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Monsieur Biathlon sagt Adieu und Au revoir

Mit Martin Fourcade stellt ein Ausnahme-Athlet das Gewehr und die Langlaufski in die Ecke.

Agentur
sda
14.03.20 - 18:25 Uhr
Schneesport
Martin Fourcade tritt als Sieger ab.
Martin Fourcade tritt als Sieger ab.
KEYSTONE/EPA/KIMMO BRANDT

Der Franzose bleibt für seine einmaligen Erfolge und den Kampf gegen Doping in Erinnerung. Ganz von der Bildfläche wird er nicht verschwinden.

Fourcade ist ein herausragender Champion, ein natürlicher Führer und ein Mann mit Überzeugungen. Seine Rücktritts-Ankündigung am Freitagabend vor dem letzten Rennen der Saison kam für viele überraschend. Womöglich wollte er sich auch vom Druck befreien, denn am Samstagnachmittag winkte ihm in Kontiolahti in der Verfolgung noch die kleine Chance, den Overall-Titel ein achtes Mal zu gewinnen. Tatsächlich wurde es nochmals spannend, doch behielt der Norweger Johannes Thingnes Bö die Oberhand.

Fourcade stammt aus den Pyrenäen, konkret aus dem in der Nähe von Perpignan liegenden Céret. Der 31-Jährige dominierte im vergangenen Jahrzehnt die Sportart. Sieben Gesamtweltcup-Siege in Serie schaffte nicht einmal der Norweger Ole Einar Björndalen, der mit 95 Triumphen ohne Staffeln gegenüber den 83 von Fourcade in dieser Statistik noch etwas besser dasteht. Die weiteren Eckdaten Fourcades: fünfmal Olympiasieger, 13 Mal Weltmeister, zweimal Olympia-Silber, zehnmal WM-Silber und fünfmal WM-Bronze.

Unwiderstehlich auf Skiern und mit chirurgischer Effizienz beim Schiessen war in Fourcades besten Zeiten kein Kraut gegen den Franzosen gewachsen. Insbesondere in taktischen Rennen wie in der Verfolgung oder im Massenstart spielte er mit der Konkurrenz. «Ich gewann in meiner Karriere viel mehr, als ich gedacht hatte. Wenn ich einen Tag nicht gewonnen habe, dann eben am nächsten», beschrieb er einst diese Phase der Karriere. Das Gelbe Trikot, von dem er sagt, dass dieses sieben Jahre wie eine zweite Haut gewesen sei, trägt nun aber den zweiten Winter in Folge Johannes Thingnes Bö.

Im Winter 2018/19 büsste Fourcade seine Dominanz ein, wurde er bloss Weltcup-Zwölfter. In dieser Saison stellten sich die Siege erst im Januar wieder ein, als Bö den Vaterschaftsurlaub einzog und zwei Weltcup-Destinationen ausliess. Immerhin trumpfte der 31-jährige Franzose im Februar an den Weltmeisterschaften in Antholz als Weltmeister im Einzel und in der Staffel sowie als Dritter im Sprint nochmals auf.

Kampf für sauberen Sport

Fourcade verschaffte sich mit seinem Charisma und dem scharfen Blick auf die Welt des Sports auch abseits der Arenen Respekt. Der Vater zweier Töchter ist seit Jahren Wortführer im Anti-Doping-Kampf. Nach den Enthüllungen des McLaren-Berichts, der ein institutionalisiertes Dopingsystem in Russland aufdeckte, drohte er mit einem Boykott der Weltmeisterschaften 2017. Im Vorfeld zwang er den Weltverband IBU zu einem ausserordentlichen Kongress, um die Sanktionen gegen Betrüger zu verschärfen.

Fourcade unterstützte öffentlich den Entscheid des IOC, Russland von den Olympischen Spielen 2018 auszuschliessen. In den sozialen Netzwerken zeigte er mit dem Finger insbesondere auf Alexander Loginow, der von einer Dopingsperre zurückgekehrt war. Weil an der WM 2017 in der Staffel auch Russland mit Loginow auf dem Podest stand, verliess Fourcade die Flower Ceremony, die unmittelbar nach einem Rennen stattfindet, unter Protest. Die Russen verweigerten ihm anschliessend bei der Siegerehrung den Handschlag.

Dem Sport erhalten bleiben

Fourcade wird nicht ganz von der Bildfläche verschwinden. Er hat den Vorsitz der Athletenkommission der Olympischen Spiele 2024 in Paris inne. «Die Leidenschaft für meinen Sport ist intakt. Meine Liebe zum Sport im Allgemeinen und zu den Werten, die er vermittelt, nämlich sich selbst zu übertreffen und andere zu respektieren, ist grösser denn je. In diesem Universum möchte ich mich weiterhin ausdrücken und engagieren», sagte er gegenüber französischen Medien.

Die Dominanz von Bö hat bei Fourcade womöglich den Rücktrittsentscheid beschleunigt. Er kann mit gutem Gewissen an eine neue Generation übergeben. Die Talente scheinen den Franzosen nicht auszugehen, das unterstreicht die Staffel-Goldmedaille in Antholz. Unter den Top 6 der Welt figurieren neben Fourcade mit Quentin Fillon Maillet, Emilien Jacquelin und Simon Desthieux drei weitere Franzosen.

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