit grösseren Technopark in China gegeben.

Es gibt in China eine Finanzexportkontrolle. Also ist das Projekt doch unter staatlicher Aufsicht?

Finanztransfers ins Ausland werden von einer staatlichen Stelle kontrolliert. Danach endet die Kontrolle. Auch die chinesischen Staatsressourcen sind endlich. Rapperswil-Jona mit der Ost ist für uns ein spannender Standort. Für den chinesischen Staat ist er aber nicht von geostrategischer Bedeutung.

 

KOMMENTAR

Der Eifer des Medienaktivisten

Pascal Büsser über Verleger Bruno Hug, der sich fürs Erreichen seines grossen Ziels aus dem Fenster lehnt.

Medienunternehmer Bruno Hug ist kein Fan von Stadtpräsident Martin Stöckling. Das ist an sich keine Neuigkeit. Seit Freitag wissen es alle in Rapperswil-Jona, die es bis dato noch nicht wussten. Auf seinem Onlineportal hat Hug bereits dutzendfach seine wortreiche Kritik an der Stadtführung publiziert. Nun hat er diese ein paar Monate vor den Stadtratswahlen im Herbst auch noch auf Papier drucken lassen.

Im neuen Printmagazin gibt Hug im redaktionsinternen Interview zu, selber auch Fehler gemacht zu haben. Also einen. Für diesen entschuldigt er sich umso deutlicher. Dass er Stöckling 2016 die Tür ins Stadtpräsidium öffnete. Eine Tür, die Hug selber weit offen gestanden hätte, nachdem er Amtsinhaber Erich Zoller mit seiner später gerichtlich gerügten Kesb-Medienkampagne zum Abschuss freigegeben hatte.

Hug verzichtete damals aus familiären Gründen aufs Stadtpräsidium. Nun muss der Fehler Stöckling korrigiert werden. Dafür mobilisiert der finanzstarke Unternehmer Ressourcen.

Das hat nicht nur mit diversen Projekten der Stadt zu tun, wo Hug teils berechtigte Kritikpunkte aufwirft. Dass Argumente, die nicht in sein Narrativ passen, öfters unter den Tisch fallen, scheint dabei zum verlegerischen Konzept zu gehören.

Der Eifer des Medienunternehmers kommt auch daher, dass der Stadtrat unter Stöckling die Kesb-Klage nicht zurückzog, die Vorgänger Zoller ausgelöst hatte. Und die Hug eine bittere juristische Niederlage zufügte.

Hug würde Rache als Antrieb vehement bestreiten. Bei ihm geht’s immer um die Sache, die Stadt, das grosse Ganze. Wohl deshalb ist man sich inzwischen gewohnt, dass er bei praktisch allen Themen, die er medial abhandelt, im Hinter- oder Vordergrund politisch mitmischt.

Den Medienaktivisten Hug in Aktion erleben kann man aktuell beim «China-Deal». Wobei er mit seiner Einsprache diesmal ein veritables Eigentor produziert hat – und ironischerweise einen neuen Flop des Stadtrats verhinderte. Indem er den umstrittenen Landverkaufsvertrag für das chinesisch-schweizerische Innovation Center vorerst rettete.

Zudem hat Hug mit der neusten Publikation zu kommunistischen Fäden hinter dem Deal eine zusätzliche Front eröffnet. Die Firma fordert eine Gegendarstellung und prüft rechtliche Schritte. Es bleibt abzuwarten, ob Hug einen zweiten Fehler gesteht. Oder er es auf einen neuerlichen Gerichts-Showdown ankommen lässt. Auch das wäre ja keine Neuigkeit.

Pascal Büsser, Dienstchef

pascal.buesser@linthzeitung.ch

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