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Kein Mühleturm? Das reicht nicht, liebes Astra!

Das Bundesamt für Strassen will dem Churer Mühleturm-Projekt einen Riegel schieben – aus Sicherheitsgründen. Denn das geplant grösste Wandgemälde der Schweiz würde Verkehrsteilnehmer auf der angrenzenden Autobahn zu stark ablenken. Wir finden, dieses Verbot allein reicht nicht. Achtung, Ironie!

16.02.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Das Bundesamt für Strassen will dem Churer Mühleturm-Projekt einen Riegel schieben.
Das Bundesamt für Strassen will dem Churer Mühleturm-Projekt einen Riegel schieben.
COLLAGE SO

Der Churer Künstler Fabian Florin alias «Bane» hat von der Stadt Chur den Auftrag gefasst, den Mühleturm in Chur zum «grössten Wandgemälde der Schweiz» zu machen. Florin konnte sich im Vorfeld mit seiner Idee im Wettbewerb gegen seine Mitbewerber durchsetzen und die Stadt mit seinem Konzept überzeugen.

Doch nun bringt das Bundesamt für Strassen (Astra) das Projekt ins Stocken. Ein Gemälde in dieser Grösse und an dieser Lage würde die Autofahrer auf der angrenzenden Autobahn ablenken und sich somit negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken, so die Argumentation.

Wir finden, das Astra hat mit dieser Aussage nicht nur Recht, sondern sollte in Punkto Sicherheit gar noch ein paar Schritte weitergehen. Deshalb möchten wir hier einen (nicht abschliessenden) Katalog von Verboten aufstellen, den das Astra zwingend durchsetzen sollte, damit die Verkehrsteilnehmer in und um Chur stets auf der sicheren Seite fahren:

Verbot 1: Wahlplakate

Egal, wie ansehnlich die Person auf dem jeweiligen Sujet auch sein mag – Wahlplakate lenken nicht nur vom Geschehen auf der Strasse ab, sondern führen je nach politischer Gesinnung der betroffenen Verkehrsteilnehmer zu aggressivem Fahrverhalten. Deshalb fordern wir: weg mit diesen Wahlplakaten!

Verbot 2: Hässliche Menschen

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters – jedoch nie in dem eines Autofahrers. Deshalb verlangen wir eine zeitnahe Katalogisierung optisch negativer Gesichtsmerkmale, anhand welcher zweifelsfrei gemessen werden kann, welche Menschen von ihrer Ästhetik her eine Gefahr für den Strassenverkehr darstellen. Betreffende Personen sind unverzüglich mit einem Rayon-Verbot von minimum 300 Metern zur nächsten öffentlichen Strasse (Quartierstrassen und Feldwege ausgenommen) zu belegen.

Verbot 3: Ganz oder gar nicht

Der bemalte Mühleturm wäre nur die bunte Spitze des Eisbergs – wir verlangen mit Nachdruck den Abriss sämtlicher Kirchtürme, die von einer öffentlichen Strasse aus zu sehen sind. Überdies soll auch der rote Julier-Turm inklusive seines kleinen Nachbarn auf der anderen Strassenseite dem Erdboden gleichgemacht werden. Wer bitteschön hat denn das eigentlich durchgewunken? Als wäre die Fahrt über den Julierpass nicht so schon gefährlich genug. Mann, mann, mann...

Verbot 4: Churer Oktoberfest

Jedes Jahr im Herbst heisst es in Chur «Ozapft is!». Damit steigt nicht nur die Gefahr von alkoholisierten Menschen auf den Strassen nahe der Churer Altstadt. Ausserdem sinkt die Aufmerksamkeit der (vorwiegend männlichen), nüchternen Verkehrsteilnehmer in derselben Gegend derweil rapide. Dies aufgrund eines hohen Dirndl-Aufkommens während der nächtlichen Stosszeiten rund um die Kasernenstrasse. Deshalb fordern wir ein striktes Trachten-Verbot für diesen Anlass.

Verbot 5: Kreiselkunst

Als wäre es für ganz viele Automobilisten nicht schon Herausforderung genug, sich an Ampeln und Kreuzungen richtig zu verhalten, scheinen Kreisel zusätzlich für Unstimmigkeiten in Sachen Vortrittsrecht zu sorgen. Erschwerend dazu kommen nun auch noch diverse künstlerische Ergüsse, die mitten auf den Kreiseln thronen, als wollten sie uns sagen: «Vergiss den Verkehr, konzentriere Dich gefälligst auf mich – auf mich allein. Ich bin Kunst. Ich bin Kultur!» Dieser unglaublich egoistischen Grundhaltung der trägen Bauwerke gilt es ab sofort entgegenzuwirken und Kunst am Bau strikte zu verbieten. Damit sich Automobilisten wieder aufs Grundlegende konzentrieren können. Womit wir auch gleich zum letzten Verbot kommen.
 

Verbot 6: Wer denkt, fährt nicht!

Wie eine (unserer Meinung nach repräsentative) Umfrage im Churer Medienhaus zeigte, fühlen sich viele Automobilisten öfters durch ihre eigenen Gedanken abgelenkt – auch beim Autofahren. Deshalb fordern wir ein Fahrverbot für Menschen, die sich Gedanken zum Weltgeschehen machen. Als gangbare Lösung schlagen wir vor, die theoretische Fahrprüfung mit Fragen anzureichern, deren Antwort auf emotionale Intelligenz, Sozialkompetenz und ein selbstkritisches Wesen schliessen lassen. Betreffenden Prüflingen ist der weitere Prüfungsverlauf ausnahmslos zu verwehren.

Wir sind überzeugt, dass diese sechs Verbote die Welt zu einem sichereren Ort machen – oder so.

Freundliche Grüsse

Die «suedostschweiz.ch»-Redaktion ☺

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