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Peyer zu Covid-19: «Wir müssen die richtigen Schritte nacheinander machen»

Die Februarsession des Bündner Grossen Rates findet in Davos statt. Grosse Themen waren das Wahlsystem, die Gerichte, die Jagd. Am Mittwoch gehts um Covid-19. Wir tickern wie gewohnt für Euch.

Philipp
Wyss
17.02.21 - 07:30 Uhr
Politik

Corona: Gehen Euch die Lockerungen des Bundesrats weit genug?

Ja
46%
Nein
54%
1380 Stimmen

Ticker

Der dritte Tag der Februarsession ist zu Ende.
Der dritte Tag der Februarsession ist zu Ende.

Am dritten Tag der Februarsession hat der Grosse Rat

  • Die Fragestunde mit 15 Fragen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern bestritten
  • Einen Covid-19-Block bewältigt: Dabei hat die Regierung die Ratsmitglieder über die aktuelle Covid-19-Situation informiert, 21 Fragen zu Covid-19 beantwortet, Notverordnungen und Nachtragskredite genehmigt sowie eine Debatte zu Covid-19 abgehalten.

Die Session wird am Donnerstag ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Debatten sind aufgrund von Covid-19 nicht öffentlich. Wie bei jeder Session tickern wir auch von der Februarsession für Euch.

Clau Dermont
Der Bündner Politikwissenschaftler Clau Dermont.
ARCHIV

Politwissenschaftler Dermont: «Das Modell ist ein Fortschritt»

Der Bündner Grosse Rat hat am Dienstag nach zweitägiger Diskussion entschieden, die Proporzwahl nach dem Modell des doppelten Pukelsheims einzuführen. Der Bündner Politikwissenschaftler Clau Dermont zeigt sich vom neuen Wahlsystem für das Bündner Kantonsparlament überzeugt. Wir haben mit ihm über die kommenden Wahlen gesprochen.

Hier geht es zum Interview mit Clau Dermont.

Die Reihen in den Fraktionen haben sich gelichtet.
Die Reihen in den Fraktionen haben sich gelichtet.
SCREENSHOT

Jetzt gibt die Regierung Antworten

Regierungsrat Peter Peyer (SP, Trin) beginnt den Reigen der Antworten auf die zahlreichen Fragen. Für die Betriebstests weist die Plattform noch Kinderkrankheiten auf, monierte Grossrat Jan Koch, (SVP, Igis). Peyer erklärt, dass die Behebung laufe und teilweise aus Zeitgründen Programme übernommen worden seien. In Richtung von Grossrat Roman Hug (SVP, Trimmis) sagte Regierungsrat Peyer, dass es keine Absicht gewesen sei, kurzfristig und vor Sessionen des Kantonsparlaments zu kommunizieren. Die Regierung habe jeweils geschaut, was nötig sei und kommuniziert, sobald es nötig war. Und in Richtung Grossrat Ruedi Weber (SVP, Serneus) sagte Peyer, dass ein Blick über die Landesgrenzen helfe, die Entscheide der Regierung zu verstehen. Viele haben es viel schwieriger als wir in der Schweiz, so Peyer.

Regierungsrat Marcus Caduff (CVP, Morissen) beantwortet die Fragen von Grossrätin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) betreffend Plätzen für Obdachlose bei der Überlebenshilfe. Coronabedingt wurde die Anzahl Plätze von zehn auf acht reduziert. Es gebe aber keine Anzeichen, dass diese Anzahl nicht ausreichen würde. Und auch von Seiten Rhätische Bahn würden später Forderungen zu Handen des Kantons gemacht werden, so Caduff. Abschliessend sagt der Regierungsvizepräsident, dass der Kanton Graubünden sich bei der Vernehmlassung einbringen und die Flächentests in die Waagschale werfen werde, um weitre Einschränkungen abwenden zu können. 

Und Regierungsrat Jon Domenic Parolini (BDP, Scuol) präzisiert, dass bei der Einführung der Maskenpflicht in den 5./6. Primarschulklasse die Ausbruchsituation in der Schule in Arosa Auslöser war. «Ich bin aber froh, dass wir beinahe überall Präsenzunterricht und bald wieder Sport für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre durchführen können.» Bezüglich der vielen Ausführungen in Sachen Einschränkungen im Kultur- und Sportbereich äussert Parolini sein Bedauern, das auch ihn und seine Familie treffe, so Parolini.

