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Reiseunternehmer will von allem nichts gewusst haben

Ein Glarner Car-Unternehmer will nicht dafür verantwortlich sein, dass seine Chauffeure etliche Male gegen das Gesetz verstossen haben. Fast alle sind dafür bereits rechtskräftig verurteilt worden. Er sieht keine Mitschuld.

Marco
Lüthi
07.11.17 - 13:11 Uhr
Leben & Freizeit
Gefährliche Praxis: Die Chauffeure des beschuldigten Car-Unternehmers fahren Tausende Kilometer, ohne sich an die Ruhezeiten zu halten.
Gefährliche Praxis: Die Chauffeure des beschuldigten Car-Unternehmers fahren Tausende Kilometer, ohne sich an die Ruhezeiten zu halten.
SYMBOLBILD KEYSTONE

Es steckt System dahinter, da ist sich der Staatsanwalt sicher. In nur einem Jahr verstiessen die Chauffeure eines Car-Unternehmens mehr als 60-mal gegen das Gesetz: Sie hielten sich nicht an die Ruhezeiten, manipulierten die Fahrtenschreiber und verwendeten fremde oder gar keine Fahrerkarten. Häufig wurde bei Reisen mit Doppelbesatzung die Mitfahrzeit des zweiten Chauffeurs nicht registriert, wozu dieser aber ebenfalls gesetzlich verpflichtet wäre.

Neun Chauffeure wurden wegen solcher Verstösse rechtskräftig verurteilt, ein Verfahren ist hängig.

Als Hauptverantwortlicher sieht der Staatsanwalt aber vielmehr den Chef des Reiseunternehmens mit Sitz im Kanton Glarus. Darum erliess er gegen ihn ebenfalls einen Strafbefehl.

Doch der 52-Jährige will die 7000 Franken Busse nicht bezahlen. Er sei sich nach wie vor keiner Schuld bewusst, betont er kürzlich vor dem Glarner Kantonsgericht.

«Nicht einfach so im Stau passiert»

Für den Staatsanwalt steht fest: Der 52-Jährige ist seiner Kontrollpflicht «in krasser Weise» nicht nachgekommen. Als Arbeitgeber sei er dafür verantwortlich, dass seine Chauffeure die Arbeits- und Ruhezeitenverordnung (ARV) einhalten und nicht dagegen verstossen würden.

«Die Verstösse der Chauffeurs waren keine Bagatellen, die im Stau einfach so passiert sind», betont der Staatsanwalt. Die Chauffeure hätten dafür Bussen von bis zu 2000 Franken bezahlt.

Eine Mitschuld an den zahlreichen Verstössen trage der Car-Unternehmer auch, weil er etwa die Planung der Fahrereinsätze nicht an Mitarbeiter delegierte habe. Stattdessen teilte er sich diese Aufgabe mit einem Aushilfe-Chauffeur.

Weiter habe der Beschuldigte Reisen mit zwei Chauffeuren jeweils so geplant, dass diese die ARV-Richtlinien gar nicht einhalten konnten.

Ausserdem sei er verantwortlich, dass diverse Daten fehlen: Mit einem Car wurden innerhalb von vier Monaten rund 39 000 Kilometer ohne Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers zurückgelegt. Ebenfalls wurden Daten der Fahrerkarten, auf welchen die Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten erfasst werden, nach der Rückkehr unvollständig oder gar nicht gespeichert. Und in drei Fahrzeugen wurde insgesamt während 13 000 Kilometern keine Fahrerkarte verwendet.

«Der Beschuldigte ist seiner Kontrollpflicht in krasser Weise nicht nachgekommen.»

Maximal eine 500-Franken-Busse

Der beschuldigte Reiseunternehmer äusserte sich zu den einzelnen Vorwürfen nur kurz. Unter anderem, dass alle Reisen ARV-konform durchführbar gewesen seien und er seinen Pflichten stets nach gekommen sei.

Ausführlich Stellung zu den Vorwürfen nahm dessen Rechtsanwalt. Er bestritt dabei, dass alle der fehlbaren Chauffeure in der Firma seines Mandanten angestellt waren. Rund die Hälfte von ihnen seien Aushilfefahrer und selbstständige Unternehmer. Weshalb sie für die Kontrollpflicht sowie das Herunterladen und Aufbewahren ihrer Fahrerdaten selbst verantwortlich seien. Um diesen Standpunkt zu untermauern, verwies der Verteidiger auf diverse Gesetzesartikel der Chauffeurverordnung.

Der Verteidiger beantragte einen Freispruch sowie eine Entschädigung von 4000 Franken für den entstandenen Aufwand.

Falls das Gericht «wider Erwarten zur Ansicht gelangen sollte», dass sein Mandant der Kontrollpflicht nicht nachgekommen sei, halte er eine Strafe von 500 Franken für angemessen.

Das Urteil wird schriftlich eröffnet.

Marco Lüthi ist Redaktor und Produzent bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Mehr Infos

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