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«Es ist schön, dass der Schwingsport eine solche Resonanz geniesst»

Geduld brauchte es, als sich Armon Orlik im Mai beim Aargauer Kantonalen gegen Bruno Gisler am Nacken verletzte und einen spinalen Schock erlitt. Nichtsdestotrotz konnte der Maienfelder zwei Saisonsiege feiern und wurde im Juni als Bündner Sportler des Jahres 2017 ausgezeichnet. Ein Interview.

04.12.17 - 04:30 Uhr
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Armon Orlik
Schwinger Armon Orlik mit dem Bündner Sport Jahrbuch 2017. Fotografiert am 28. November 2017 Bild Yanik Bürkli
Yanik Buerkli

Armon Orlik aus Maienfeld führt zusammen mit dem Thurgauer Samuel Giger die junge Generation der Ostschweizer Schwinger an. Nach einer Saison mit grossem Verletzungspech will der 22-Jährige zu alter Stärke zurückfinden. Das Training für die nächste Saison hat er bereits aufgenommen – und sich neue, ehrgeizige Ziele gesteckt.

Armon Orlik, Sie halten das vor wenigen Tagen erschienene «Bündner Sportjahrbuch 2017» in Ihren Händen. Was löst das in Ihnen aus?

Zusammen mit Jasmin Nunige und Mauro Caviezel auf dem Titelbild dieses Buches zu sein, das ist toll. Ich werde natürlich alles genau lesen. Bei mir ist es in den letzten Jahren immer ein wenig aufwärtsgegangen. Schon vor drei, vier Jahren habe ich auf dem Schwingplatz gute Leistungen gezeigt. Seither sind sie stets besser geworden. 2016 waren sie sogar ausgezeichnet.

2016 gewannen Sie nicht weniger als sechs Kranzfeste. Sie standen beim «Eidgenössischen» gegen den Berner Matthias Glarner im Schlussgang. Sie wurden als Schwinger des Jahres, als Newcomer des Jahres und im Juni auch als Bündner Sportler des Jahres 2017 geehrt. Mehr geht nicht.

Ich bin dankbar für jede Auszeichnung. Es ist schön, dass der Schwingsport in der breiten Bevölkerung eine solche Resonanz geniesst. Wenn ich denke, wie andere Sportler um jeden Zuschauer buhlen müssen, ist das ein Segen – auch für mich.

Dario Cologna, Carlo Janka, Nino Schurter und Nino Niederreiter sind nur vier Namen, die vor Ihnen als Bündner Sportler des Jahres geehrt worden.

Wie gesagt, die Auszeichnung bedeutet mir viel. Wenn man sich die Siegerliste anschaut, dann ist das ein illustrer Rahmen. Es sind Athleten aus verschiedenen Sportarten. Diese Auszeichnung hat auch Tradition. Bündner Sportler des Jahres zu sein, ist ein Ziel, das jeder Athlet anstreben sollte.

Im bald zu Ende gehenden Jahr hatten Sie klar weniger Glücksmoment als ein Jahr zuvor.

Das ist so, ja. Zuvor ging es immer steil bergauf Auch im Frühjahr lief noch alles gut. Dann kam das «Aargauer» mit der Nackenverletzung, die mich aus der Bahn geworfen hat. Das hat bei mir eine Kettenreaktion ausgelöst. Es war eine mentale Geschichte, eine Herausforderung. Im Nachhinein, wie soll ich es sagen … (Überlegt.) Im Nachhinein habe ich davon gelernt. Es ist das Schöne im Sport, dass man aus Fehlern lernen kann. Und was habe ich daraus gelernt? Dass man trotz einer Verletzung seinen Weg gehen soll. Man muss immer den vollen Einsatz geben.

Trotz der Zwangspause war Ihre Saison nicht schlecht. Das «Thurgauer» und das «Bündner-Glarner» konnten Sie gewinnen. Beim «Nordostschweizerischen» in Davos standen Sie im Schlussgang. Auf der Schwägalp landete Sie auf Platz 2. Beim Unspunnenfest scheiterten Sie im fünften Gang an Joel Wicki und mussten mit einer Rippenverletzung aufgeben.

Es ist mir in Interlaken ganz gut gelaufen. Nach dem Anschwingen gegen Matthias Sempach konnte ich Bruno Linggi, Christian Gerber und Kilian Wenger bezwingen. Nach dem vierten Gang dachten wir, dass es klappen würde. Das war ein Irrtum. So ist der Sport. Das muss ich akzeptieren. Ich habe gegen Wicky schon gewinnen können. Eigentlich liegt er mir. Nun ist es halt auf die andere Seite gekippt.

