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Darf ich meine Mieter und Nachbarn überwachen?

Alarm- und Überwachungssysteme boomen. Dem Einsatz von Videosystemen sind jedoch Grenzen gesetzt. Damit der Persönlichkeitsschutz des Einzelnen gewährleistet ist und keine Gesetzesbestimmungen verletzt werden, müssen diverse Punkte beachtet werden.

Wohnen
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07.10.19 - 09:41 Uhr
Wer Liegenschaften mit Video überwachen will, muss einige Punkte beachten.
Wer Liegenschaften mit Video überwachen will, muss einige Punkte beachten.
PIXABAY

von Thomas Oberle, lic. iur., Jurist beim Hauseigentümerverband Schweiz HEV

Immer öfter setzen Privatpersonen zur Überwachung von Nachbarn, aber auch zum Schutz ihres Eigentums Videokameras ein. Auch Vermieter wollen ihre Liegenschaften mittels Kameraüberwachung vor Vandalenakten schützen. Aber ist das zulässig? Darf der Nachbar ganztags ausspioniert werden? Was ist zu beachten, wenn Videoaufzeichnungen gemacht werden?

Persönlichkeitsschutz gewährleisten

Wenn Privatpersonen Videoaufzeichnungen planen, auf denen Personen erkennbar sind, unterstehen diese Aufzeichnungen dem Bundesgesetz über den Datenschutz. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bilder aufbewahrt werden oder nicht. Filmaufnahmen, ebenso wie Bildaufnahmen, können eine (massive) Verletzung der Privatsphäre darstellen.

Aus diesem Grund ist eine Videoüberwachung von Privaten durch Private nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte hat zu dieser Thematik ein Merkblatt publiziert, in welchem umschrieben wird, was bei der Planung, der Installation und dem Betrieb solcher Anlangen zu beachten ist: siehe www.edoeb.admin.ch («Merkblatt Videoüberwachung» > «Videoüberwachung durch private Personen»).

Videoüberwachung zur Abschreckung

Vermieter und Stockwerkeigentümergemeinschaften haben durchaus gute Gründe, gewisse Teile ihrer Liegenschaften rund um die Uhr zu überwachen. Dadurch sollen Einbrecher, Vandalen und Abfallsünder abgeschreckt werden. Das Vorhandensein von Videokameras steigert auch das Sicherheitsempfinden der Mieter und Stockwerkeigentümer. Liegen konkrete Sicherheitsbedürfnisse vor, so wird von einem überwiegenden privaten Interesse an der Aufzeichnung ausgegangen – soweit dem Prinzip der Verhältnismässigkeit Rechnung getragen wird. Das schliesst eine breitflächige Videoüberwachung aus. Diese muss zielführend sein und darf nur angewendet werden, wenn mildere Massnahmen nicht durchführbar sind (z. B. zusätzliche Verriegelungen). Das gilt nicht nur für echte Videoüberwachungsanlagen, sondern auch für Attrappen. Für eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann bereits die Tatsache ausreichend sein, dass eine Beobachtung grundsätzlich möglich wäre, auch wenn es sich bloss um Attrappen handelt.

Überwachungsbereich einschränken

Überwacht werden dürfen also nur ganz bestimmte Teile einer Liegenschaft (Abfallplatz, Tiefgarage). Unzulässig wäre es beispielsweise, Wohnungseingänge oder Briefkästen einzelner Mieter oder Stockwerkeigentümer ohne deren ausdrückliches Einverständnis zu überwachen. Problematisch kann auch die gezielte Überwachung des Eingangsbereichs einer Liegenschaft sein. Dient eine solche etwa ausschliesslich den Interessen einzelner Mieter oder Stockwerkeigentümer, müssen sämtliche Mieter bzw. Eigentümer der Dauerüberwachung zustimmen. Der Stockwerkeigentümer oder Mieter darf seine Wohnung, seinen Balkon und Sitzplatz überwachen. Unzulässig wäre dagegen die Überwachung des Eingangsbereichs zur Liegenschaft, des allgemeinen Gartenteils, der Umgebung oder des Treppenhauses. Der Bewohner eines Einfamilienhauses (Eigentümer oder Mieter) darf sein Haus überwachen, jedoch nur den Bereich bis zur Grundstücksgrenze. Ohne Einwilligung der Nachbarn ist es also unzulässig, deren Bereiche mit zu überwachen.

Grundsätzlich darf mit einer privaten Videoüberwachungsanlage der öffentliche Grund nicht miterfasst werden. Eine solche Überwachung ist unzulässig, weil sie sowohl gegen das Prinzip der Rechtmässigkeit als auch gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit verstösst.

Auf Überwachung hinweisen

Wichtig ist, dass sämtliche Personen, die einen durch eine Videoüberwachungsanlage abgedeckten Bereich betreten, auf die Überwachung hingewiesen werden. Es muss ein gut sichtbares Hinweisschild angebracht werden, das nicht nur auf die Videoüberwachung aufmerksam machen muss, sondern im Falle der Datenspeicherung auch einen Hinweis enthält, bei wem Auskünfte betreffend der gespeicherten Daten eingeholt werden können. Der Hinweis auf die Videoüberwachung hat auch im Fall von Kameraattrappen zu erfolgen, wobei jedoch nicht darauf hingewiesen werden muss, dass es sich um eine Attrappe handelt. Werden Daten gespeichert, muss für deren Sicherheit gesorgt werden. So müssen sowohl die Möglichkeit des Datenmissbrauchs (unzulässige Bearbeitung der Daten, Datenzugang für Nichtberechtigte) als auch die unzulässige Auswertung von Daten (Auswertung von Aufnahmen in einer Tiefgarage nur bei tatsächlich vorliegender Sachbeschädigung) verhindert werden. Selbstredend dürfen Videoaufnahmen nicht ins Internet gestellt werden.

Datenlöschung

Es ist weiter sicherzustellen, dass Videoaufnahmen wieder gelöscht werden. Nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten hat die Löschung in der Regel nach 24 Stunden zu erfolgen. Bei Ferienabwesenheit, beziehungsweise bei Videoüberwachungen in nicht öffentlich zugänglichen Privaträumen, sind längere Aufbewahrungsfristen zulässig. Gefilmte Personen haben im Falle der Speicherung Anspruch darauf, Auskunft bezüglich der sie betreffenden Aufnahmen zu erhalten.

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