Trump triumphiert – Tausende toben, trauern

Im Herbst 2016 war ich als Ressortleiter Ausland bei «20 Minuten» verantwortlich für die Berichterstattung über die US-Präsidentenwahl am 8. November 2016. Nach monatelangem Wahlkampf mit schier unglaublichen Wendungen und Entwicklungen spitzte sich die Anspannung auf diesen einen Tag zu.

Wegen der Zeitverschiebung fand die Wahl spät an unserem Abend statt und die Auszählung der Stimmen in den US-Bundesstaaten erfolgte durch die Nacht hindurch. Ich verbrachte den 8. November ab ca. 17 Uhr in der Redaktion. In letzten Gesprächen mit unserem US-Korrespondenten und dem Politologen und Ökonomen Manfred Elsig von der Uni Bern, der die Wahlnacht auf unserem Live-Ticker begleitete, waren wir alle zwar nervös, aber doch einigermassen zuversichtlich, dass Hillary Clinton die Wahl gewinnen würde. Wir gingen davon aus, dass vor allem das Resultat aus Florida entscheidend sein könnte.

Als ab Mitternacht die Resultate aus den ersten Bundesstaaten eintrafen und sich die Verhältnisse Stunde für Stunde deutlicher abzeichneten, konnten wir irgendwann nur noch ungläubig zuschauen, wie die USA Donald Trump zu ihrem 45. Präsidenten machen würden. Elsig stand die ganze Zeit in Kontakt mit Experten verschiedener Universitäten in den USA. Während manche lange Zeit noch an einen Turnaround glaubten – oder sich an die Hoffnung klammerten - gingen andere bereits recht bald von einem Sieg Trumps aus. Unser USA-Korrespondent in New York – wo beide Kandidaten die Wahlnacht verbrachten – befand sich im Lager der Demokraten. Wir gingen wie fast alle von einem Sieg Hillary Clintons aus und wollten die Siegesfeier mitbekommen. Er berichtete, wie mehr und mehr Menschen dort kaum glauben konnten, was sich gerade abspielte und schliesslich resignierten, trauerten, fluchten.

Ich selbst führte den Live-Ticker durch die Wahlnacht und setzte schliesslich am frühen Morgen des 9. November den ersten Push in der Schweiz ab, der die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten verkündete. Es war zwar aus rein statistischer Sicht der wohl erfolgreichste Push, den ich je abgesetzt habe, aber persönlich hätte ich noch so gerne auf diesen Push verzichtet...

Als die Entscheidung gefallen war, führte ich zwei Interviews mit verschiedenen Experten zur US-Politik, Wahlen und Demokratie, bevor ich mich zwei, drei Stunden hinlegte. Anschliessend kümmerte ich mich zusammen mit den Blattmachern und meinen Kollegen um die Zeitung des nächsten Tages. Mein Arbeitstag, der am 8. November 2016 gegen 17 Uhr begann, endete am 9. November irgendwann zwischen 19 und 20 Uhr. Ich war physisch, psychisch und emotional am Ende...

Oliver Fischer ist seit dem 1. Juni 2017 Newsdeskleiter der «Südostschweiz»-Medienfamilie.