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Realität und Thriller im Bündner Bergdorf

Am 14. September 1955 wurde das Julia-Kraftwerk in Marmorera eingeweiht. Die Geschichte dahinter schaffte es in einer abgeänderten Version 52 Jahre später in die Schweizer Kinos. Wir stellen Realität dem fikitionalen Thriller gegenüber.

30.10.19 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Stausee See Marmorera Wetter
Ein Bergdorf begraben von Wassermassen: In Marmorera ist dies in den 50er-Jahren Realität geworden.
OLIVIA AEBLI-ITEM

Wasserkraft ist in Graubünden weit verbreitet. Dass dafür ein ganzes Bündner Dorf weichen musste, darüber wird immer wieder gesprochen. «Suedostschweiz.ch» macht eine Reise nach Marmorera, wo genau dieses Szenario eintrat.

Von Realität …

Wir schreiben das Jahr 1948. Die Gemeindeversammlung von Marmorera stimmt am 17. Oktober im Restaurant Julier mit 24 Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen für die Errichtung eines Stausees. Die Gemeinde bietet dem Elektrizitätswerk der Stadt Zürich zuvor eine Konzession für den Stausee an. Dies zu sehr günstigen Verhältnissen. Für die nächsten 80 Jahre soll die Nutzung der Wasserkräfte festgelegt werden.

Das schwere Schicksal: Weil die Einwohner von Marmorera fast alle nur Italienisch und Romanisch sprechen, werden laut diversen Medienberichten viele dazu gebracht, einen Vertrag auf deutsch zu unterschreiben. Dieser besagt, dass ihr Land enteignet wird.

Vier Jahre später wird das alte Dorf überflutet. Alle Gebäude werden zuvor zerstört und der Friedhof umgesiedelt. Knapp 100 Personen verlieren ihre eigenen vier Wände, einige ihre ganzen Existenzen. Marmorera wird oberhalb des Stausees neu aufgebaut. Heute ist Marmorera aufgeteilt in zwei Siedlungen; Scalotta und Marmorera-Dorf.

Marmorera war bis zum 31. Dezember 2015 eine politische Gemeinde. Am 1. Januar 2016 fusionierte Marmorera mit den Gemeinden Bivio, Cunter, Mulegns, Riom-Parsonz, Salouf, Savognin, Sur und Tinizong-Rona zur neuen Gemeinde Surses.

… und Fiktion

Vor genau zwölf Jahren, im Jahr 2007, kommt ein Mystery-Thriller namens «Marmorera» in die Kinos.

«Marmorera» thematisiert die mystische Identität des Dorfes. Er greift die Konflikte des Dorfes auf und handelt von einer Frau, die plötzlich auf dem See auftaucht. Sie wird aus dem See gerettet und gibt dem Psychiater Simon Cavegn, selbst heimatberechtigt im Marmorera, grosse Rätsel auf. Er therapiert die junge Patientin und stösst auf bizarre Todesfälle, welche sich in dem Bergdorf häufen.

Die Schauspieler Anatole Taubman, Eva Dewaele und Mavie Hörbiger nehmen die Hauptrollen im Schweizer Spielfilm an. Die Nebenrollen werden auch von Bündnern besetzt. So spielt beispielsweise die Churer Sängerin Corin Curschellas mit, welche im Jahr 2005 den Anerkennungspreis der Stadt Chur und 2018 den Bündner Kulturpreis erhielt. Auch der Churer Schauspieler Peter Jecklin wirkt im Thriller mit. Er ist durch Filme wie «Heidi», «Schellenursli» und «Marmorera» mit der Bündner Filmwelt verwurzelt. Er ist Träger des Schweizer Filmpreises als bester Nebendarsteller im Film «Der Kreis» von Stefan Haupt.

Der Film wurde an den Bündner Originalschauplätzen bei Marmorera sowie in Savognin gedreht. «Marmorera» erhielt 2007 am Filmfestival Málaga die Auszeichnungen «Bester Film» und «Beste Kamera».

Marmorera ist bei Weitem nicht die einzige Gemeinde in der Schweiz, die für einen Stausee weichen musste. Ein weiteres Beispiel dieses Schicksals ist der Weiler Gwüest zuhinterst im Göschertal im Kanton Uri. Dort bauten die Centralschweizerischen Kraftwerke einen Stausee. Im Kanton Schwyz mussten die meisten Bewohner für einen Stausee weichen: 1700 Bewohner verloren für den Sihlsee bei Einsiedeln ihren Wohnort und ihr Land.

Den Trailer zum Schweizer Spielfilm über Marmorera gibt es hier, er ist allerdings nichts für schwache Nerven:

Anna Nüesch ist freie Mitarbeiterin und arbeitet neben ihrem Multimedia-Production-Studium bei der Südostschweiz in den Redaktionen von Online/Zeitung und TV. Zuvor hatte sie ein Praktikum bei diesen Kanälen absolviert. Mehr Infos

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