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Antwort auf einen unschweizerischen Leserbrief

Lieber Herr Cortesi
Ihr Leserbrief kann und darf nicht unbeantwortet bleiben. Ehrlich gesagt finde ich ihn so wie sie Ihn betiteln: unschweizerisch! Ich bin erstaunt darüber, wie Sie das Thema Integration mit der Doppelbürgerschaft verknüpfen. Jetzt könnten Sie auch gleich noch eine weitere sinnlose (weil populistische, also Symptom- und nicht Ursachenbehandelnde) Initiative lancieren, wie bereits viele andre zuvor. Die Wirtschaftlobby wäre Ihnen dankbar für eine weitere dieser „Brot-Und- Spiele-Initiativen“ und würde sich ins Fäustchen oder den Geldbeutel lachen.
Oder sie könnten aufhören solchen Unsinn zu schreiben, einen Unsinn, den nur jemand schreiben kann, welcher entweder der Illusion verfällt, selber nie eine solche Situation zu kommen oder jemand, der kaum ähnliches erlebte und kaum empathisch sein kann.
Stellen Sie sich mal vor, sie oder ihre Eltern, müssten ihre Heimat verlassen! Sie würden danach doch auch ein geteiltes Herz in sich tragen. Und dann käme jemand zu Ihnen und würde verlangen, dass sie dies ändern, und zwar mit Beendigung der Doppelbürgerschaft und mit totaler Anpassung (etc.). Erstens frage ich sie: Was würde dies an den vielen Fragen und Herausforderungen bezüglich Integration ändern? Ich gebe mir die Antwort gleich selbst: Einen Sch...! Es wäre wieder mal eine dieser, für Politiker so üblichen Symptombehandlungen. Es ist sinnlos und gefährlich die Integrationsdebatte mit derartig populistischen Stilmitteln zu führen. Wir brauchen konkrete Lösungen und innovative Ideen. Und Geld. Leider ist sind es die fadenscheinig bürgerlichen Parteien (fadenscheinig deshalb, weil nicht wirklich bürgerlich in dem Sinn von: für die Bürger!), welche die Kosten puncto Integration senken wollen. Auch was Sprachkurse anbelangt. Was beispielsweise zur Folge hat, dass Steuerzahlende jährlich viel Geld für Dolmetscher im Schulbereich (zugezogene Eltern lernen kein Deutsch etc.). Das sind zu klärende Integrationsfragen. Wenn einer den Doppeladler macht, weil er unter emotionalem Druck steht und einfach auch halt ein bisschen „unschweizerisch“ impulsiv ist, dann kann man oder Sie, Herr Cortesi, sich darüber aufregen (Exkurs: Ein 99-Jähriger Mann hat die Frage, wie er so alt werden konnte folgendermassen beantwortet: „Man soll sich nicht aufregen.“ – nur so als Randnotiz). Das Sie nun aber diese Geste auf latent fremdenfeindliche Weise instrumentalisieren, das beflügelt sie zwar in Ihrer Heimat-Ideologie, ist aber eigentlich völlige Zeitverschwendung. Warum antworte ich Ihnen eigentlich, ich zwanghafter Philantrop!
Hesse hat mal gesagt: Ich bin gerne Patriot aber vorher Mensch. Und wo beides zusammenkommt gebe ich gerne dem Menschen Recht. In dem Sinn grüsse ich Sie freundlich mit einem Shalom und einem herzlichen Doppeladler-Zeichen.

Philippe Recher
03.07.18 - 21:36 Uhr
Leserbrief
Ort:
Zizers
Zum Artikel:
Leserbrief von Cortesi (politisch korrekte Version)
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