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Studentin untersucht den «Linthwind»-Konflikt

Melanie Bachmann macht ihren Studienabschluss in Konfliktmanagement.
Als Untersuchungsobjekt dient ihr die aktuelle Auseinandersetzung um
das geplante Windkraftwerk in der Linthebene. Dazu ist sie auf die Mithilfe
der Bevölkerung angewiesen.

Daniel
Fischli
05.10.18 - 10:30 Uhr
Wirtschaft
«Beide Seiten argumentieren mit der Natur»: Melanie Bachmann sieht eine gemeinsame Basis der Beteiligten.
«Beide Seiten argumentieren mit der Natur»: Melanie Bachmann sieht eine gemeinsame Basis der Beteiligten.
SASI SUBRAMANIAM

Wie stark gehen die Meinungen in der Bevölkerung zum geplanten Windkraftwerk «Linthwind» auseinander? Dieser Frage geht die Studentin Melanie Bachmann in ihrer Abschlussarbeit in Konfliktmanagement nach. «In andern Ländern polarisiert die Windenergie stark», sagt Bachmann, «ich möchte untersuchen, wie gross die Polarisierung in der Linthebene ist.» Das sei insofern interessant, als mindestens ein Teil der betroffenen Bevölkerung – nämlich die Stimmbürger von Glarus Nord – im nächsten Jahr zum Projekt Ja oder Nein sagen könnten. Kein direktes Mitspracherecht haben dabei die Bürger von Schänis und Benken – beide Gemeinden hatten gegen die Nutzungsplanung von Glarus Nord Einsprache erhoben.

Für einen Teil ihrer Untersuchung hat Bachmann eine kurze Online-Umfrage aufgeschaltet. Die Mithilfe der Bevölkerung ist gefragt; die Umfrage läuft noch bis Sonntag, 7. Oktober. «Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen teilnehmen», so Bachmann. Die Antworten bleiben anonym und werden vertraulich behandelt. Die Arbeit wird zuletzt, noch vor der Abstimmung an der Gemeindeversammlung vom nächsten Juni, veröffentlicht.

Strikt neutral

Die Forscherin achtet peinlich darauf, selber nicht Stellung zum Projekt zu nehmen. Sie steht in Kontakt sowohl zu den Promotoren von «Linthwind», der St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke AG, als auch zu den Gegnern im Verein «Linth gegen Wind». «Meine Arbeit soll das Projekt weder bekämpfen noch unterstützen», betont Bachmann. Es gehe alleine darum, die Situation zu analysieren und nicht etwa darum, die Akzeptanz des Projektes in der Bevölkerung zu erhöhen.

Ihren Studienabschluss macht Bachmann in einem Land, das eine lange und leidvolle Erfahrung mit Konflikten hat, nämlich in Südafrika. Die Nelson-Mandela-Universität in Port Elizabeth bietet eine Ausbildung in «Conflict Transformation and Management» an.

«Wenn man richtig mit Konflikten umgeht, können sie auch produktiv sein.»
Melanie Bachmann, angehende Konfliktmanagerin

Bachmann wohnt im Zürcher Oberland und hat schon einen Studienabschluss in Umweltnaturwissenschaften der ETH Zürich in der Tasche. Ihr Interesse an Konfliktmanagement ist dann bei ihrer Arbeit in einem Ingenieurbüro gewachsen, das Wasserkraftwerke plant. Ihr Zweitstudium in Südafrika hat sie vor anderthalb Jahren aufgenommen. In der Schweiz arbeitet sie für ihre Abschlussarbeit mit der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) zusammen. Dort hat man sie auch auf das Projekt Linthwind aufmerksam gemacht.

Eine Win-win-Situation anstreben

Konflikte seien eigentlich nichts Schlechtes, sagt Bachmann: «Wenn man richtig mit ihnen umgeht, können sie auch produktiv sein.» In einer Demokratie entstehe aber das Problem, dass eine Abstimmung – wie sie bei «Linthwind» ansteht – zwangsläufig neben Gewinnern auch Verlierer produziere. Sie möchte als Ergebnis ihrer Untersuchung einen Vorschlag formulieren, wie negative Folgen für alle Beteiligten minimiert werden könnten.

Bachmann hat beobachtet, dass im bisherigen Verlauf des Konfliktes um das Windkraftwerk die Akteure wenig miteinander reden. Es gebe etwa zwar Informationsveranstaltungen von beiden Seiten, aber keine gemeinsamen. Dabei sei das Bedürfnis der Bevölkerung nach unvoreingenommenen Informationen gross. Und es wäre eigentlich eine gemeinsame Basis vorhanden: «Das Interessante an Konflikten um die Windenergie ist, dass beide Seiten mit dem Schutz der Natur argumentieren.»

Hier gehts zur Umfrage!

Das Projekt Linthwind
Über die Nutzung des Windes für die Produktion von Strom in der Lintheben spricht man seit 1999. Damals hat der Kanton Glarus eine erste Studie in Auftrag gegeben. Im Juli 2016 ist das vorher private Projekt «Linthwind» von der St. Gallisch Appenzellischen Kraftwerke AG (SAK) übernommen worden. Die SAK gehört den Kantonen St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden. Die SAK will 2020 mit den Bauarbeiten starten und rechnet mit einer Bauzeit von rund einem Jahr. Geplant sind an zwei Standorten vier oder fünf Windturbinen. Deren Höhe inklusive Rotor wird mit maximal 200 Metern angegeben.

Daniel Fischli arbeitet als Redaktor bei den «Glarner Nachrichten». Er hat Philosophie und deutsche Sprache und Literatur studiert. Mehr Infos

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