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HCD gegen SCB: Wer hat die besseren Karten?

Am Mittwochabend beginnt die Pre-Playoff-Serie zwischen dem HC Davos und dem SC Bern. Wir prüfen, wer die besseren Karten hat und fragen Trainer Christian Wohlwend, wie er die Berner schlagen will.

07.04.21 - 04:30 Uhr
Eishockey
Emotionen pur: Diese Aufnahme entstand, nachdem Fabrice Herzog (links) Eric Blum (nicht im Bild) regelwidrig gecheckt hatte.
Emotionen pur: Diese Aufnahme entstand, nachdem Fabrice Herzog (links) Eric Blum (nicht im Bild) regelwidrig gecheckt hatte.
KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Wer hat die besseren Karten in der Serie und zieht in die Viertelfinals ein? Der Blick auf die Tabelle lässt den Schluss zu, dass Davos zu favorisieren ist. Der Punkteschnitt von 1,5 beim achtplatzierten HCD ist deutlich besser als jener der neuntplatzierten Berner (1,2). Zum zweiten Mal beenden die Berner damit eine enttäuschende Qualifikation. Ein Fakt, der HCD-Trainer Christian Wohlwend zu Sticheleien gegen den SCB animiert:

HCD-Trainer Christian Wohlwend streicht die schlechte Performance des SCB hervor.

Bleibt zu hoffen, dass dieser Übermut nicht bestraft wird. Nun zur etwas detaillierteren Analyse.

Die Direktbegegnungen: ausgeglichen

Der Blick auf die bisherigen Begegnungen der beiden Teams lässt keine Schlüsse zu, ob Gelb-Blau oder Gelb-Rot im Vorteil ist. Je zweimal gewannen die beiden Teams. Hier die Übersicht:

  • 10.11.2020 SCB 2:6 HCD
  • 14.02.2021 SCB 5:1 HCD
  • 15.02.2021 SCB 1:2 HCD
  • 04.03.2021 HCD 2:5 SCB

Waren die ersten zwei Begegnungen klare Angelegenheiten, deuten die beiden letzten Spiele auf äusserst enge und umkämpfte Play-off-Spiele hin. Auch das letzte Spiel, das mit 2:5 scheinbar deutlich an den SCB ging, war in Wahrheit sehr ausgeglichen. Sechs Mal(!) traf der HCD damals nur den Pfosten oder die Latte.

Die Defensive: ausgeglichen

13 Tore hat der HCD in diesen vier Spielen zugelassen, zweimal kassierte er dabei gar 5 Tore in einem Spiel. Das ist definitiv zu viel, zumal der SCB diese Saison nicht für seine Torgefahr bekannt war. Der SCB schoss am drittwenigsten Tore in der Quali. Die Defensivarbeit des HCD ist seit Beginn der Saison das grösste Problem. 3,4 Tore kassiert er im Schnitt pro Spiel. Das änderte sich auch zuletzt nicht. Der Schnitt in den letzten zehn Qualispielen liegt ebenfalls bei 3,4 Gegentoren. Man fragt sich, warum es dem HCD bis jetzt nicht gelungen ist, seine Defensive zu stabilisieren. Mit Waltteri Immonen hat er schliesslich einen der renommiertesten Defensiv-Trainer der Liga engagiert.

Immerhin, die SCB-Defensive zeigt sich mit 3,25 Gegentreffern nur unwesentlich besser als jene des HCD. Übrigens hat auch der SCB sich nicht steigern können. In den letzten zehn Qualispielen kassierten die Berner 3,3 Gegentreffer pro Spiel.

Da beide Teams bisher mit defensiver Instabilität aufgefallen sind, lässt sich nicht sagen, wer in dieser Kategorie die besseren Karten hat.

Die Offensive: Vorteil HCD

Betrachtet man die ganze Saison, hat der HCD deutlich mehr Tore erzielt als der SC Bern. Mit 3,4 Toren pro Spiel weist der HCD die zweitproduktivste Offensive der Liga auf. Der SCB schoss mit 2,7 Treffern im Schnitt am drittwenigsten Tore von allen Teams. Eine klare Sache also? Jein. Schaut man sich die letzten zehn Spiele beider Teams an, so weist der SCB überraschenderweise eine leicht bessere Quote auf mit 3,3 Toren pro Spiel. Die Davoser liegen mit 3,1 Toren pro Spiel knapp dahinter. Zu bedenken gilt aber, dass der HCD mit Zug, Lugano, Lausanne (2x), Fribourg und Zürich gegen die fünf besten Teams der Tabelle antreten musste. Dies rückt die schlechtere Quote der letzten zehn Spiele in das richtige Licht.

