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«Das Feuer ist immer noch das gleiche»

Liricas Analas wird es nicht mehr lange geben. Im Interview erklären die Rapper aus der Surselva was zum Abschied noch alles geplant ist.

Südostschweiz
22.07.21 - 16:48 Uhr
Kultur
Johannes «Jusht» Just (rechts) und Renzo «Orange» Hendry von Liricas Analas erzählen im Interview mit RSO, wie sie sich die Dernière der Liricas vorstellen.
Johannes «Jusht» Just (rechts) und Renzo «Orange» Hendry von Liricas Analas erzählen im Interview mit RSO, wie sie sich die Dernière der Liricas vorstellen.
BILD: OLIVIA AEBLI-ITEM

Liricas Analas werden Ende Jahr ihr letztes Album veröffentlichen. Das hat die rätoromanische Rap-Combo aus der Surselva letzte Woche in den sozialen Netzwerken angekündigt. Neben einem Abschiedsalbum soll es  zwei grosse Konzerte geben, um sich von den Fans zu verabschieden. Simon Lechmann hat Johannes «Jusht» Just und Renzo «Orange» Hendry getroffen, um über ihr Ende und den Big Bang zum Abschluss zu sprechen.

Ihr habt angekündigt, Liricas Analas aufzulösen. Wie ist es dazu gekommen?

Jusht: Dahinter steckt ein gewisser Prozess. Wir haben uns vor einem guten Jahr entschieden, nochmals ein Projekt zu starten. Es war aber auch klar, dass es das letzte der Liricas sein wird. Die Motivation weiterzumachen, war nicht mehr bei allen gross genug.

Es ist euch aber bewusst, dass viele diesen Entscheid bedauern? Ihr habt mit der Ankündigung ein Crowdfunding für das letzte Album lanciert und innerhalb von 24 Stunden 18'000 Franken mobilisiert. Mittlerweile steht ihr bei 30'000 Franken.

Jusht: Es freut uns enorm, was uns nach der Ankündigung an positiven Rückmeldungen und Sympathiebekundungen erreicht hat. Insbesondere nach einer so langen Zeit. Unser letztes Album haben wir 2016 veröffentlicht.

Orange: Es ist enorm schön, was da alles passiert ist. Wir waren auch ziemlich überrascht. Wir nehmen das jetzt mit einem guten Gefühl entgegen und sind motiviert, an den zwei Konzerten dann auch eine gute Show abzuliefern. Aber natürlich gehen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Nach 24 Stunden 18'000 Franken gesammelt. Was ist da bei euch abgegangen?

Jusht: Unser Chat lief natürlich heiss. Im Stundentakt kamen da die Updates rein.

Orange: Die Freude war enorm und wir hatten auch etwas Gänsehaut.

Jusht: Der monetäre Teil der Aktion ist ja das eine. Was da aber an Kommentaren und Zuspruch an uns gelangt ist, gibt mir eigentlich fast mehr.

Es wird zwei Konzerte und ein Album geben. Habt ihr schon mehr Details?

Jusht: Der Plan ist im Moment, dass das Album Anfang Jahr erscheint und dann im Frühling ein Konzert in Graubünden und eines in Zürich stattfinden wird. Konkreter ist die Planung aber noch nicht.

Jetzt mal ehrlich. Ihr würdet 10'000 Leute in die Churer Stadthalle bringen und auch in Zürich wären 10'000 möglich. In welchen Dimensionen denkt ihr?

Jusht: Meinst du? 10'000 ist schon sehr gross.

Orange: Das haben Breitbild geschafft. Ich denke, sie haben aber auch einen grösseren Fankreis als wir. Ganz ehrlich: Ich bin dann lieber in einer kleinen oder mittelgrossen Halle bei einem Konzert, das brennt, als in einer grossen Halle, die nur halb voll ist.

Also irgendwo zwischen 1000 und 10'000?

Beide: Darauf können wir uns einigen.

