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Nino Niederreiter: «Es ist ein täglicher Kampf»

Nino Niederreiter befindet sich in einer für ihn persönlich schwierigen Saison. Im Interview denkt der Bündner NHL-Stürmer darüber nach, wie er seine Tor-Misere beenden und ihr gar etwas Positives abgewinnen kann.

Südostschweiz
23.01.20 - 04:30 Uhr
Eishockey
Niederreiter kommt in dieser Saison bislang nicht an sein Renommee heran. «Diese Challenge muss ich annehmen», sagt der Churer.
Niederreiter kommt in dieser Saison bislang nicht an sein Renommee heran. «Diese Challenge muss ich annehmen», sagt der Churer.
KEYSTONE

von Jan Zürcher und Tobias Kreis

Nino, knapp zwei Drittel der Qualifikation sind gespielt und ihr seid mit Carolina auf Playoff-Kurs. Bist Du zufrieden, wie die Saison verläuft?

Nino Niederreiter: Was die Mannschaft betrifft, bin ich sehr zufrieden. Unsere Division ist hart umkämpft. Momentan ist jeder Punkt schwierig zu gewinnen und gleichzeitig extrem wichtig, damit wir die Playoffs erreichen. Es liegt noch ein langer und steiniger Weg vor uns.

Wie fühlst Du Dich persönlich in Deiner zweiten Saison in neuer Umgebung bei Carolina?

Im Team fühle ich mich sehr wohl. Auch an die Gegend gewöhne ich mich immer besser. Gegenüber Minnesota ist es schon eine grosse Umstellung. Dort war es ab Oktober bis Ende Saison durchgehend kalt. Hier hatten wir über Weihnachten 20 Grad. Meine Leistungen auf dem Eis könnten aber besser sein. Ich bin nicht zufrieden, wie es bisher gelaufen ist. Vor allem was das Toreschiessen anbelangt, befinde ich mich täglich in einem Kampf. Ich versuche, das aber positiv zu betrachten und die Challenge anzunehmen.

Nino Niederreiter wird derzeit häufiger von den gegnerischen Goalies gestoppt als ihm lieb ist. KEYSTONE
Nino Niederreiter wird derzeit häufiger von den gegnerischen Goalies gestoppt als ihm lieb ist. KEYSTONE

Sechs Tore sind es bisher nur. Hast Du eine Erklärung, wieso es für Dich vor dem Tor nicht funktioniert?

Sowas ist immer schwierig zu sagen. In letzter Zeit komme ich wieder zu mehr Chancen. Wenn man diese Chancen nicht verwertet, kommt eine Frustration hinzu, die einen belastet. Nun muss ich die Coolness vor dem Tor wiederfinden. Es ist diese Challange, die ich jetzt akzeptieren muss. Ich muss dranbleiben und mir das gute Gefühl zurückerkämpfen.

«Man versucht dann auch, Dinge zu verändern, die man gar nicht verändern sollte.»

Du sprichst die mentale Komponente an. Du erhältst genügend Eiszeit und die Chancen sind da. Wie schaffst Du es, Dich nicht zu sehr zu verkrampfen?

Das ist eine sehr schwierige Frage, auf die ich die Antwort nicht so einfach geben kann, wie ich es gerne tun würde. Tatsächlich ist es ein tagtäglicher Kampf. Als Spieler versuchst du, so schnell wie möglich aus dieser Situation hinauszufinden. Das ist aber schwieriger, als man es sich vorstellt. Eine Patentlösung gibt es nicht. Man versucht dann auch, Dinge zu verändern, die man gar nicht verändern sollte.

Vielleicht hilft die Pause während des All-Star-Games, die nun ansteht.

Absolut. Schon letztes Jahr kam die Pause für mich im perfekten Moment. Ich bin überzeugt davon, dass sie mir auch dieses Jahr guttut, um etwas Abstand vom Hockey zu gewinnen. Wir haben eine strenge Phase mit Spielen an jedem zweiten Tag hinter uns. Das totale Playoff-Race. Was das Mentale anbelangt, kommt der Break sicher gelegen.

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Auf dem Eis konntest Du in Carolina an der Seite von Spielern wie Sebastian Aho oder Justin Williams wertvolle Erfahrungen sammeln. Wie hast Du Dich als Spieler weiterentwickelt?

Sicher im Bereich des Passens und Schlittschuhlaufens. Wir haben eine sehr junge und schnelle Mannschaft, in der ständiger Konkurrenzkampf herrscht. Wir haben Andrei Swetschnikow, der wirklich ein «Raising Star» ist. Das ist schon sehr cool, zu sehen. Auch die Liga hat sich verändert, seit meinem ersten Spiel vor zehn Jahren. Ich persönlich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich unbedingt aus der Krise herausfinden möchte. Das muss ich nun akzeptieren und das kann auch sehr spannend sein.

«Da musst du dir den Platz auch tagtäglich wieder erkämpfen.»

Was sich auch immer wieder verändert, sind Deine Linienpartner. Vergangene Saison hat es in deiner Linie mit Aho und Williams sehr gut funktioniert. Trotzdem werden Linien regelmässig gewechselt. Ist das etwas, das Dir Mühe bereitet?

Seit zwei Spielen ist Williams nach seinem vermeintlichen Rücktritt jetzt tatsächlich wieder dabei. Er ist ein sehr grosser Charakter, der uns in letzter Zeit auch gefehlt hat. Vergangene Saison nach meinem Wechsel zu Carolina habe ich mehr oder weniger jeden Match mit ihm zusammen gespielt. Dieses Jahr haben wir die Linien häufiger gewechselt, um eine gute Konstellation zu finden. Nun gegen die New York Islanders habe ich mit Staal und Swetschnikow gespielt. Mit Swetschnikow spielte ich zuvor noch nie. Es gibt immer wieder Veränderungen. Jetzt wo Williams zurück ist, haben wir auch wieder einen überzähligen Stürmer. Da musst du dir den Platz auch tagtäglich wieder erkämpfen.

Bei siegreichen Heimspielen habt ihr ganz spezielle Jubel-Prozeduren kultiviert. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?

Es geht darum, die Fans ins Stadion zu «locken» – und sie dann auch bis zum Spielende im Stadion zu behalten. Viele Fans verliessen das Stadion vorzeitig, wenn wir 4:1 führten und es klar war, dass wir das Spiel gewinnen. Jetzt bleiben die Ränge gefüllt bis zum Spielende und wir versuchen dann, nach dem Spiel etwas zu bieten, an dem die Fans auch einen riesen Plausch haben.

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Reden wir noch über die anstehende Heim-WM. Wir hoffen für Dich natürlich, dass Du lange in den Playoffs dabei bleibst und nicht teilnehmen «musst». Und trotzdem: Wäre die Heim-WM gleichwohl ein Highlight für Dich?

Ganz bestimmt. Ich durfte noch nie an einer Heim-WM spielen. Diejenige 2009 habe ich zu Hause am TV verfolgt. Es wäre ein einmaliges und sehr eindrückliches Erlebnis. Mein Fokus ist aber definitiv hier. Wir wollen in den Playoffs so weit wie möglich kommen. Sollte aber der Tag kommen, an dem wir ausscheiden, ist ganz klar, dass ich sehr gerne dabei wäre.

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