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Vom Mythos des Covid-Gesslerhutes im Zeitalter des Röhrenblicks

Nicht nur die Politolog*innen, die sich dazu schweizweit öffentlich äussern, sondern hoffentlich auch ehemalige, kollummneschreibende Chefredaktoren und Ethiker*innen sollten mittlerweile bemerkt haben, dass die Covid- bzw. Impf-Massnahmenkritiker*innen nicht nur aus einem Saubannerzüglein von Chaot*innen besteht, die ihren Frust über unsere Welt- und Wirtschaftsordnung undifferenziert zum Ausdruck bringen. Die Kritiker*innen sind eine Bewegung aus ganz verschiedenen Bevölkerungsschichten, die wegen den ziemlich eindimensionalen, in der Tendenz gar totalitären Massnahmen und Methoden unserer Behörden im Kontext der Corona-Pandemie besorgt und empört sind.
Von Vielseitigkeit der Meinungen und Minderheitenschutz ist heutzutage bei den Befürwortern, aber auch in den Medien nicht mehr viel zu sehen und zu hören. Immer wieder in der Geschichte Europas haben in Krisensituationen Persönlichkeiten behauptet, dass es nur eine Lösung gäbe und daraus sind verheerend schmalspurige, diktatorische Regime entstanden, die scheinbar legitimiert durch die Not der Krise den Menschen grosses Leid und Schaden zugefügt haben. Genau hier wäre es die Aufgabe „der sog. 4. Kraft“ in unserem Land - der Medien - Gegensteuer zu geben und offen, vielseitig und vielschichtig zu informieren. Wie steht es heute in der "Corona-Schweiz" um die Meinungs- und Pressefreiheit ?
Darum ist der uralte, mythische Reflex, der in vielen Schweizer*innen noch lebt - der der Eidgenossen - nicht nur ein verklärtes Bild für die Geschichtsbücher, sondern ein uralter, archetypischer Reflex, der sich zeigt, wenn Unrecht geschieht bzw. wenn es darum geht, dass „Obrigkeiten“ in einer Demokratie sich auf ihre eigentliche Rolle besinnen sollten - sich als Vertreter der ganzen Schweizer Bevölkerung im Parlament, in Kantonsregierungen und im Bundesrat für vielseitige, multidimensionale und ausgewogene Lösungen zu engagieren. Es sind der reflexartige Griff nach der virtuellen Hellebarde an der Wand und das Recken von Fäusten in Richtung Bern, die gut reflektiert und ergründet, gewaltfrei und doch kraftvoll als gesund betrachtet werden dürfen.
Diese Krise wird nicht durch einen mehr und mehr verengten, angsteinflössenden und tendenziell totalitären Röhrenblick gelöst werden können, sondern in der Breite, Tiefe und Vielseitigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes, wo die Lösungen in kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmenpaketen enthalten sind und nicht aus Einzelmassnahmen bestehen.

Thomas Rüedi
05.10.21 - 15:53 Uhr
Leserbrief
Ort:
Domat/Ems
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Nach Ankunft der Europäer in Amerika starben große Teile der Urbevölkerung durch eingeschleppte Infektionskrankheiten wie Pocken, Masern, Mumps oder Grippe, Krankheiten wogegen die Ureinwohne - im Gegensatz zu den Europäern, die über die Jahrtausende eine teilweise Resistenz gegen diese Erreger erworben hatten – nicht im Geringsten immun waren. Diese Ureinwohner haben sich gesund ernährt, sich viel bewegt, im Einklang mit der Natur gelebt und kannten nur komplementäremedizinische Heilungsmethoden. Hätte es Vakzine gegeben, hätten sich die Demographie auf dem Amerikas und damit seine Geschichte anders entwickelt.
Auch beim Coronavirus handelt es sich um einen neuen für unseren Körper unbekannten Erreger. Ich sehe nicht, wie Ihr ganzheitlicher Ansatz, wie auch immer der aussehen sollte, in die Praxis umgesetzt werden soll, v.a. auch weil dafür die Zeit fehlt und bei jedem Individuum anders aussehen würde. Auch wäre seine Akzeptanz in der Bevölkerung viel tiefer als bei einer Impfung, weil es dafür – im Gegensatz zur Impfung – absolut keine wissenschaftliche Evidenz gibt, dass er funktionieren würde, eine Hypothese eben, die zuerst an einem ganzen Volk getestet werden müsste. Und Sie reden von Totalitarismus! Ich fürchte, Ihre Ideen sind so vage wie ihr Wissen über die Schweizer Geschichte.