Ihr blickt auf 20 Jahre Bandgeschichte zurück. Ihr wart eine wilde Truppe und habt euch zu einem der Vorzeige-Musikexporte aus Graubünden gemausert. Ist jetzt nach zwanzig Jahren das Feuer etwas verloren gegangen?

Orange: Ich glaube, das Feuer ist immer noch das gleiche. Man geht einfach strukturierter an Projekte heran. Wir sehen uns ja auch nicht mehr so oft, wie das früher der Fall war. Früher haben wir uns einfach im Proberaum getroffen, gejammt. Der eine hat einen Text geschrieben, der andere hat darauf reagiert. Heute müssen wir das fokussierter und produktiver angehen.

Jusht: Wir haben auch nicht mehr diese pauschale Hau-Drauf-Attitüde, die wir früher hatten. Früher haben wir mehr nach dem Konzept «Trial an error» funktioniert. Das hat glücklicherweise auch gut funktioniert. Heute sind wir konzentrierter und zielorientierter. Auch inhaltlicher sind wir etwas nachdenklicher und wohl auch etwas zurückhaltender.

Bleiben wir noch kurz beim Feuer: Wenn ihr jetzt seht, wie gross die Rückmeldungen auf eure Ankündigung waren: Das entfacht das Feuer doch noch mehr. Wie gut kann man mit einem so hoch lodernden Feuer ein letztes Album aufnehmen?

Orange: Wir waren immer auch eine Live-Band und hoffen, dass wir zwei fette Konzerte abliefern und die Energie zurückgeben können. Es wäre schade gewesen, wenn unser Feuer einfach langsam erloschen und wir den richtigen Moment verpasst hätten, um mit einem Feuerwerk gehe zu können.

Wie gross soll der Abschiedsknall werden? Macht ihr euch da jetzt schon Gedanken?

Jusht: Auf jeden Fall. Wir suchen im Moment noch nach ein paar Kooperationen. Es zeichnet sich auch schon ab, dass wir mit Leuten zusammenarbeiten können, die wir schätzen und die einen grossen Beitrag leisten können. Da ist es natürlich eine grosse Freude, dass wir durch das Crowdfunding ein Budget haben, das solche Kooperationen für die Shows und deren Qualität zulässt.

Die Liricas Analas sind zu Ende? Es gibt keine Möglichkeit, dass ihr in kleinerer Form weitermacht?

Orange: Wir haben damals zu siebt begonnen. Nach ein paar Jahren waren wir noch zu viert. Das war für uns schon ein krasser Schritt. Das hat 2009 aber gut für uns gepasst. Irgendwann muss man sich dann fragen: «Wären wir auch zu dritt noch die Liricas?» Wir sind zum Schluss gekommen, dass das für uns nicht stimmen würde. Es wäre nicht mehr das Gleiche.

Wie geht es bei euch beiden weiter musikalisch?

Orange: Ich werde sicher weiterhin Sound machen. Wohin das führen wird, weiss ich noch nicht.

Jusht: Orange wird Countrysänger. Er hat sich ein Banjo gekauft und legt demnächst los (lacht).

Im Netz geistert bereits ein potenzieller Name für euer Abschiedsalbum herum: «Liricas Finalas». Ist da was dran?

Jusht: Das ist komplett aus der Luft gegriffen.

Orange: Eigentlich hatten wir mal gesagt, dass es keinen Namen haben werde. Wir haben ja immer mit dem Begriff «Analas» gespielt in unseren Albumtiteln. Das wird mit der Zeit aber immer schwerer (lacht). Vielleicht hat es dann einfach keinen Namen.

Jusht: Wie das grandiose erste Album von «Rage Against The Machine». Das hatte auch keinen Namen und ist überall immer nur «das erste Album von Rage». Vielleicht schaffen wir es, dass unseres einfach immer «das letzte Album der Liricas Analas» sein wird. (dje)

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