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Das Unterengadin handelt heute für die Zukunft

Der Klimawandel hat Folgen für das Unterengadin. Experten warnen vor Engpässen bei der Wasserversorgung. Die Stiftung Pro Terra Engiadina hat deswegen ein Wassermanagement-Projekt lanciert.

08.04.18 - 22:19 Uhr
Tourismus
Koordiniertes Wassermanagement: Das Unterengadin muss mit dem Wasser gut haushalten, wenn es in Zukunft knapper wird.Pressebild
Koordiniertes Wassermanagement: Das Unterengadin muss mit dem Wasser gut haushalten, wenn es in Zukunft knapper wird.Pressebild

Der Wintertourismus ist auf gute Schneeverhältnisse angewiesen, die Elektrizitätswirtschaft auf stabile Wasserverhältnisse. Die Landwirtschaft benötigt fruchtbares Kulturland mit genügend Niederschlägen, und die Menschen brauchen eine sichere Trinkwasserversorgung. Die Abhängigkeit des Unterengadins von der Ressource Wasser ist beträchtlich, die Nutzungsinteressen sind vielfältig.

Gemäss Studien zum Klimawandel in der Schweiz werden Gebiete, welche heute noch einen grossen Anteil an Schneebedeckung und Gletschern aufweisen, langfristig empfindlich auf die Klimaveränderung reagieren. In der Strategie des Bundes zur Anpassung an den Klimawandel wurde das Engadin als «Gebiet mit zunehmender Sommertrockenheit» bezeichnet. Mit dem Klimawandel ergeben sich im alpinen Trockental grosse Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, ist proaktives Handeln gefragt.

Mit kantonalem Pilotcharakter

Und genau dies hat die Pro Terra Engiadina (PTE) vor. Die Stiftung wird von den Unterengadiner Gemeinden getragen. Die PTE hat in ihrer Strategie einen Schwerpunkt auf die Schutz- und Nutzungsplanung im Bereich Wasser/Wasserwirtschaft gesetzt. Dazu ist vor zweieinhalb Jahren das Projekt «Integrales Einzugsgebietsmanagement Inn» lanciert worden.

«Bei diesem Vorhaben handelt es sich um ein für unsere Region wichtiges Zukunftsprojekt, welches auch kantonalen Pilotcharakter aufweist», erklärt die operative Projektleiterin Angelika Abderhalden.

Konkret geht es um ein Wassermanagement, also um eine bereichsübergreifende Bewirtschaftung der Wasserressourcen, der Gewässer und der Wasserinfrastrukturen. Dass Handlungsbedarf besteht, ist unbestritten. In der Landwirtschaft haben die Trockenjahre das Bedürfnis zu bewässern massiv gesteigert. Die zunehmend schneeärmeren Winter haben das Thema Beschneiung ins Zentrum gerückt. Der Druck, Seitengewässer für die Energiegewinnung zu nutzen, ist gestiegen. Und auch eine sichere Trinkwasserversorgung der Bevölkerung und der Touristen wird zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Förderung der ökologischen Vernetzung und Durchgängigkeit des Inns ist ein anderes wichtiges Anliegen.

«Es handelt sich um ein für unsere Region wichtiges Zukunftsprojekt mit kantonalem Pilotcharakter.» Angelika Abderhalden
Operative Projektleiterin

Die Thematik Wasser ist komplex, die Nutzungsinteressen sind vielfältig. Ziel des Projekts ist eine nachhaltige Planung und Koordination der Wassernutzung mit den zahlreichen Anspruchsgruppen im Einzugsgebiet des Inns. Auch sollen Zukunftsmodelle für die Nutzungsmöglichkeiten des Wassers entwickelt werden. «Das Unterengadin ist eine sehr fortschrittliche Region, die bereit ist, bereits heute für die Zukunft zu denken», meint Abderhalden.

Einladung zur Sprechstunde

Beim Projekt soll mit allen Interessensvertretern nach nachhaltigen Lösungen gesucht werden, um Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren. Deswegen wurden im vergangenen Herbst in einem ersten Schritt Workshops mit den Vertretern dieser Gruppen durchgeführt. Die Idee dahinter ist, die unterschiedlichen Bedürfnisse und die künftigen Anforderungen aufzunehmen, den Puls zu fühlen. «Es geht auch darum, zu prüfen, wo Synergien entstehen und wo der Wasserkonsum reduziert werden könnte», erläutert Abderhalden.

Bei den Workshops ging es zudem um die Diskussion an sich. Auf Basis der Ergebnisse der Workshops soll eine Grundlage für künftige regional abgestimmte Planungsmodelle für eine nachhaltige Wasser-Bewirtschaftung geschaffen werden.

«Die Thematik betrifft uns alle», sagt Abderhalden. Das Interesse am Projekt ist im Tal gross. Deswegen bietet die Projektleitung nun während der kommenden zwei Wochen öffentliche Sprechstunden an. «Ich hoffe, dass ein reger Austausch entsteht, denn je mehr Leute kommen, desto mehr Ideen können wir sammeln», sagt die Projektleiterin.

Die Sprechstunden finden im Gemeindehaus Scuol im 1. Stock statt. Heute Montag von 14 bis 16 Uhr und morgen Dienstag, 10 bis 12 Uhr, sowie kommende Woche am 16. und 17. April von 10 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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