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Nur wenige Vögel leiden unter dem harten Winter

In letzter Zeit erreichten viele Meldungen von besorgten Bürgerinnen und Bürger die Vogelwarte in Sempach LU, wonach die Futterhäuschen schlecht besucht seien. Schwächt der besonders strenge Winter die Vögel, sodass ihnen die Kraft fehlt, sich Nahrung zu beschaffen?

Agentur
sda
27.01.21 - 08:51 Uhr
Wirtschaft
Der Eisvogel mag anders als es sein Name vermuten lässt keine frostigen Winter, da zugefrorene Gewässer den Weg zu ihrem Futter versperren. Aber einziger strenger Winter bedroht den Bestand des Vogels nicht. (Archivbild)
Der Eisvogel mag anders als es sein Name vermuten lässt keine frostigen Winter, da zugefrorene Gewässer den Weg zu ihrem Futter versperren. Aber einziger strenger Winter bedroht den Bestand des Vogels nicht. (Archivbild)
KEYSTONE/ALFRED SCHMIDT

In diesem Jahr bleibt auch im Flachland viel Schnee liegen. Für den Eisvogel, den Mäusebussard, die Schleiereule oder den Turmfalken machen zugefrorene Gewässer und geschlossene Schneedecken die Nahrungssuche denn auch schwer. Wie sich die aktuelle Situation auf den Bestand der Vögel auswirke, sehe man erst im Frühjahr, sagte Livio Rey, Mediensprecher der Vogelwarte Sempach, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Doch: «Nur weil Kleinvögel wie Finken und Meisen nicht zu den Futterhäuschen kommen, bedeutet das nicht, dass es ihnen schlecht geht oder sie gestorben sind», sagte Rey. Die Vogelwarte geht davon aus, dass viele Vögel bislang noch genügend Samen, Nüsse und Beeren von Büschen und Sträuchern stibitzen können. Vielleicht würden die Vögel den Futterhäuschen nach den ergiebigen Schneefällen nun wieder häufiger einen Besuch abstatten.

Vögel fliegen zu ihrer Nahrung

Trotzdem sei es möglich, dass einige Vögel den harten Winter nicht überleben würden. «Aber Bestände können sich nach einem einzelnen strengen Winter rasch wieder erholen», sagte er.

Tatsächlich haben sich die Vögel, die das ganze Jahr in der Schweiz bleiben, über Jahrtausende an das harsche Klima im Winter angepasst. Und: Die Fähigkeit zum Fliegen macht sie unabhängiger als andere Tiere. Ist die Nahrung knapp, fliegen sie kurzerhand an einen anderen Ort, wo ein besseres Angebot herrscht.

Beispielsweise könne ein Rotmilan in nur zwei Tagen nach Spanien fliegen und sich dort den Magen vollschlagen, sagte Rey. So zählten Freiwillige im Januar deutlich weniger Rotmilane als in anderen Jahren. Ein Zeichen dafür, dass einige Vögel vor dem strengen Winter flüchteten.

Bedrohte Zugvögel

Generell werden die Winter hierzulande milder. Darauf reagiert auch die Zugvogelwelt: Viele Vögel aus dem Norden überwintern seltener in die Schweiz, da in ihrem Brutgebiet die Gewässer nicht mehr zufrieren und sie dort deshalb genügend Nahrung finden. Umgekehrt bleiben einige ehemalige Zugvögel vermehrt in der Schweiz und ziehen nicht mehr nach Südeuropa.

Für das langfristige Überleben aller Vögel seien denn auch nicht strenge Winter das Problem, sondern durch den Menschen beeinträchtigte Lebensräume, in denen der Bruterfolg geringer ist, so Rey.

Bergvögel kommen gut zurecht

Auch Bergvögeln wie dem Alpenschneehuhn macht die momentane Wetterlage nichts aus. Sie sind kalte Winter gewöhnt und finden in hohem Schnee genügend Nahrung. Doch werden sie von Freeridern, Skitourenläufern oder Schneeschuhwanderern abseits von ausgewiesenen Routen gestört, benötigen sie wertvolle Energie, die ihnen bei der Aufzucht ihrer Jungen oder der Flucht vor Feinden fehlt, wie Rey erklärte.

Ebenfalls machen ihnen die immer wärmeren Temperaturen im Zuge des Klimawandels zu schaffen. Anders als beispielsweise der Buchfink kann ein Alpenschneehuhn nicht woanders hin, um zu brüten. So seien die Bergvögel auf eine intakte Landschaft in den Alpen angewiesen. Auch trage die Schweiz eine Mitverantwortung, den Klimawandel zu bremsen, um den Fortbestand der bedrohten Bergvögel zu gewährleisten, so Rey.

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