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Inflation: Ein Fossil vergangener Zeiten?

Seit rund zwölf Jahren stagnieren die Konsumentenpreise in der Schweiz. Aktuell sinken sie sogar, nicht nur bei uns, sondern auch in der EU.

Peter
Eisenhut
01.03.21 - 04:30 Uhr
GKB Chur
Rolf Canal

Im Blog «Aktuelle Volkswirtschaftslehre» schreiben Jan-Ebert Sturm, Hans Jörg Moser und Peter Eisenhut über aktuelle Themen, die die Volkswirtschaft bewegen.

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Seit rund zwölf Jahren stagnieren die Konsumentenpreise in der Schweiz (Landesindex der Konsumentenpreise). Aktuell sinken sie sogar, nicht nur bei uns, sondern auch in der EU. Ist ein Wiederaufflammen der Inflation etwa gleich wahrscheinlich wie ein Revival von Fax-Geräten? Sind also beide nicht viel mehr als Fossile der Vergangenheit? Die regelmässigen Warnungen vor einem Anstieg der Verbraucherpreise stossen jedenfalls auf wenig Resonanz.

Ursachen der Inflation

Wie kommt es überhaupt zu einem Anstieg der Inflation? Auslöser kann die Nachfrage oder das Angebot sein. Steigen z.B. die Löhne, die Zinsen oder die Energiekosten, versuchen die Unternehmen diese Kosten auf die Konsumenten zu überwälzen. So entsteht eine Angebotsinflation. Andererseits kann auch eine steigende Nachfrage Auslöser für Preiserhöhungen der Unternehmer sein.

Im Corona-Jahr 2020 war ein starker Anstieg des Sparens zu beobachten. So wurde in der Schweiz rund 30 Milliarden mehr gespart als üblich. Es ist damit zu rechnen, dass sich nach der Krise der Nachfragestau entlädt und ein Prozess des Entsparens eintritt. Sei das beim auswärts Essen, beim Shoppen, bezüglich Ferien und bei vielem anderen mehr.

Im Gegensatz zu den Haushalten haben die Staaten schon während der Krise ihre Ausgaben zur Stützung der Nachfrage und auch des Angebotes massiv erhöht. Deshalb hat die internationale Verschuldung neue Höchstwerte erreicht. Sekundiert wurden sie dabei durch eine ausserordentliche starke Erhöhung der Geldmenge durch die Nationalbanken, z.B. durch den Kauf von Staatsanleihen oder Devisen. Solche Käufe führen zu einer Erhöhung der Bilanzsumme. So hat sich die Bilanz der US-Zentralbank innerhalb eines Jahres beinahe verdoppelt (FED). Die Bilanzsumme der Schweizerischen Nationalbank ist auf rund 1000 Milliarden bzw. auf 140 Prozent des BIP angewachsen (SNB). Solche Gelmengenexpansionen sind ein Nährboden für Inflation.

«Whatever it takes»

Langweilen Sie solche Warnungen? Verständlich, war «Achtung Inflation!» in den letzten zwölf Jahren doch ein permanenter Fehlalarm. Dieses Mal könnte es anders sein. Erstens gilt zurzeit «whatever it takes» nicht nur für die Geld-, sondern auch für die Finanzpolitik. Wenn beides aus dem Ruder läuft, ist es nur eine Frage der Zeit bis die Inflation aus dem Tiefschlaf erwacht. Zweitens fliessen die Gelder in der aktuellen Situation vermehrt in die Realwirtschaft. Sie bleiben also nicht wie 2008 im Finanzsystem hängen, was nur zu steigenden Preisen bei den Vermögenswerten, insbesondere Immobilien und Aktien geführt hat, nicht aber bei Konsumgütern.

Drittens sind die langfristigen Zinsen und die Inflationserwartungen in den letzten Wochen, vor allem in den USA, bereits angestiegen. Werden die Zentralbanken weiter steigende Zinsen zulassen? Kaum, ich gehe davon aus, dass sie auch bei einer aufkeimenden Inflation die Zinsen tief halten werden, weil sie sich selbst in Gefangenschaft mit den verschuldeten Staaten begeben haben, für die höhere Zinsen untragbar wären.

Alles in allem: In der kurzen Frist droht keine Inflation, zumal gegenwärtig nur schwer abzuschätzen ist, wann die Corona-Rezession ad acta gelegt werden kann. Bereits in mittlerer Frist aber wird ein Nachfrageschub die Inflation wach küssen, kräftig gestützt durch billiges Geld und wohlwollende Parlamente. Einmal mehr hat die lange Frist keine Lobby, die Gegenwart schreit eben lauter als die Zukunft. 

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