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Ein Blick auf den Schweizer Goalie-Markt verrät Spannung

Mit dem November kommt in der National League traditionell die erste Nationalmannschaftspause und damit jene Zeit, in der sich die Sportchefs noch intensiver mit der Kaderplanung auseinandersetzen.

Agentur
sda
31.10.19 - 10:00 Uhr
Eishockey

Noch sind bei den zwölf Klubs längst nicht alle Weichen für die Zukunft gestellt. Die spannendste Frage bleibt wohl, wer beim EHC Biel die Nachfolge von Jonas Hiller im Tor antritt, sofern dieser mit seiner Rücktrittsankündigung im Frühling ernst macht. Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA wagt einen Blick auf den Schweizer Goalie-Markt.

Jonas Hiller - der Evergreen

Auf Jonas Hiller ist Verlass. Auch in dieser Saison, seiner wahrscheinlich letzten, verkörpert der Appenzeller Spitzenklasse. Mit einem Schnitt von 2,03 Gegentoren pro Spiel ist der Bieler Schlussmann derzeit der statistisch beste Goalie der Liga. Auch dank Hiller, der 2016 nach neun Saisons in der NHL in die Schweiz zurückgekehrt ist, hat der EHC Biel mittlerweile den Schritt zum Spitzenteam geschafft. Damit das so bleibt, muss Biels Sportchef Martin Steinegger in absehbarer Zeit einen würdigen Nachfolger für Hiller finden. Noch sind in Biel beide Goalie-Positionen für die Saison 2020/21 frei, denn auch der Vertrag von Ersatzmann Elien Paupe läuft Ende Saison aus. Der 24-Jährige hat Hiller zwar schon einige Male stark vertreten, der Aufstieg zur Nummer 1 kommt für den früheren Junior des HC Ajoie aber wohl zu früh.

Genoni/Berra - das Silber-Duo

Mit Leonardo Genoni und Reto Berra im Tor gewann die Schweiz 2018 in Kopenhagen WM-Silber. Als Nachfolger von Hiller kommt aber keiner der beiden in Frage. Besser gesagt: nicht mehr. Denn von Bieler Seite bestand Interesse an einer Verpflichtung von Berra. Doch der ehemalige NHL-Keeper setzte den Spekulationen um seine Person schon vor Beginn dieser Saison ein Ende und verlängerte seinen Vertrag mit Fribourg-Gottéron bis 2024. Auch Genoni ist nach seinem Wechsel von Meister Bern nach Zug noch vier weitere Saisons vertraglich an den EVZ gebunden. Noch konnte der fünffache Meistergoalie in der Zentralschweiz die hohen Erwartungen in seinen Person nicht vollends erfüllen. Mit 2,85 Gegentoren pro Spiel liegt Genoni derzeit weit über seinen Werten der vergangenen Jahre. Auch Berra (2,47 Gegentore pro Spiel) kann sich diesbezüglich noch steigern.

Melvin Nyffeler - der Shutout-König

Dreimal spielte Melvin Nyffeler in dieser Saison schon zu null und damit so oft wie kein anderer Goalie in der National League. Mit seinen starken Leistungen verhalf er den Rapperswil-Jona Lakers 2018 zum Aufstieg und Cupsieg. Seither beweist Nyffeler mit den St. Gallern auch in der höchsten Schweizer Liga, dass er zu den Leistungsträgern gehört. Gelegentlich wurde er deshalb auch schon mit Spitzenteams in Verbindung gebracht. Der 24-jährige Nyffeler steigt nächste Saison bereits in sein sechstes Vertragsjahr mit den Rapperswilern. Ob Nyffeler auch ausserhalb der Lakers-Organisation, wo er nur einer unter vielen ist, funktionieren würde?

Philip Wüthrich - der Emporkömmling

Die Geschichte des SC Bern ist voller populärer Torhüter. Beim SC Langenthal in der Swiss League wächst mit Philip Wüthrich momentan einer heran, dem ebenfalls zugetraut wird, einst Grosses zu leisten. Wie dies beim SCB die mehrfachen Meistergoalies René Kiener, Jürg Jäggi, Renato Tosio, Marco Bührer oder Leonardo Genoni getan haben. Erst kürzlich haben die Berner den Vertrag mit Wüthrich um zwei Jahre verlängert. Nach zwei Lehrjahren in Langenthal soll der 21-Jährige auf die nächste Saison hin zum SCB zurückkehren. Noch gehört die Gegenwart in Bern allerdings Niklas Schlegel und Pascal Caminada. Beide weisen in dieser Saison jedoch nur selten eine Fangquote von über 90 Prozent aus. Caminada scheint derzeit die schlechteren Karten zu haben, sein Vertrag läuft Ende Saison aus.

