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Es gibt sie doch, die Orks

Was zehn Jahre in den Köpfen zweier American-Football-Spieler aus dem Glarnerland herumgeisterte, ist Realität geworden: Im Herbst sind die Glarus Orks geboren worden. Nun lernt das junge Footballteam mit hartem Training das Laufen.

Ruedi
Gubser
08.01.19 - 04:30 Uhr
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Der lange Weg zum Footballer: Die Glarus Orks trainieren unter Anleitung von Mauro Bühler hart, damit sie in eineinhalb Jahren in den Meisterschaftsbetrieb einsteigen können.
Der lange Weg zum Footballer: Die Glarus Orks trainieren unter Anleitung von Mauro Bühler hart, damit sie in eineinhalb Jahren in den Meisterschaftsbetrieb einsteigen können.
SASI SUBRAMANIAM

Wo sonst stampfende Hufe, lautes Schnauben oder sogar Wiehern zu hören sind, geben an diesem Abend 25 Männer den Ton an. Die Geräusche sind ähnlich: Nur, dass die Akteure mit Turnschuhen durch die Halle stampfen, vor Anstrengung laut schnaufen und lachend die kurzen Pausen geniessen. Es sind American-Football-Spieler, die sich im Sand der Reithalle des Reit- und Zuchtbetriebs Birchler in Bilten abmühen. Passend wäre, wenn es sich um die Calanda Broncos, die Nummer 1 im nationalen American Football handeln würde. Tun es aber nicht. Es sind 25 Mitglieder der Glarus Orks, die sich im Reich der Pferde schinden.

Aus der Fabelwelt

Glarus wer? Glarus was? Glarus Orks? Das Wort Ork bezeichnet eine fiktive Art nichtmenschlicher Wesen und leitet sich vermutlich von dem lateinischen Orcus (Unterwelt) ab. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff durch den britischen Schriftsteller John Ronald Reuel Tolkien wiederbelebt. Bekannt geworden sind die Orks vor allem durch die Filme «Herr der Ringe» und «Der Hobbit». Die Orks dienen den Mächten des Bösen als willige Vollstrecker. Unklar ist, wie Orks entstehen. Werden Sie geboren oder gebaut? Tolkien hält sich bei diesem Thema zurück und meint nur, sie würden gezüchtet. Das zur Fabelwelt.

Aus der Realität

Die Glarus Orks sind geboren worden: nämlich am 27. Oktober 2018. Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, die Sportart American Football in der Region zu fördern und bauen nun an einem Team, das 2020 zur Meisterschaft antreten kann. Den Namen haben sich die Vereinsgründer Mauro Bühler, Tim Grossenbacher, Luca Ragotti, Kevin Hefti und Goran Dujic – sie alle spielen oder spielten als Aktive oder Junioren bei den Calanda Broncos – nicht in erster Linie wegen den ihnen nachgesagten Eigenschaften roh, gewaltbereit und unzivilisiert zu sein, gewählt.

Die Namensgebung hängt stark mit den Calanda Broncos und deren Headcoach Geoff Buffum zusammen. Dieser bezeichnete die Glarner Spieler bei den Broncos als Glarner Orks. «Dieser Name entwickelte sich zum Running Gag, und ich dachte, mir: Wenn wir schon die Glarner Orks sind, soll das auch der Name des Vereins sein», betont Mauro Bühler. Das zur Realität.

Ein Traum hat sich erfüllt

Die Idee ein eigenes Glarner Team im American Football zu gründen, hatten Bühler und Tim Grossenbacher schon vor zehn Jahren gehabt. «Das war immer unser Traum gewesen. In dieser langen Zeit sprachen wir dieses Thema immer wieder an, ohne aber konkretere Schritte zu unternehmen», erwähnt Grossenbacher. Konkret an die Hand genommen wurde das Projekt schliesslich im vergangenen Sommer, nachdem Luca Ragotti, Kevin Hefti und Goran Dujic mit dem Wunsch nach einem eigenen Footballteam an Bühler und Grossenbacher herangetreten waren.

Und dann gings zügig vorwärts. Im August gab es das erste Training, zu dem Bühler zwölf Mitstreiter begrüssen konnte. «Für ein gutes Training sind 15 Leute nötig», sagt er. Angst, dass das Interesse an American Football zu klein wäre, musste Bühler aber nicht haben. Die Mund-zu-Mund- und Social-Media-Propaganda fruchtete. Bei der Gründung wiesen die Glarus Orks bereits 33 Mitglieder auf, Tendenz steigend.

«Die Neulinge müssen sich zuerst die Grundlagen aneignen. Deshalb machen Spiele noch keinen Sinn.»
Mauro Bühler, Mitgründer der Glarus Orks

«Ich freue mich ausserordentlich über das grosse Interesse an diesem tollen Sport. Es zeigt mir, dass er populär ist und das Bedürfnis besteht, ihn auszuüben», so Bühler. Auch ganz Junge könnten bei den Orks mittrainieren. «Wir führen aber keine Juniorenabteilung», meint Bühler.

Vorerst gilt sein Hauptaugenmerk dem Training. «Die Neulinge müssen sich zuerst die Grundlagen dieses Sports aneignen», erklärt Bühler. Es gebe vieles zu lernen. Deshalb mache es keinen Sinn, bereits Spiele zu bestreiten. «Die Spieler sind noch nicht bereit dafür und wissen beispielsweise nicht, wie man sich in den verschiedenen Situationen verhält. Das kann zu Frust oder Verletzungen führen. Und das will ich nicht.» Deshalb sieht der langfristige Plan zwei Trainings pro Woche vor, dies eineinhalb Jahre lang. Für 2020 ist dann der Start in die Meisterschaft geplant. Als neues Team beginnen die Orks dort in der Nationalliga C.

Idealer Trainingsort

Warum ausgerechnet in der Reithalle trainieren? «In den USA machen die American Footballer weite Reisen, um am Meer auf Sand zu trainieren, weil Sand eine ideale Unterlage ist», sagt Bühler. Das zweite wöchentliche Training absolvieren die Orks in der Lintharena in Näfels. Wo sie dereinst ihre Spiele austragen werden, ist offen. «Wir sind mit der Gemeinde Glarus Nord und dem FC Linth 04 in Kontakt», so Bühler, «ich hoffe, dass wir in Niederurnen werden spielen können.»

Mauro Bühler, der bei den Calanda Broncos vor seiner elften Saison steht, hofft, beim Projekt Glarus Orks auf die Unterstützung der Bündner zählen zu können. «Eine Möglichkeit wäre, dass einer der US-Coaches der Broncos periodisch Trainings bei den Orks leiten würde. Eine andere, dass Spieler der Orks bei den Broncos mittrainieren könnten und allenfalls bei Testpartien Spielzeit erhielten.» Eine solche Zusammenarbeit werde geprüft.

Kämpferische «Krieger»

In manchen Fantasywelten gelten die Orks als Kriegervolk mit ausgeprägten kämpferischen Fähigkeiten. In den meisten Fantasywelten kann man sie zu den Bösen zählen, dies meist in der Kategorie des Kanonenfutters. Das ist aus der Fabelwelt.

«Im American Football musst du 100 Prozent geben, sonst geht gar nichts», sagt Mauro Bühler. Deshalb will er in den nächsten eineinhalb Jahren seine Jungs zu «Kriegern» mit grossen kämpferischen Fähigkeiten heranzüchten, damit sie in den harten Duellen mit anderen Mannschaften kein Kanonenfutter sind. Das ist die Realität.

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