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Trainer Luca Cereda hält Ambri-Piotta hartnäckig auf Playoff-Kurs

Die Euphorie beim verblüffenden Tabellenfünften Ambri-Piotta ist gewaltig. Zum zweiten Mal in den letzten 13 Jahren und erstmals seit 2014 könnte der ewige Liga-Underdog die Playoffs erreichen.

Agentur
sda
24.01.19 - 06:10 Uhr
Eishockey

Die Temperaturen in der altehrwürdigen Valascia im zweistelligen Minus-Bereich, aber Ambris Team und dessen heissblütige Fans kreieren Festlaune: Der 4:2-Sieg gegen Davos wird mit dem isländischen «Huh»-Schlachtruf und einer Bowling-Schauspiel-Einlage zelebriert.

Die Spieler bedanken sich so für die legendäre Siegeshymne «La Montanara» und die ununterbrochene Unterstützung ihrer Fans. «Diese Fans sind immer für uns da, egal wie kalt es auch sein mag. Wir wollten ihnen damit etwas zurückgeben», sagte Dominic Zwerger.

Ambris legendärer Deutschschweizer «Heimspielreporter», der 2013 im Alter von 90 Jahren verstorbene Urner Edy Inderbitzin, hätte ob soviel gegenseitiger Liebesbezeugung Augenwasser bekommen. Für Leidenschaft und Ausdauer - dafür steht Ambri in seiner drittletzten Saison vor dem unumgänglichen Stadion-Umzug.

Biss bis an die Schmerzgrenze. Die Leidenschaft der Leventiner ist sprichwörtlich im Tal mit dem ausgeprägten Winterschattenwurf. 16 Mal gewann das Team von Jungtrainer Luca Cereda (37) in der laufenden Meisterschaft allein das Schlussdrittel; mehr schaffte in der Liga bislang nur Zug (18).

Trainer Cereda fördert und fordert Aufsässigkeit. Er ist sich sicher: «Wunder gibt es im Sport keine, Geheimnisse auch nicht.» Nur mit harter Arbeit und gezielter Erholung sei es möglich, das Potenzial auszuschöpfen und die Ziele zu erreichen. Und alle Team-Mitglieder, inklusive er selbst, bemühten sich, täglich besser zu werden.

Grossen Anteil am Höhenflug des Vorletzten des Vorjahres besitzt die Top-Linie mit Zwerger, Dominik Kubalik und Marco Müller. «Die Chemie zwischen uns stimmt einfach. Und je länger man etwas macht, desto besser funktioniert es», sagt Zwerger.

Alle drei taten in ihrer jeweils zweiten Saison bei Ambri nochmals einen Schritt nach vorne. Kubalik, der WM- und Olympia-Teilnehmer aus Tschechien, skort nunmehr auch dann, wenn ein Spiel auf der Kippe steht. Der österreichische Nationalstürmer Zwerger wurde in der letzten Saison schon zum Newcomer der Liga gewählt und hält nach 36 Meisterschaftsspielen bei soviel Toren (16) wie im Vorjahr zum Ende der Qualifikation nach 50 Spielen. Und der Solothurner Müller, der beim SC Bern zwar zweifacher Meister, aber mehr Lückenbüsser als Leistungsträger war, entwickelte sich zu einem überdurchschnittlichen Center der National League.

Selbst Pestoni von Kubalik und Co. beeindruckt

Selbst Ambris ehemalige Identifikationsfigur Inti Pestoni (aktuell Topskorer von Davos, nächste Saison Bern) zeigte sich am Dienstag beeindruckt. «Diese Formation ist sicher etwas vom Besten in dieser Liga.»

Für Ambris Trainer Cereda ist die Steigerung des Trios keine Überraschung: «Zwerger ist erst 22, Kubalik 23 und Müller 24. Sie sind jung und werden mit viel Arbeit einfach besser, auch wenn sie dann halt einmal Fehler machen.» Abgesehen von einer Minus-4-Bilanz am 13. Januar bei der 2:5-Heimniederlage gegen Fribourg-Gottéron war die Linie um Kubalik defensiv nie überdurchschnittlich anfällig.

