Das Belenus-Quartett begeistert am Flimsfestival
Das Flimsfestival wartet im 13. Jahr seines Bestehens mit mehreren musikalischen Höhepunkten auf. Am Sonntag hat das Belenus-Quartett im Jugendstilsaal des Hotels «Waldhaus» in Flims konzertiert.
Das Flimsfestival wartet im 13. Jahr seines Bestehens mit mehreren musikalischen Höhepunkten auf. Am Sonntag hat das Belenus-Quartett im Jugendstilsaal des Hotels «Waldhaus» in Flims konzertiert.
von Christian Albrecht
Im Gepäck führten die drei Streicherinnen und der Streicher des Belenus-Quartetts Literatur von Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Anton Webern mit sich: kein Warm-up also mit Haydn oder Mozart. Sondern auf direktem Weg zu Beethoven und seinem Streichquartett op. 95, überschrieben mit «Quartetto serioso». Wer Ohren hat, der höre: Der Start besteht aus zehn Noten einer unisono gespielten Drehmelodie, die punktgenau auf den Schlusston f zielt. Die Komposition steht denn auch in f-Moll. Ein Werk mit furchterregend schroffen (Ab-)Brüchen, mit kühn verdichteter und dann wieder ungewohnt ausgeweiteter Architektur der Form.
Seraina Pfenninger, Anne Battegay, Esther Fritzsche und Jonas Vischi verstanden es am Sonntag im Hotel «Waldhaus» in Flims, die fiebrig geballte Energie des ersten Satzes massvoll zu zügeln, und schafften den lyrischen Fantasien im nachfolgenden Satz den notwendigen Freiraum, sich zu entfalten. Geradezu Referenz-charakter in der Ausarbeitung der einzelnen Stimmen erzielten die Künstlerinnen und der Künstler im düsteren, chromatischen Fugato mit seinen kontrapunktischen Spielformen, während sie im darauf-folgenden fünfteiligen Allegro assai vivace, ma serioso das Ernsthafte betonten. Da wirkten selbst die Einwürfe des zarten Trioteils – vom Belenus-Quartett wunderbar homogen gespielt – nicht nachhaltig genug, der hastenden Unruhe Einhalt zu gebieten.
Zunächst beherrschte diese düstere Wirrnis auch das Finale: Erschütternd wanden sich die Tremoli durch die Stimmen, bedrückend waren die von den Streicherinnen und dem Streicher intonationssauber ausgehorchten, dissonant-seufzend aufgeschichteten Akkorde. Doch dann gelingt Beethoven in der finalen Schlusskurve seines Werkes ein jäher Charakterwechsel hin zu einem befreiend-strahlenden F-Dur. Das Belenus-Quartett legte eine reif durchdachte Interpretation vor und überzeugte mit hohem instrumentaltechnischem Können.
Geschmackvoll wie klangschön
Mit dem «Langsamen Satz» für Streichquartett (1905) von Anton Webern enthielt das Programm quasi ein Interpunktionszeichen. Ein musikalischer Aphorismus, eine Miniatur für 16 Saiten, ein Klangbild, das unvorbereitet auftaucht und folgenlos wieder verschwindet. Ein Intermezzo, konzentriert und gedrängt verdichtet komponiert. Und geschmackvoll wie klangschön gespielt.
In gewisser Weise knüpfte Schuberts «Rosamunde»-Quartett an das zuvor erklungene von Beethoven an. Das mag mit Blick auf die vordergründige lyrisch-kantable Gefühlsseligkeit in diesem Werk erstaunen. Doch dahinter öffnen sich Abgründe tiefster Verzweiflung. Wer das Zwei-Welten-Spannungsfeld der Romantik interpretatorisch mitbedenkt, muss Fortissimo-Ausbrüche ebenso umsetzen wie Idylle schaffen, muss die Musik als Sprache verstehen, um zu bewegenden Saitengeschichten zu finden. Konnotationen dieser Art gelangen im Fall von Beethoven vortrefflich. Die Darstellung und das Aushalten der Innenspannungen bei Schubert fanden im Rahmen dieser Interpretation eine zu geringe Adäquanz. Der bekannte Walzer von Antonín Dvořák als Zugabe bot abschliessend Heiterkeit pur.
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