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Die Leichtigkeit verloren

In der Challenge League hat die siebenwöchige Winterpause begonnen. Dem FC Rapperswil-Jona kommt diese gelegen. Nach einem Topstart ist ein Sieg seit Ende September ausgeblieben. Das Polster auf den Abstiegsplatz beträgt nur noch drei Punkte.

Bernhard
Camenisch
18.12.18 - 23:09 Uhr
Fussball

Es läuft beim letzten FCRJ-Auftritt des Jahres die 50. Minute. Im Auswärtsspiel gegen den Leader Servette vergibt Lavdrim Rexhepi die riesen Chance, sein Team mit 2:0 in Führung zu bringen. Keine Minute später gleichen die Genfer aus – mit einem Eigentor von Joël Schmied bei dessen Liga-Debüt. Der FCRJ verliert letztlich 1:4.

Die Szenen kurz nacheinander in den beiden Strafräumen waren am letzten Freitag sinnbildlich für den FC Rapperswil-Jona der vergangenen Wochen. Die Leichtigkeit des Seins und Siegens ist ihm abhandengekommen. Es ist ein Zustand, wie er seit dem Spätsommer 2013 in diesem Ausmass nie mehr vorgekommen ist – egal, ob in der 1. Liga, der Promotion League oder im Premierenjahr in der Challenge League. Captain Jonas Elmer stellt aber klar: «Eine Krise ist das nicht. Wir sind immer noch voll dabei, denn das Saisonziel lautete stets Ligaerhalt.»

In der Tabelle durchgereicht

Der FCRJ hat sich mit 18 Punkten aus den ersten 18 Spielen in die Winterpause verabschiedet. Das sei eher wenig, beurteilt Elmer. Er zieht den Vergleich zur Vorsaison, als zum selben Zeitpunkt 23 Zähler zusammengekommen waren. Bei Saisonhälfte nehmen die Rapperswil-Joner den achten Tabellenplatz ein, haben den Aufsteiger Kriens (16 Punkte) und das Schlusslicht Chiasso (15) hinter sich und halten mit acht Punkten Rückstand auf Rang 5 Kontakt zum Mittelfeld. 

«Eine Krise ist das nicht. Wir sind immer noch voll dabei, denn das Saisonziel lautete stets Ligaerhalt.»
Jonas Elmer, FCRJ-Captain

Die Entwicklung geht aber nicht in die gewünschte Richtung. Nach dem ersten Qualifikationsviertel, also dem ersten Duell gegen jeden der neun Liga-Gegner, hatte das Team von Trainer Urs Meier am 29. September 16 Zähler auf dem Konto. In den neun Meisterschaftsspielen seither resultierten zwei Unentschieden (gegen Lausanne und Vaduz) und sieben Niederlagen.

«Der Start verlief reibungslos», blickt Aussenverteidiger Elmer auf die Partien im Sommer zurück. «Das täuschte darüber hinweg, dass wir nach der letzten Saison einige Abgänge zu verkraften hatten, was eigentlich Zeit braucht.» Mit ihrem starken Beginn und den noch frischen Erinnerungen an die vorangegangene Spielzeit (5. Schlussrang mit 56 Punkten) schürten die Rapperswil-Joner Erwartungen – zumindest von aussen. Denn das Team und die Verantwortlichen selbst verloren den Sinn für die Realität nicht. «Mit unserem Budget geht es nun mal in erster Linie um den Klassenerhalt», betont Elmer.

Von der Realität ist der FCRJ mittlerweile eingeholt. Für Jonas Elmer gibt es einige Gründe, warum sein Team seit Ende September erfolglos einem Sieg nachrennt. Ein zentraler ist selbst verschuldet und deshalb – das ist das Gute daran – korrigierbar. «Wir waren nicht mehr so konsequent im Verwerten unserer Chancen», erklärt Elmer. In einigen Spielen hätten sie Möglichkeiten gehabt, in Führung zu gehen, diese ausgelassen und stattdessen früher oder später das Gegentor kassiert. «Für unsere Fehler wurden wir bestraft. Im ersten Jahr in der Challenge League war dies noch weniger der Fall», so Elmer.

Drei verletzte Torhüter

Wie es in einer solchen Situation normal ist, nagte das Ausbleiben von Punkten am Selbstvertrauen. Auf dem Platz habe sich dies mit Unsicherheiten und einer steigenden Anzahl Fehler bemerkbar gemacht, räumt Captain Elmer ein. Da half es überhaupt nicht, dass der FCRJ von Verletzungspech heimgesucht wurde. Geradezu beispiellos ist die «Torhüter-Seuche». Der 30-jährige Elmer sagt: «Das habe ich noch nie erlebt.»

In Genf musste Trainer Meier am letzten Freitag mit dem ausgeliehenen Calvin Heim bereits den vierten (!) Goalie in dieser Saison einsetzen. Stammkeeper Diego Yanz spielte letztmals am 25. September (beim letzten Sieg). Es übernahm der routinierte Andrea Guatelli, ehe es ihn am 11. November bei der 0:3-Niederlage in Aarau ebenfalls erwischte. Danach war die Reihe für drei Partien am erst 18-jährigen Tomislav Vranjes. Die notgedrungenen Wechsel wirkten sich auf die Abstimmung im Abwehrdispositiv aus: «Als Verteidiger ist es nicht einfach, sich immer wieder auf einen neuen Torhüter einzustellen, denn jeder ist anders», erklärt Elmer. 20 seiner 32 Gegentreffer kassierte der FCRJ in den letzten acht Spielen.

Elmer sagt, dass die Rückschläge der vergangenen Wochen innerhalb der Mannschaft deshalb gut aufgefangen worden seien, «weil wir uns auch neben dem Platz sehr gut verstehen». Der Captain gibt aber auch zu, froh zu sein, dass die Winterpause begonnen hat: «Es war eine intensive Hinrunde, auch mental war sie sehr anstrengend. Es tut gut, für eine Weile abzuschalten und den Kopf zu lüften.»

«Wir haben immer noch Vorsprung auf den Abstiegsplatz und wollen diesen im neuen Jahr möglichst schnell vergrössern.»
Jonas Elmer

Am 7. Januar nimmt das Challenge-League-Team des FC Rapperswil-Jona den Trainingsbetrieb wieder auf. Knapp vier Wochen später greift der Tabellenachte in Winterthur aufs Neue in die Meisterschaft ein. Allfällige Kadermutationen wurden noch keine kommuniziert. Für Jonas Elmer ist ohnehin klar: «Unsere Qualität reicht, um den Ligaerhalt zu schaffen.»

Fairness bringt keine Punkte

Im Lager des FCRJ ist man sich bewusst, dass er sich in eine missliche Lage gebracht hat und das ungeliebte Wort «Abstiegskampf» bis auf Weiteres nicht zu vermeiden ist. Sorgen, dass das Ziel verpasst wird und der FCRJ am Ende der Saison den Rückweg in die Promotion League antreten muss, macht sich Elmer trotzdem nicht. «Wir haben immer noch Vorsprung auf den Abstiegsplatz und wollen diesen im neuen Jahr möglichst schnell vergrössern.» In der Challenge League sei in jedem Spiel alles möglich, und mit dieser Einstellung müssten sie auf den Platz gehen.

Vielleicht würde dem FCRJ auch eine Prise mehr Garstigkeit guttun. Denn mit 37 Verwarnungen und ohne Platzverweis führt Rapperswil-Jona das Fairplay-Ranking der Challenge League an. Ein paar Punkte mehr in der Tabelle wären ihm lieber, sagt Elmer. Aufgrund der Fairplay-Wertung den Rückschluss zulassen, dass der FCRJ möglicherweise zu brav ist, will der Captain nicht. Er räumt aber ein: «Wir können sicher noch zulegen im ‘böse werden’.»

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