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ETH-Forscher ernten Wasser aus der Luft

Forscher der ETH Zürich haben ein Energie-neutrales System entwickelt, mit dem sich Wasser rund um die Uhr aus Luftfeuchtigkeit gewinnen lässt. Die Technologie stellten sie am Mittwoch in der Fachzeitschrift «Science Advances» vor.

Agentur
sda
23.06.21 - 20:00 Uhr
Wirtschaft
Auf dem Dach eines ETH-Gebäudes stellten die Forscher eine Pilot-Anlage ihrer Wasser-Ernte-Technologie auf. Damit gelang es ihnen, Wasser aus Luftfeuchtigkeit zu gewinnen. (Pressebild)
Auf dem Dach eines ETH-Gebäudes stellten die Forscher eine Pilot-Anlage ihrer Wasser-Ernte-Technologie auf. Damit gelang es ihnen, Wasser aus Luftfeuchtigkeit zu gewinnen. (Pressebild)
ETH Zürich / Iwan Hächler

Eine halbe Milliarde Menschen weltweit leben in Gebieten, wo ständig Wasserknappheit herrscht. Ein gewaltiger Süsswasserspeicher ist die Atmosphäre, die im Prinzip den Durst der ganzen Welt stillen könnte. Die Forscher um den ETH-Doktoranden und Maschinenbauingenieur Iwan Hächler vom Labor für Thermodynamik entwickelten nun eine Technologie, mit der sich dieses Reservoir zumindest in Regionen mit ausreichend hoher Luftfeuchtigkeit ohne Energiezufuhr anzapfen lässt.

Herzstück der Entwicklung ist eine Glasscheibe, an der Wasserdampf zu Tröpfchen kondensiert. Diese Wassertröpfchen perlen dank einer speziellen Beschichtung von der Oberfläche ab und träufeln in ein Sammelbecken.

Die Forscher demonstrierten an einer kleinen Pilot-Anlage auf dem Dach eines ETH-Gebäudes, dass sich unter idealen Bedingungen - hohe Luftfeuchtigkeit, wenig Wind, wenig Sonne - rund ein halber Deziliter Wasser pro Quadratmeter Scheibenfläche und Stunde gewinnen lässt, wie die Hochschule mitteilte.

Selbstkühlende Glasscheibe

Damit Wasserdampf kondensiert, muss die Scheibe kühler sein als die Luft - wie es der Fall ist, wenn im Winter Tropfen an eiskalten Fenstern hinunter rinnen. Einen Kühleffekt erzielte das Team, indem es die Glasscheibe wie ein Sandwich aus bestimmten Metallen und Polymeren aufbaute. Dieses Sandwich besitzt die Eigenschaft, dass es aufgenommene Wärme durch die Atmosphäre hindurch ins Weltall strahlt.

Zudem schützten die Forscher die Glasscheibe mit einem kegelförmigen Schild vor einfallender atmosphärischer Wärmestrahlung und der Sonne. Dadurch kühlte sie sich ohne Zutun auf bis zu 15 Grad unter die Umgebungstemperatur ab.

Kombination mit Entsalzungsanlagen

Um mehr Wasser aus der Atmosphäre zu gewinnen, bräuchte es grössere und mehr Glasscheiben nebeneinander. Die Limite sei hier einzig die dafür benötigte Fläche, sagte Hächler gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA: «Für die Herstellung sind weder teure noch seltene Rohstoffe nötig.»

Insbesondere in Regionen nahe am Meer würde die grüne Technologie die Wasserknappheit entschärfen, beispielsweise in Indien, Saudi-Arabien oder Israel. Hier wäre auch eine Kombination mit Entsalzungstechnologien von Meerwasser denkbar. In afrikanischen Ländern südlich der Sahara allerdings sei die Luftfeuchtigkeit zu gering, als dass sich die Wasser-Ernte aus der Luft mit dieser Technologie eigenen würde.

https://doi.org/10.1126/sciadv.abf3978

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