So sprach man in Interlaken für einmal nicht von Ihnen, sondern von Ihrem Bruder Curdin.

Ja, Curdin hat am Unspunnenfest die Familienehre gerettet (schmunzelt). Nein, es war gut so. So sprach man weniger von meiner Verletzung und mehr von Curdin. Ich habe das meinem Bruder von Herzen gegönnt. Schade, hat es nicht ganz gereicht. Ich hätte lieber ihn als Christian Stucki gewinnen sehen.

Ihr Bruder hat vor Ihnen seine ersten Kranzfeste gewonnen. 2014 siegte er am «Freiburger» und am «Walliser». Das löste in Ihnen zusätzliche Motivation aus. Stimmts?

Ja, natürlich. Das war so. Meine Brüder haben schon immer vorgelegt. Sie waren schneller, stärker und besser. Ich musste mir alles erarbeiten. Diese Motivation brauchte ich. Sie tat mir gut. So funktioniere ich. Für ich war auch die Niederlage im NOS-Schlussgang in Davos gegen Samuel Giger gut. Sie motiviert mich, noch härter zu trainieren und besser zu werden.

Schauen wir in die Zukunft. Sie planen Ihre Trainings akribisch. Was werden Sie im Hinblick auf die nächste Saison anpassen?

Es gibt Änderungen. Im technischen Bereich waren ich und auch meine Trainer mit der Bodenarbeit nicht zufrieden. Das hatte ich im Jahr zuvor besser gemacht. Wenn ein Kampf auf der Kippe steht, kann das entscheidend sein. Darum muss ich am Boden mehr arbeiten und meinen Oberkörper stärken. Es ist wichtig, dass man möglichst ermüdungsresistent ist.

Noch mehr, noch besser – geht das?

Das geht immer. Grundsätzlich will ich wieder so trainieren, wie ich das vor der Saison 2016 getan habe. Damals begann ich später mit der Ausdauer. Die Formkurve und das Stehvermögen werden dadurch für die wichtigsten Feste aufgebaut. In diesem Jahr versuchte ich, die Formkurve über die gesamte Saison hochzuhalten. Das war zu schwierig.

Im Kalender 2018 fehlt das ganz grosse Fest. Eine Zwischensaison mit reduziertem Aufwand schalten Sie trotzdem nicht ein. Warum?

Es gibt Schwinger, die das so tun. Für mich ist das nichts, das steht nicht zur Diskussion. Ich gehe Vollgas weiter.

Ein Höhepunkt dürfte das Bergfest auf der Schwägalp werden. Dort treffen Sie auf die stärksten Berner und Innerschweizer Schwinger.

Die Schwägalp ist wichtig, wie jedes Jahr. Dort will ich in Höchstform antreten. Jedes Fest hat aber seinen Reiz. Das NOS ist ein Jubiläumsfest und damit mit je drei Gästeschwingern aus allen Teilverbänden besetzt. Auch auf den Bergen will ich gut sein. Den Rigi-Kranz hab ich noch nicht. Das «Weissenstein» habe ich 2016 gewinnen können. Bruno Gisler wird dort zudem sein letztes Fest bestreiten. Gerne würde ich mit ihm nochmals zusammengreifen. Nicht wegen des Unfalls am «Aargauer». Ich habe mich mit dieser Sache versöhnen können.

Und das Bündner Kantonale?

Klar, auch dieses Fest ist wichtig. Dort will ich immer gut sein. Ich habe dort langsam einen Titel zu verteidigen, habe es zweimal gewinnen können. In Arosa anzutreten, darauf freue ich mich. Viele Schwingfeste haben im Schanfigg noch nicht stattgefunden. Das macht diesen Anlass schon speziell – und interessant.

Allenfalls treffen Sie in Arosa auf Ihren für den Berner Verband schwingenden Bruder Curdin?

Im Schlussgang vielleicht, ja. Am Sertig sind wir schon einmal zusammen im Sägemehl gestanden. Möglich ist es. Das wäre eine schöne Sache, klar.

René Weber ist Leiter Sport Online/Zeitung. Er führt die Online- und Printredaktion der Zeitungen «Südostschweiz» und «Bündner Tagblatt» sowie des Portals «suedostschweiz.ch». René Weber arbeitet seit dem Jahr 2000 für die Medienfamilie Südostschweiz. Er hat in dieser Zeit von Grossanlässen wie Olympischen Spielen. Ski-Weltmeisterschaften und Fussball-Weltmeisterschaften, aber auch von Kantonalturn- und Schwingfesten, regionalen Eishockey- und Fussballspielen oder von Schützenversammlungen berichtet. Seit der Gründung gehört er der Organisation des Bündner Sportnacht an. Mehr Infos

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