×

«Ich kenne Südafrika noch aus den Zeiten der Apartheid»

Der Erlös des traditionellen Weltbazars der Evangelisch-Reformierten Kirchgemeinde Rapperswil-Jona kommt heuer der Jubilee Church aus Kapstadt zugute. Pfarrer Heinz Fäh erzählt, wie er die südafrikanische Kirche vor über 20 Jahren kennenlernte und was ihn an deren sozialen Projekten so beeindruckt.

Jérôme
Stern
01.12.17 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Hilfe für Südafrika: Dank Heinz Fäh gibt es die Partnerschaft mit Jubilee.
Hilfe für Südafrika: Dank Heinz Fäh gibt es die Partnerschaft mit Jubilee.
JÉRÔME STERN

Die Evangelisch-Reformierte Kirche von Rapperswil-Jona unterhält seit 2009 eine Partnerschaft mit der südafrikanischen Jubilee Community Church. Dass der Weltbazar an diesem Wochenende für die Jubilee Church Geld sammelt, ist massgeblich Pfarrer Heinz Fäh zu verdanken.

von Jérôme Stern

Heinz Fäh, der diesjährige Weltbazar steht im Zeichen der südafrikanischen Jubilee Church. Wie kam der Kontakt zustande?

Ich lernte die Leute der Church schon 1985 kennen, das war während der Apartheid-Zeiten. Südafrika war damals ein zerrissenes Land – die Spannungen zwischen den verschiedenen Volksgruppen waren sehr klar spürbar.

Betrafen die Spannungen auch die Kirchen?

Ja. Auch die Kirchen waren weitgehend aufgespalten in weisse und schwarze Volksgruppen. Und es gab noch weitere Fraktionen. Wir hatten von der Jubilee Church und ihrem Pfarrer Dave Adams gehört. Diese wollten wir kennenlernen und trafen eine ganz junge Kirche – sie war erst 1983 gegründet worden – mit lauter jungen Leuten. Es war eine lebendige Gemeinschaft, das hat uns extrem gut gefallen. Sie haben von Anfang an versucht, Schwarze und Weisse in ihrer Kirche zusammenzubringen – und das ist nach wie vor ihr Ziel. Seit damals ist eine Freundschaft, auch mit Dave Adams, entstanden.

Aus diesem ersten Kontakt entwickelte sich dann die Partnerschaft?

Ja. Irgendwann kamen Dave Adams und ich zu dem Punkt, wo wir fanden, unsere beiden Kirchen, unsere Gemeinden, hätten sich etwas zu sagen. Wir konnten auf beiden Seiten die kirchlichen Behörden und Mitarbeiter davon überzeugen.

Haben Sie auch andere Kirchenpartnerschaften initiiert?

Kirchenpartnerschaften haben bei uns Tradition. Die allererste, die ich 1994 initiierte, war mit einer Kirche in Brasilien. Es folgten Partnerschaften mit Sancti Spiritus in Kuba und mit Locarno im Tessin.

Was können Gläubige hierzulande von der Jubilee Church lernen?

Diese Gemeinde verbindet sehr stark ihr spirituelles Leben mit einem gesellschaftlichen Auftrag für Randgruppen, für Problemgruppen und Menschen in Not. Das diakonische Wirken verbindet sie mit dem Spirituellen – und das ist für uns ein interessantes Lernfeld.

Mit der Partnerschaft unterstützen Sie Projekte in Südafrika. Können Sie dazu ein Beispiel geben?

Das Quartier in Kapstadt, in dem die Kirche liegt, ist eine ärmliche Gegend. Dort gibt es keine Spielplätze und keine sicheren Orte für Kinder. Wir sagten uns: Wäre es nicht toll, dort einen Spielplatz zu haben? Doch dazu fehlte einfach das Geld. Also beschlossen wir, für dieses Projekt Geld zu sammeln. In unserer ganzen Kirchgemeinde haben die verschiedensten Leute – darunter viele Jugendliche – Geld gespendet. Schliesslich konnten wir der Church einen Spielplatz ermöglichen, der jetzt etwas ganz Spezielles in dem Quartier darstellt. Heute wird er von vielen Kindern benützt.

Wie viel hat er gekostet?

Etwa 25 000 Franken. Eingeweiht wurde der Spielplatz dann Ende 2013.

Unterstützt Ihre Kirche auch bestehende Projekte von Jubilee?

Ja. Wir unterstützen vor allem ihre Sozialprojekte für die Ärmsten. Das betrifft vor allem das Gesundheitswesen. Südafrika hat Millionen von Flüchtlingen aus Simbabwe. Diese Menschen haben es nicht einfach, Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen.

Wie kann Jubilee da helfen?

Das hat mit einer einfachen Hausarztpraxis im Kirchengebäude angefangen. Die Praxis ist unterdessen zu einer richtigen Polyklinik geworden.

Wie wichtig ist die Unterstützung aus Rapperswil-Jona für die Jubilee Church?

Die Kirche gäbe es auch ohne uns. Die Frage ist, auf welchem Niveau sie ihre Sozialarbeit vorantreiben könnte. Da helfen wir ihr. Wir studieren jedes Jahr, welches Projekt wir unterstützen wollen. In der Schweiz sind wir sehr auf Stabilität ausgerichtet, aber in Südafrika ist das Leben viel unsteter: Organisationen kommen und gehen.

Was bedeutet das konkret für die Unterstützung?

Anfangs unterstützten wir beispielsweise ein Jubilee-Projekt namens «think twice». Da war man vor allem in der Präventionsarbeit an den Schulen tätig. Dies, weil sexueller Missbrauch ein Riesenproblem ist. Es gibt viele ungewollte Schwangerschaften. Aus «think twice» ist mittlerweile eine selbstständige NGO geworden.

Fungiert Jubilee quasi als Initiator für neue Organisationen?

Genau. Jubilee lanciert Projekte, sie gibt eine Anschubfinanzierung und hilft, bis diese sich verselbstständigen. Auch im Programm, bei dem es um Arbeitsplätze geht, lief es so. Zudem läuft ein Projekt für Frauen, die sich nach der Haftentlassung wieder in der Gesellschaft zurechtfinden sollen.

Kann Jubilee in punkto gelebter Spiritualität ein Vorbild sein?

Auf jeden Fall. Wir haben von allen Partnerschaften gelernt, in Brasilien etwa hinsichtlich der politischen Arbeit. Bei der Church können wir lernen, wie die Mitglieder ihren Glauben im Gottesdienst leben. Auf der anderen Seite sehen wir, wie sie auf problematische Entwicklungen in der Gesellschaft reagieren. Natürlich – die Not ist dort viel grösser als bei uns.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR