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Bach im Bad, stille Töne im Wald und eine historische Geburtstagsparty

Morgen Abend stellt Intendant Christian Jott Jenny das Programm des diesjährigen Festivals da Jazz im Engadin vor. Für die «Südostschweiz am Wochenende» hat er das Programmheft schon vorgängig geöffnet.

31.03.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Nigel Kennedy spielt heuer im Hallenbad.
Nigel Kennedy spielt heuer im Hallenbad.
PRESSEBILD, KEYSTONE

Nein, zur aktuellen kulturpolitischen Debatte (Ausgabe vom Dienstag und Donnerstag) mag sich Christian Jott Jenny derzeit nicht äussern. «Ich denke, mit solchen Diskussionen langweilen wir das Publikum im besten Fall, im schlimmsten Fall nerven wir es», sagt der Intendant des Festivals da Jazz in St. Moritz. «Wir sollten die Energie besser darin investieren, zu produzieren.»

Produzieren heisst in Jennys Fall: das nächste Festival zu organisieren. Morgen wird er in St. Moritz das Programm offiziell vorstellen. Zu erzählen hat der künstlerische Leiter des Grossanlasses einiges, wie er im Vorfeld verrät. «Wir haben einige Leckerbissen zu bieten, die es so nirgendwo sonst je gegeben hat.» Inzwischen könne das Festival die Früchte ernten, welche in den vergangenen Jahren gesät worden seien. «Es spricht sich auch in Musikerkreisen herum, dass die Gastfreundschaft hier im Engadin ganz besonders ist.»

Die Stars trauen sich Neues

Einer jener Künstler von Weltrang, der sich bei seinem Auftritt im letzten Jahr ganz offensichtlich wohl gefühlt hat, ist das britische Violinen-Enfant-Terrible Nigel Kennedy. Jenny hat ihn deshalb für einen ganz besonderen Auftritt am diesjährigen Festival gewinnen können: Im altehrwürdigen, aus den Sechzigerjahren stammenden Hallenbad des St. Moritzer Hotels «Bären» wird Kennedy am 23. Juli ein Violinkonzert von Johann Sebastian Bach spielen. «Ich habe noch nicht einmal besonders viel Überredungskunst gebraucht, um ihn von der Idee zu überzeugen», betont Jenny. Einen Tag nach «Bach im Bad» steht Kennedy übrigens im «Dracula»-Club ein zweites Mal auf der Bühne des Festivals da Jazz. «Dort spielt er sein aktuelles Gershwin-Programm, das im Mai als CD erscheint», verrät Jenny.

«Mit solchen Diskussionen langweilen wir das Publikum im besten Fall, im schlimmsten Fall nerven wir es.»

Manchmal greift Jenny auch zu ungewöhnlichen Mitteln, um Stars von einem Auftritt im Engadin zu überzeugen. Dem Weltstar Ludovico Einaudi etwa, der sonst zu horrenden Gagen ganze Stadien füllt, habe er Fotos vom Lej da Staz geschickt. «Es hat gewirkt, er hat umgehend zugesagt, dort aufzutreten», sagt Jenny. Der Italiener wird seine stillen, ruhigen Klänge am 29. Juli am See zelebrieren. Der Auftritt ersetzt gewissermassen das bisherigen Open-Air-Konzert auf Muottas Muragl. «Wir rücken noch näher an die Natur», betont Jenny.

Der Altmeister zum Geburtstag

Nicht nur Kennedy und Einaudi werden am Festival da Jazz im besonderen Ambiente zu hören sein. Gleiches gilt auch für den US-Altmeister Dave Grusin. Dessen epochale Bearbeitung von Leonard Bernsteins «West Side Story» wird am 3. August im Hotel «Reine Victoria» erklingen. Schon der Abend des Schweizer Nationalfeiertags im «Dracula»-Club ist ganz Bernsteins Schaffen gewidmet. Das hat seinen Grund, wie Jenny verrät. «Bernstein hätte im August seinen 100. Geburtstag gefeiert.»

Besonders Grusins Gastspiel freut den Intendanten. «Grosse und renommierte Veranstalter sind mit ihrem Anliegen bei ihm abgeblitzt, seine ‹West Side Story› noch einmal aufzuführen.»

Hitparadenstürmer mit dabei

Aus den auch in weniger Jazz- und Klassik-affinen Kreisen bekannteren Namen im diesjährigen Programm ragt vor allem Norah Jones heraus. Für ihr Album «Come Away With Me» heimste die Meisterin der eleganten Töne im Jahr gleich fünf der begehrten Grammys ein. Das Album landete in der US-Hitparade auf Platz 1; in der Schweiz belegte es den zweiten Rang und blieb 133 Wochen lang in den Hitlisten. In St. Moritz ist Jones am 22. Juli zu hören.

Auf Hitparadenerfolge kann auch Curtis Stigers verweisen. Mit «I Wonder Why» landete er im Jahr 1992 einen Welthit; sein Debütalbum schaffte es auch in der Schweiz in die Top 10. Inzwischen hat sich Stigers vom Balladenpop verabschiedet und sich den Jazz- und Swingstandards zugewandt – mit grossem Erfolg. Eine Kostprobe erhält das Engadiner Festivalpublikum am 27. Juli.

Norah Jones blieb mit ihrem Debütalbum 133 Wochen lang in den Schweizer Hitlisten.

Zwei «Engadiner» Künstler, deren Werke in aller Ohren sind, sind namentlich weniger bekannt: Kyle Eastwood und Stanley Clarke. Eastwood schreibt die Filmmusiken zu den meisten Filmen seines legendären Vaters Clint Eastwood. Clarke wiederum ist vielen als Bassist bei Projekten von Weltstars wie Chick Corea und Herbie Hancock bekannt; dass er daneben die Musik zu Filmen wie «Romeo Must Die» und «The Transporter» komponiert hat, ist weniger bekannt. Auch beim Namen Judith Hill dürften nur wenige aufhorchen: Dabei hat sie an der offiziellen Trauerfeier von Michael Jackson dessen Welthit «Heal The World» gesungen. Auch sie ist am Festival da Jazz zu hören.

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