Noch jünger als das Top-Trio und stellvertretend für die zahlreichen Inputs aus dem Swiss-League-Farmteam Biasca Ticino Rockets steht aktuell der Oberaargauer Dario Rohrbach, der in der letzten Saison noch für Basel-Kleinhüningen in der dritthöchsten Spielklasse spielte. Der 20-jährige Stürmer hält nach neun National-League-Spielen bei zwei Toren. «Dario hat mit guter Mentalität und in einer anderen Sprachregion einen guten Schritt getan, kann sich aber noch viel weiter steigern», sagt Cereda.

Der Freiburger Adrien Lauper, der in der nächsten Saison wieder für Gottéron spielt, nannte unlängst gegenüber den «Freiburger Nachrichten» seinen aktuellen Trainer Cereda als Erfolgsfaktor Nummer 1.

Apropos Freiburg: der dort einst abgeschriebene Goalie Benjamin Conz steigerte sich in seiner zweiten Saison bei Ambri in der Qualifikation ebenfalls (aktuell 91,72 Prozent Abwehrquote). Er realisierte schon drei Shutouts und verzeichnete kaum Aussetzer. «Conz und auch Daniel Manzato spielen sehr gut. Sie arbeiten sehr gut mit Goalie-Trainer Pauli Jaks», sagt Cereda.

Conz erlebte übrigens die letzte Playoff-Teilnahme der Leventiner mit; als Goalie von Gottéron verhalf er seinem damaligen Team 2014 zu einem 4:0 in der Viertelfinal-Serie.

Stärker einzuschätzen als in der jüngeren Vergangenheit ist auch die Abwehr. Das zurückgeholte Eigengewächs Samuel Guerra entpuppte sich auf Anhieb als Leistungsträger in diversen Spielsituationen. Allerdings kehrt der einstige Meisterspieler von Davos und den ZSC Lions (letztes Frühjahr) nach nur einer Saison ins Bündnerland zurück.

Dafür steht WM-Silberheld Michael Fora nach dem Saisonende noch weitere zwei Saisons unter Vertrag. Ausgerechnet in den ersten Spielen nach der Nordamerika-Rückkehr seines letztjährigen Captains hatte Ambri mit fünf Niederlagen in Folge das bislang grösste Saison-Tief verzeichnet. Doch von der fast traditionellen November-Baisse haben sich die Leventiner erholt, die Stabilität pendelte sich auf erstaunlich hohem Level ein.

Über den Ligaerhalt in die Zukunft

Cereda spricht von zahlreichen Leadern mit Mitreisser-Qualitäten. Einer davon ist der abgeklärte Zwerger: «Wir heben nach einem Spiel weder zu sehr ab, noch lassen wir uns runterziehen.»

Die entsprechende Arbeitsethik entwickelt sich im Alltag. «Unser Druck ist, jeden Tag hart zu arbeiten, einen Schritt vorwärts zu machen und am Ende der Saison den Ligaerhalt zu schaffen. Das ist der Druck, den wir uns selbst auferlegen», betont Cereda. Der ehemalige Erstrunden-Draft der Toronto Maple Leafs, der seine Hockey-Karriere frühzeitig wegen Herzproblemen abbrechen musste, feierte beim 4:2-Heimsieg gegen Davos ein persönliches Jubiläum mit dem 100. Pflichtspiel als Ambris Headcoach. Bereits als «nächster Schweizer Arno Del Curto» gehandelt, wird er entsprechend umworben.

Seine Zukunft will Cereda erst nach der Saison regeln. Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA betonte er: «Ich muss erst die Saison fertig machen und die Ziele erreichen. Und dann vielleicht noch ein paar Tage Ferien machen. Und dann schauen wir weiter.»

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