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Ansässige Mieter kritisieren die Zeughaus-Pläne der Stadt

Die Stadt Rapperswil-Jona möchte das Zeughausareal entwickeln und aufwerten. Doch die jetzigen Mieter haben keine Ahnung, was längerfristig dort geplant ist – und warten noch immer auf neue Mietverträge.

Jérôme
Stern
04.10.18 - 04:35 Uhr
Wirtschaft

Die Entwicklung des Zeughausareals in Rapperswil-Jona verlockt zu schönsten Träumen: Die Stadt hat unter dem Namen «Vision» einen hochfliegenden Plan kreiert. Drei Schwerpunkte hat die Stadt gemeinsam mit den Planungsspezialisten des Büros «Kontextplan» bestimmt: Als Treffpunkt, «Stadtlabor» und für urbanes Wohnen soll das Areal zukünftig genutzt werden, wie die Stadt mitteilt. Was dies genau bedeutet, ist zurzeit allerdings noch unklar. Definitiv ist einzig, dass der Kulturcontainer und das Jugendzentrum hier eine neue Heimat finden werden.

Neuer Verein kritisiert die Pläne

Im Juni lud die Stadt Interessierte zur Mitwirkung ein. Dabei sollten Ideen gesammelt werden. Zur Umsetzung der Vorschläge rief die Stadt die sogenannte Steuerungsgruppe ins Leben. Anschliessend entwickelten Arbeitsgruppen die Ideen weiter.

Eine dieser Gruppen ist der Verein Zeughausareal Rapperswil-Jona. Dessen Präsident ist Alanus Lüber Oesterle, der zugleich als Lehrer an der Kunstschule Rapperswil auf dem Zeughausareal arbeitet. Er kritisiert die Pläne der Stadt: «Grundsätzlich hinterfragen wir die Absicht einer dreiteiligen Nutzung des Areals.» Sein Verein fände es nicht sinnvoll, dass auf dem Areal auch Wohnungen entstehen sollen. Hintergrund der Kritik ist, dass die Stadt den östlichen Teil des Areals für «urbanes Wohnen» reserviert hat.

Verpasste Chance

Für Oesterle und seinen Verein vergibt die Stadt damit eine grosse Chance: «Hier könnte man stattdessen lebendige Begegnungsorte mit einem breiten Nutzermix schaffen. Zumal gleich daneben an der Neuen Jonastrasse genügend neue Wohnungen entstehen.» Oesterle hoffe, dass die Steuerungsgruppe diesen Aspekt nochmals überdenkt. Ein weiterer Punkt, der Oesterle  irritiert, ist die Tatsache, dass die Mietverträge der Arealnutzer per Ende Jahr auslaufen – und die versprochenen neuen befristeten Verträge bis jetzt auf sich warten lassen. Sowohl die Kunstschule wie auch die anderen Arealnutzer wissen zurzeit nicht, ob und wann die neuen Verträge endlich kommen.

Mit einer Ausnahme: Die Nutzer der Büroräume auf dem Areal haben ihre neuen Mietverträge schon erhalten. Deren Mieten wurden notabene um fünf Jahre verlängert. Für Oesterle ist klar: «Das jetzige Vorgehen der Stadt ist überhastet. Momentan ist beim Zeughausareal alles in der Schwebe.» Die Nutzer würden zwar gewisse Leitplanken kennen, doch die genaue Richtung und das weitere Vorgehen seien unklar. Statt einfach abzuwarten, hat sein Verein der Steuerungsgruppe Vorschläge zur Belebung des Areals gemacht. «Wir würden den Parkplatz des Restaurants ‘Bunkerli’ gerne begrünen und dort Konzerte veranstalten.» Da die Beiz auf Ende Jahr schliesse, wäre dies laut Oesterle problemlos möglich.

Wohin mit den Bikes?

Nik Heer betreibt auf dem Zeughausareal zusammen mit drei Kollegen seit 14 Jahren die Motorradwerkstatt Young Guns. Ihre umgebauten Zweiräder geniessen innerhalb der Biker-Szene international hohes Ansehen. Für ihn und seine Mitarbeiter ist die Situation noch ärger: Ihre Werkstatt muss Ende Jahr definitiv dem neuen Jugendzentrum weichen. Wo Heer nächstes Jahr an den Bikes arbeiten wird, weiss er zurzeit noch nicht. «Die Stadt hat uns zwar alternative Räumlichkeiten zugesichert, doch bis jetzt hat sich nichts daraus ergeben», sagt Heer.

Er arbeite sehr gerne hier und würde am liebsten bleiben. «Die Entwicklung des Areals liegt mir am Herzen», so Heer. Leider sei die momentane Situation «ziemlich undurchsichtig».
Glasklar hingegen ist, dass er vor wenigen Tagen der Steuerungsgruppe einen Vorschlag gemacht hat: «Wir haben ein Konzept für einen gastronomischen Betrieb auf dem Areal ausgearbeitet.» Heer ist sich sicher, dass ein solches Lokal erfolgreich sein könnte. Zumal dies nicht sein erster Abstecher in die Gastronomie wäre. «Wir haben in unserer Werkstatt 18 Monate lang ein Vereinslokal betrieben und damit sehr positive Erfahrungen gemacht.»

Neue Räume für die «Young Guns»

Markus Naef, Projektleiter Stadtplanung, leitet die Steuerungsgruppe für das Zeughausareal. Er räumt ein, dass es bei den neuen Mietverträgen zu Verzögerungen gekommen ist.
«Wir mussten zuerst definieren, welche Flächen wir für den Entwicklungsplan brauchen und welche weiterhin zur Verfügung stehen werden», so Naef. Er versichert, dass die Betroffenen demnächst die versprochenen Verträge erhalten werden. Zugleich betont er, dass die Stadt für Nik Heers Motorradwerkstatt neue Räume innerhalb des Areals finden werde.

Jugendzentrum verzögert sich
Zunächst sah alles so einfach aus: Im Frühling bejahten die Stimmbürger einen Kredit von drei Millionen Franken für das neue Jugendzentrum auf dem Zeughausareal. Doch vor einem Monat legte das
St. Galler Verwaltungsgericht sein Veto ein. Konkret untersagte das Gericht der Stadt, Verträge mit dem Planungsbüro Piceci abzuschliessen. Grund dafür ist, dass die Stadt bei der Vergabe der Planungsarbeiten nicht korrekt vorgegangen ist. Dies weil sie das Architekturbüro Piceci schon mit dem Vorprojekt für das Jugendzentrum beauftragt hatte. Bei der Vergabe der nächsten Planerarbeiten konnte das Büro die Arbeit ohne die Kosten des Vorprojekts offerieren. Dies war den anderen Büros jedoch nicht möglich. Klar, dass das Büro Piceci mit seiner weitaus günstigeren Offerte den Zuschlag erhielt. Bis das Gericht ein definitives Urteil über die Vergabe fällt, dürfte laut Bauchef Thomas Furrer mindestens ein halbes Jahr vergehen. Das bedeutet, dass das Jugendzentrum nicht 2019, sondern frühestens 2020 eröffnet werden kann.

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