Abschliessend sagt Regierungsrat Christian Rathgeb (FDP, Chur), dass der Kanton Graubünden kurzfristig kein Fremdkapital benötige, «sofern wir weiterhin eine umsichtige Finanzpolitik betreiben», so Rathgeb. Aber dass wir ganz erheblich viele Mittel benötigen werden, steht laut dem Finanzdirektor fest. «Wir brauchen Ressourcen für diesen Marathon, bei dem wir nicht wissen, wo wir heute stehen.»

Das Schlusswort hält Regierungspräsident Mario Cavigelli (CVP, Domat/Ems). «Ich bedanke mich für die Debatte. Lassen Sie mich drei Schlussfolgerungen ziehen», so Cavigelli. Erstens: «Der Grosse Rat hat sich im Grossen und Ganzen mit der Krisenbewältigung der Regierung zufrieden gezeigt. Dafür möchte ich ganz herzlich danken. Das stärkt uns den Rücken.» Zweitens: «Sie wünschen eine deutliche, eine selbstbewusste Sprache seitens der Regierung – auch gegenüber dem Bund.» Und drittens: «Die Test- und die Impfstrategie sollen sich lohnen.» Ich bedanke mich im Namen der Bündner Regierung für diese Debatte.

Grosser Rat des Kanton Graubünden
Grossrat Urs Marti während der Februarsession des Bündner Grossen Rates in Davos.
PHILIPP BAER

Auch die Politiker sind es leid ...

Die Covid-19-Debatte dauert an. Das Parlament sitzt seit 8 Uhr im Saal. Hintergrund der zahlreichen Voten dürfte sein, dass die am Mittwochnachmittag bekannt gegebenen Massnahmen aus Bern zu den Kantonen in die Vernehmlassung gelangen. Damit ist der Zeitpunkt für Forderungen seitens des Parlaments an die Bündner Regierung zeitlich ideal. Denn die Regierung wird die Vorschläge debattieren und bis in einer Woche Antworten nach Bern senden.

Dennoch haben sich die Reihen in den Fraktionen bereits gelichtet. Auf Voten mit konkreten Forderungen folgen immer wieder auch ganz persönliche, emotionell vorgetragene Erfahrungen.

Grosser Rat des Kanton Graubünden
Kevin Brunold, Lukas Horrer, Martin Bettinaglio und Oliver Hohl (von links) während der Februarsession in Davos.
PHILIPP BAER

Horrer: «Es muss der letzte sein»

In seinem Votum sagt Grossrat Lukas Horrer (SP, Chur), es braucht einen Ausstieg. «Aber es muss der letzte sein». Der Lockdown ist Fakt. «Er schmeckt Ihnen nicht, Sie haben deutliche Worte für die neusten Entscheide aus Bundesbern gefunden», sagt Horrer. Der Lockdown wird mit gesundheitspolitischen Massnahmen begründet. Dadurch zwinge der Staat die Unternehmen, eine Leistung im Sinne der Pandemiebekämpfung zu erbringen. «Daran können wir nichts ändern. Was folgt nun für uns Grossrätinnen und Grossräte? Was können wir tun, damit die Situation für uns besser wird?», fragt Horrer.

«Wir müssen mit diesen Fakten umgehen. Und wir müssen alles tun, dass die Leistungen der Unternehmen entschädigt werden. Wir können es uns nicht leisten, uns hinter dem Bund zu verstecken. Aber wir können es uns finanziell leisten», ist der Grossrat überzeugt. Sowohl der Kanton als auch der Staat. «Sind Sie sich Ihrer Handlungsspielräume bewusst und präsentieren Sie dem Staat Ihre Rechnung für seine Eingriffe. Ansonsten verschlimmern Sie die Situation», so Horrer.

Die Grossräte Roman Hug (links) und Franz Sepp Caluori.
Die Grossräte Roman Hug (links) und Franz Sepp Caluori.
ARCHIV OLIVIA AEBLI-ITEM

Hug: «Wir riskieren das höchste Gut unserer Politik»

Zahlreiche Parlamentarier nutzen die Debatte, um Statements abzugeben. Deutlich mehr als ein Dutzend Redner werden von Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trins) angekündigt. Einer davon ist Grossrat Roman Hug (SVP, Trimmis). Er blickt in seinem Votum zurück und kritisiert die Kommunikation der Regierung.