Was die Davoser offensiv so gefährlich macht, ist die die Tiefe und Breite in der Offensive. Mit Enzo Corvi, Andres Ambühl, Fabrice Herzog und David Ullström hat der HCD vier Stürmer im Team, die im Schnitt jeweils rund einen Punkt (Tor oder Assist) holen pro Spiel. Dazu kommen Spieler wie Aaron Palushaj, Valentin Nussbaumer und Magnus Nygren, die auf über 0,7 Punkte pro Spiel kommen. Mit Marc Wieser, Benjamin Baumgartner, Yannick Frehner oder Teemu Turunen sind weitere erwiesene Punktesammler im Team, die jederzeit für ein Tor gut sind.

Die körperliche Verfassung: Vorteil SCB

Der SCB bestritt die letzten vier Qualifikationsspiele nicht, da das ganze Team in Quarantäne musste. Zehn Tage konnten sich die Berner erholen, während die Davoser in dieser Zeit vier Spiele bestritten. Angesichts des happigen Programms am Ende der Qualifikation für den HCD mit insgesamt sechs Spielen in neun Tagen  dürfte die Quarantäne-Pause den Bernern in die Karten spielen. Denn gerade in den Playoffs spielt die Physis eine noch grössere Rolle als in der Qualifikation.

Ein klarer Schnitt nach einer missratenen Quali und ein Neustart für die Playoffs haben beide Teams nötig. Die besseren Voraussetzungen, damit dies gelingt, haben die Berner dank der langen Pause. Die Berner konnten in der spielfreien Zeit nicht nur die Beine lockern, sondern auch den Kopf durchlüften. Körper und Geist müssten jetzt frischer sein als beim HCD.

«Playing Champions»: ausgeglichen

Beide Teams haben Spieler, die wissen, wie man Meisterschaften gewinnt und sich durch eine schlechte Quali nicht aus dem Konzept bringen lassen. Wenn es darauf ankommt, können beide Teams «den Karren aus dem Dreck ziehen». Wohlwend dazu:

Wohlwend über die «Playing Champions»

Deshalb ist auch diese Kategorie ausgeglichen.

«Special Teams»: leichter Vorteil HCD

Sowohl der HCD als auch der SCB haben über die ganze Saison betrachtet ein mittelmässiges Power- und Boxplay gespielt. Ein Kuriosum sorgt dafür, dass das HCD-Boxplay trotz schlechtem statistischen Wert bei den Gegentreffern zu einem der besten der Liga gehört. Im Schnitt bei jeder fünften Unterzahlsituation kassiert der HCD einen Gegentreffer, ähnlich wie der SCB. Kein anderes Team erzielt aber in Unterzahl so viele Treffer wie der HCD. Nämlich elf an der Zahl oder in jedem 17. Boxplay. Macht man eine Gegenrechnung der erzielten und der erhaltenen Treffer in Unterzahl, ist das HCD-Boxplay plötzlich eines der besten der Liga und wesentlich besser als jenes des SCB. Und Christian Wohlwend meint. «Das Boxplay war in den letzten 15 Spielen hervorragend.»

Das Überzahlspiel des HCD ist statistisch gesehen dafür etwas schlechter als jenes des SCB. Die Berner nutzen 20 Prozent der Powerplay-Gelegenheiten für einen Treffer, die Davoser knapp 18 Prozent.

Keine der beiden Mannschaften brilliert in den «Special Teams». Dank dem zuletzt starken Boxplay des HCD und den elf Toren in Unterzahl geht die Kategorie knapp an den HCD.

Konklusion

Einen Favoriten auszumachen ist schwierig. Die Mannschaft, die seine defensive Stabilität findet und über die ganze Serie beibehalten kann, dürfte sich durchsetzen. Genau das war das Problem beider Mannschaften. Gute Spiele wechselten sich ab mit schlechten. Den Bernern dürfte es dank besserer körperlicher Verfassung einfacher fallen, die Disziplin in der Defensivarbeit über mehrere Spiele aufrechtzuerhalten. Dafür haben sie es mit der zweitbesten Offensive zu tun. Corvi, Ambühl, Nygren und Co. können auch gegen die beste Defensive punkten. Sind die Berner mal nicht auf der Hut, kann ein Spiel innert Minuten für den HCD entschieden werden. Gleiches gilt aber, wenn die Davoser Defensive – wie schon oft diese Saison – einen Hänger hat, selbst wenn die Berner Offensive dieses Jahr etwas behäbiger ist als auch schon. Was klar ist: Es spricht vieles dafür, dass es eine enge Serie wird. Das sieht auch HCD-Trainer Christian Wohlwend so. Für ihn ist klar, was es braucht, um den SCB zu besiegen.

Christian Wohlwend zur allgemeinen Ausgangslage.

Was ist dein Tipp?

Davos gewinnt die Serie
68%
Bern setzt sich durch
22%
Die Meisterschaft wird aufgrund von weiteren Coronafällen abgebrochen
10%
82 Stimmen

Sendehinweis: Radio Südostschweiz berichtet live von allen Partien aus Davos und Bern. Am Mittwoch, Freitag und allenfalls am Sonntag jeweils ab 19.00 Uhr in der Sendung «Redline»

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