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Immobilienmarkt im Banne von Covid-19

Das Coronavirus schüttelt Gesellschaft, Politik und Wirtschaft durch. Nicht nur in Bezug auf die Ansteckung, sondern auch betreffend der wirtschaftlichen Entwicklung macht sich Unsicherheit breit. Der Schweizer Immobilienmarkt kann sich diesen Einflüssen nicht entziehen. Der Markt für selbstbewohntes Wohneigentum wird die Krise jedoch gut meistern.

Wohnen
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14.05.20 - 16:27 Uhr
Je nach Segment sind die Aussichten im Immobilienmarkt unterschiedlich.
Je nach Segment sind die Aussichten im Immobilienmarkt unterschiedlich.
Pixabay

von Jan Christmann, Immobilienökonom (IRE/BS) sowie Inhaber der Top Living Immobilien AG, Lizenznehmer der Engel & Völkers Wohnen Schweiz AG

Die aktuellen behördlichen Massnahmen belasten die Wirtschaft stark und schränken das öffentliche und private Leben massiv ein. Die Einschränkungen werden in geringerem Umfang wohl bis ins 3. Quartal des laufenden Jahres hinein andauern. Gemäss der schweizerischen Konjunkturforschungsstelle (KOF) ist für mindestens zwei Quartale mit einem starken Rückgang sowohl des privaten Konsums als auch der Investitionen zu rechnen. 

Wohneigentum bleibt stabil

Wohneigentum ist beliebt und weiterhin attraktiv. Aufgrund der Unsicherheit kann es sein, dass – wie in früheren Krisenzeiten – kurzfristig Verkäufer, insbesondere aber Käufer zurückhaltend sind und sich Transaktionszeiten verlängern. Die leicht rückgängige Nachfrage kann zu temporärem Preisdruck führen. Das Bedürfnis nach Sicherheit und schönem Wohnumfeld dürfte durch die aktuelle Krise jedoch vermehrt Auftrieb erhalten. Das wird die Attraktivität von Wohneigentum erhöhen. Mittelfristig könnte auch die geminderte Zuwanderung rezessionsbedingt Druck auf die Preise ausüben. 
Solange aber die Unsicherheit anhält, dürften Bauentscheide teilweise sistiert oder verzögert werden. Damit geht das Angebot mittelfristig leicht zurück, was zu einer Stabilisierung beziehungsweise Erhöhung der Preise beitragen dürfte. Die rezessiven Tendenzen dürften dazu führen, dass die Zinsen weiterhin tief und die Finanzierung attraktiv bleibt. Aufgrund des schon jetzt zurückhaltenden Finanzierungsverhaltens der Banken und der grosszügigen Sicherheitsmargen bei der Tragbarkeitsberechnung ist nicht mit grossen Zahlungsausfällen zu rechnen. Notverkäufe sind kaum zu erwarten – allenfalls im unwahrscheinlichen Fall, dass die Krise länger andauert. Im Luxussegment könnte der Preisrückgang etwas stärker ausfallen, da Käufer von rückläufigen Aktienmärkten betroffen sein dürften. Auch Unternehmer und Firmeneigentümer könnten allfällige private Investitionen zugunsten von Sicherheitsmargen im Geschäft aufschieben.
Alles in allem gehen Fachleute sowohl bei Eigentumswohnungen als auch bei Einfamilienhäusern für die nächsten Monate von leicht sinkender Nachfrage und Preisen aus. Danach werden sich diese wie auch die Transaktionen stabilisieren beziehungsweise leicht ansteigen. Bei Zweitwohnungen als Luxusgut könnte die Erholungszeit etwas länger dauern.

Druck auf die Mietzinsen

Die Nachfrage nach Mietwohnungen in den Städten dürfte unvermindert hoch bleiben. An periphereren Lagen dürften die ohnehin schon steigenden Leerstände weiter zunehmen, ebenso der Druck auf die Mietzinsen. Dank Kurzarbeitsentschädigungen und gut ausgebauten Sozialwerken sind kaum Mietzinsausfälle zu erwarten. Ausnahme: das unterste Segment, wo Personen, die im Stundenlohn oder auf Abruf arbeiten, in Zahlungsschwierigkeiten kommen könnten. Aufgrund der gefalle-nen Aktienmärkte, den weiterhin tiefen Zinsen und dem Fehlen von echten Anlagealternativen dürften die Renditen tief bleiben. Das heisst, dass die Preise von Mehrfamilienhäusern mindestens stabil bleiben, eher aber leicht steigen dürften.

Gewerbeliegenschaften unter Druck

Hotellerie, Restaurants, Einzelhandel und Tourismus sind von der Krise am stärksten betroffen. Selbst wenn Umsatzeinbussen durch die staatlichen Massnahmen minimiert werden, ist trotzdem mit Zahlungsausfällen zu rechnen. Eigentümer werden wohl Mietzinsstundungen oder Mietzugeständnisse machen müssen. 
Auch Büromieter werden sich eher zurückhaltend bewegen und kaum Neuanmietungen tätigen. Coworking-Anbieter mit flexiblen Mietmodellen dürften unmittelbare Rückgänge erleben. Durch die Arbeits- und Reiseeinschränkungen wird der digitale Wandel beschleunigt, wodurch der Flächenbedarf pro Mitarbeiter weiter zurückgehen dürfte.
Mit steigender Unsicherheit und höheren Risiken dürfte ein Preisrückgang beziehungsweise eine Renditeerhöhung einhergehen. Jedoch fehlen aufgrund der sehr tiefen Zinsen Anlagealternativen. Immobilien mit laufenden Cashflows dürften darum weiterhin attraktiv bleiben. Durch die stark gefallenen Aktienmärkte könnten insbesondere institutionelle Investoren für die nächste Zeit als Käufer ausfallen.
Insgesamt ist im Investmentmarkt mit einem kurzfristigen Rückgang der Transaktionen und je nach Segment mehr oder weniger nachgebenden Preisen zu rechnen. Für opportunistische Investoren dürften sich durchaus Chancen ergeben.

Beschleunigter Strukturwandel

Die durch die Digitalisierung ausgelösten Erfahrungen werden gewisse Veränderungen beschleunigen. Der Onlinehandel wird Marktanteile gewinnen, der Einzelhandel kaum mehr auf das Niveau von vor der Krise zurückkehren. Bildungseinrichtungen und Unternehmen werden Onlineanwendungen im Griff haben und weiterentwickeln. Das wird zu reduzierter Flächennachfrage, aber auch zu vermehrtem dezentralem Arbeiten führen. Dadurch könnten sich neben dem Pendlerverhalten und der Attraktivität dezentraler Standorte auch die Anforderungen an flexibel nutzbare Wohnungen verändern.

Konkrete Folgen?

Selbstverständlich äussern sich die skizzierten Auswirkungen regional und nach Preissegment unterschiedlich stark und sind für die einzelnen Immobilien differenziert zu betrachten.
 

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