«Die allgemeine Maskenpflicht wurde einen Arbeitstag vor Beginn der Oktobersession ausgerufen. Die Vorlaufzeit für die Bevölkerung betrug damals rund 24 Stunden. Die Schliessung der Gastronomiebranche- und von Freizeitanlagen wurde einen Arbeitstag vor Beginn der Dezembersession verkündet. Die Vorlaufzeit für die Branche betrug damals zirka 36 Stunden. Und die Anordnung der Maskentragepflicht für Schülerinnen und Schüler der 5./6. Klasse wurde vergangene Woche, zwei Arbeitstage vor der Februarsession verhängt. Die Vorlaufzeit für die Schulen betrug ungefähr 48 Stunden. Und nun frage ich Sie, geschätzte Regierung, empfinden Sie das als gute Kommunikation?», so Hug.

Alsdann wird der kantonale Parteipräsident der SVP ernst, als er sagt: «Wir riskieren das höchste Gut unserer Politik, die Glaubwürdigkeit.» Und Hug fordert bei weiteren einschneidenden Massnahmen im Kanton den Einbezug des Parlaments oder zumindest der Fraktionen.

Franz Sepp Caluori, Präsident von Gastro Graubünden, gibt sich optimistisch.
Franz Sepp Caluori, Präsident von Gastro Graubünden, gibt sich optimistisch.
ARCHIV OLIVIA AEBLI-ITEM

Caluori: «Das schaffen wir»

Radio Südostschweiz hat in der Pause mit Franz Sepp Caluori, Präsident des Verbandes Gastro Graubünden, gesprochen.

Franz Sepp Caluori, ein brutaler Schlag für Ihre Branche?

Ja, das ist so. Wir sind schon ein paar Monate geschlossen, wir haben erwartet, dass es schneller vorwärtsgeht. Aber ich glaube, da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Ich habe gerade jetzt in meinem Votum der Regierung den Auftrag gegeben, in der Vernehmlassung darauf zu pochen, dass am 1. März die Restaurants wieder öffnen oder zumindest alle Aussenwirtschaften wieder öffnen dürfen.

Wie gross sind Ihre Hoffnungen?

Ich habe immer Hoffnungen. Wir von Gastro Suisse werden mit den Bundesräten kommunizieren und schauen, dass sie diesen Kompromiss noch hinkriegen bis zum definitiven Entscheid am 24. Februar.

«Ich glaube, diesen Monat halten wir es noch aus.»

Wenn es nach dem Vorschlag des Bundesrates geht, dürften die Restaurants frühestens Anfang April öffnen. Wie lange haltet Ihr noch durch?

Ich glaube, diesen Monat halten wir es noch aus. Die Bündner Regierung hat schon Entschädigungen für den März vorgesehen.

Vorgesehen, aber noch nicht in Stein gemeisselt.

Doch, in Stein gemeisselt. Nur die Höhe ist noch unklar. Wir haben noch eine Resolution am Laufen, die Anpassungen nach oben fordert. So wies aussieht, werden wir erhört. Die Regierung hat konstruktive Vorschläge gebracht.

Müsste man hier nicht die Forderung an den Bund richten, so nach dem Motto «Wer befiehlt, der zahlt auch»?

Ja, das ist natürlich schon das Ziel, aber der Bund ziert sich hier und der Kanton auch noch. Die Gelder sind noch nicht gesprochen. Wir wollen mit dem Kanton so nah an die 100 Prozent herankommen wie möglich. Das schaffen wir.

GastroGraubünden spricht sich für eine rasche Öffnung der Gastronomie aus. Sollte der Bund die Restaurants im März...

Posted by GastroGraubünden on Wednesday, February 10, 2021

Weiter geht es

Nach der Nachmittagspause wird die Session mit der allgemeinen Debatte zum Thema Covid-19 wieder aufgenommen. Ziel von Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trins) ist es, die Debatte zum Thema Corona am Mittwoch abzuschliessen und die Diskussion bis in den Abend zu verlängern.

Mehrere Grossräte erklären, dass die Wirtschaft oder dass die Jungen ob den Massnahmen am stärksten leiden würden. Mit Blick Richtung Regierungsbank wünschen sie sich mehr Druck in Richtung Bern, damit Massnahmen gelockert werden können.

Zur Auflockerung haben wir für Euch unsere Bildergalerie aktualisiert. Klickt Euch durch.

PIXABAY

Zwei Grossräte während der Kaffeepause.
Zwei Grossräte während der Kaffeepause.
ARCHIV OLIVIA AEBLI-ITEM

Mit rauchendem Kopf in die Pause

Nach einer vielschichtigen und informativen Debatte begeben sich die Ratsmitglieder in die Nachmittagspause. Diskussionsstoff dazu ist nach dem ersten Teil der Debatte und der Bundesrats-Medienkonferenz wohl genug vorhanden.