Die Vertragslosen

Wie Caminada und Paupe (in Biel) besitzen auch Robert Mayer (Genève-Servette), Luca Boltshauser (Lausanne), Daniel Manzato (Ambri-Piotta), Stefan Müller (Lugano), Ludovic Waeber (Fribourg) und Noël Bader (Rapperswil-Jona) bei ihren Klubs auslaufende Verträge. Nur Zug (Genoni/Hollenstein), Davos (Van Pottelberghe/Aeschlimann) und die SCL Tigers (Punnenovs/Ciaccio) haben ihre Torhüter-Duos für die Saison 2020/21 schon beisammen. Der ZSC setzte neben Stammgoalie Lukas Flüeler seit längerem auf einen Ersatz aus den eigenen Reihen, oder seit kurzem auf den Finnen Joni Ortio. Das auch ein ausländischer Torhüter eine erfolgversprechende Alternative sein kann, hat Bern in der Meistersaison 2017 mit dem Tschechen Jakub Stepanek bewiesen. Der Nachteil: Es können nur noch drei ausländische Feldspieler eingesetzt werden.

Gilles Senn - der letzte Mohikaner

Über viele Jahre hinweg stellte die Schweiz in der NHL mindestens einen Torhüter. Mit David Aebischer (2001 mit Colorado) und Martin Gerber (2006 mit Carolina) gelang es zwei Schweizer Keepern sogar, den Stanley Cup zu gewinnen. Seit Februar 2018 ist allerdings kein Schweizer Torhüter mehr in der besten Liga der Welt zum Einsatz gelangt. Diese Saison sucht Gilles Senn in Übersee sein Glück. Der letztjährige HCD-Goalie unterzeichnete mit den New Jersey Devils einen Zweijahresvertrag. Senn muss sich vorerst aber mit Einsätzen in der AHL begnügen. Fürs Farmteam Binghamton Devils stand er in den ersten neun Saisonspielen viermal zwischen den Pfosten und erhielt im Schnitt knapp drei Gegentore pro Spiel. Eine baldige Rückkehr in die Schweiz steht für den 23-jährigen Oberwalliser derzeit nicht zur Debatte.

Akira Schmid - das Übersee-Talent

Senn ist derzeit nicht der einzige Schweizer Goalie in der Organisation der New Jersey Devils. Vor einem Jahr sicherte sich der Klub von Nico Hischier im Draft auch die Rechte an Akira Schmid. Der 19-jährige Berner, der in der Saison 2017/18 mit den SCL Tigers in der National League debütierte, gilt als talentiertester junger Schweizer Goalie. Seit letzter Saison spielt er in den nordamerikanischen Junioren-Ligen. Dort kann er sich für höhere Aufgaben empfehlen.

Joey Daccord - der Unbekannte

Auch der in Nordamerika engagierte Joey Daccord bleibt auf dem Radar der Schweizer Klubs. Der 23-jährige Schweiz-Amerikaner, dessen Vater Brian Daccord in den Achtziger- und Neunzigerjahren bei Ambri-Piotta und Fribourg-Gottéron das Tor hütete, debütierte im letzten Frühjahr überraschend in der NHL bei den Ottawa Senators. Diese Saison musste Daccord in der drittklassigen East Coast Hockey League (ECHL) beginnen. Sollte sich an seiner Situation nichts ändern, könnte ein Wechsel in die Schweiz seiner Karriere neuen Schub verleihen.

Elvis Merzlikins - das Trumpf-Ass

Ihn würde bestimmt jeder Sportchef hierzulande mit Handkuss empfangen. Die Zukunft des langjährigen Lugano-Keepers Elvis Merzlikins liegt aber (vorerst) in der NHL. Bei Saisonbeginn musste sich der Lette mit Schweizer Lizenz bei den Columbus Blue Jackets jedoch mit der Rolle des Nummer-2-Goalies begnügen. Seine Leistungen während der Saisonvorbereitung waren zu wenig gut, während sein Konkurrent Joonas Korpisalo überzeugt hat. In den ersten Meisterschaftswochen bestritt Merzlikins zwei Spiele und kassierte dabei zehn Gegentore. Sein Vertrag bei den Blue Jackets läuft im Frühling aus. Affaire à suivre.

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