Nach der Pause geht es mit der allgemeinen Debatte zu Covid-19 weiter.

Oktobersession des Grossen Rates
Grossrat Franz Sepp Caluori.
ARCHIV PHILIPP BAER

Ein unglücklicher Gastro-Präsident

Grossrat Franz Sepp Caluori (CVP, Chur) äussert sich in einem emotionalen Votum und fordert Finanzminister Christian Rathgeb (FDP, Chur) auf, die Schatulle zu öffnen und ungedeckte Fixkosten von hart getroffenen Gastrobetrieben zu sprechen. «Und ich fordere Regierungsrat Marcus Caduff auf, die Voraussetzungen für Hotels und Mischbetriebe zu erleichtern und auch nach dem 1. März gegründete Betriebe zu unterstützen. Es scheint, dass wir als Gesellschaft die Balance zwischen Gesundheit und Wirtschaft verloren haben», so Caluori, seines Zeichens Präsident des Verbandes Gastro Graubünden.

Alles gut werde erst sein, wenn wir gelernt haben, mit dem Virus zu leben, so Caluori weiter. Und: «Meine dritte und letzte Forderung richte ich an Regierungsrat Peter Peyer: Setzen Sie sich in Bern für die Öffnung von Betrieben ein. Ab 1.März sollen zumindest Aussenwirtschaften mit Schutzkonzepten wiedereröffnet werden können.» Gastro Graubünden wehre sich gegen einen weiteren Lockdown. Dies habe der Verband in einem Brief auch Bundesrat Ueli Maurer und allen Bündner Bundesparlamentariern mitgeteilt. «Ich habe immer Hoffnung und bis Ende Monat können wir das noch aushalten. Auch, weil die Bündner Regierung bereits Fixkostenentschädigungen bereitgestellt hat», so Caluori auf Anfrage von Radio Südostschweiz.

Finanzminister Christian Rathgeb (FDP, Chur) versprach während der Debatte, dass die Bündner Regierung nicht auf der Kasse sitzen würde in der Hoffnung, der Bund würde finanzieren. Wir finanzieren, so Rathgeb. Aber wir wollen kein Hickhack mit Bern. Denn was Bern vorschreibt, muss letztlich auch Bern berappen.

Und Gesundheitsminister Peter Peyer (SP, Trin) erklärt, dass Graubünden sich gute Fallzahlen hart und mit zahlreichen Einschränkungen erarbeitet habe. «Wir müssen nun schauen, dass wir mit den guten Zahlen und mit der Impflogistik nicht im Sommer gemachte Fehler wiederholen und zu schnell öffnen. Wir müssen nun die richtigen Schritte nacheinander machen.» Auch wenn wir dafür Betroffene oder ganze Branchen noch um einige Wochen vertrösten müssen, so Peyer.

Auch Regierungspräsident Mario Cavigelli (CVP, Domat/Ems) erwartet, dass die vorbildliche Teststrategie Graubündens bei den Lockerungen der Massnahmen berücksichtigt werden wird. «Aber voll dreinfahren sollten wir nicht. Anders sieht es bei Gartenterrassen aus», so Cavigelli. Die Situation von Restaurantterrassen und Terrassen in Wintersportgebieten sei aber nicht vergleichbar. «Auf Terrassen in Wintersportgebieten möchte man sich vielleicht aufwärmen und man verweilt nicht sehr lange dort. Insofern ist es für eine besondere Situation eine besondere Regelung, die die Bergbahnrestauration begünstigt», so Cavigelli. Allgemein sagt der Regierungspräsident, dass Graubünden dranbleiben soll, und das Erreichte jetzt nicht durch Schnellschüsse preisgeben soll. «Wir sollten Schritt für Schritt in die Normalität zurückkehren», so Cavigelli.

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

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Entweder zieht man jetzt den totalen Lockdown mit strengsten Kontaktbeschränkungen durch oder lässt es einfach geschehen. Die Zeit des Herumeierns ist vorbei. Die Zahlen sind eindeutig. Entweder man nimmt in Kauf, dass weiterhin Tausende sterben, oder man riskiert die Rezession und soziale Spannungen. Da möchte man doch lieber nicht in der Haut der Entscheidungsträger stecken. Es gibt hier keinen Königsweg.

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