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Die Maskierten debattieren über das Kulturförderungskonzept

Am zweiten Tag der Oktobersession standen Wahlen und die Teilrevision des Steuergesetztes auf der Traktandenliste des Grossen Rates. Nach dem Mittag ging es um den Zusammenschluss von Chur und Haldenstein sowie um das Kulturförderungskonzept.

Philipp
Wyss
20.10.20 - 18:06 Uhr
Politik
Blick in die Debatte des Grossen Rates während der Oktobersession.
Blick in die Debatte des Grossen Rates während der Oktobersession.
KEYSTONE

Ticker

Am zweiten Tag der Oktobersession hat der Grosse Rat

  • Die Teilrevision des Steuergesetzes durchberaten
  • Den neuen Präsidenten des Kantonsgerichts, Remo Cavegn, vereidigt
  • Diverse Mitglieder von Kommissionen gewählt
  • Die Fusion der Gemeinden Chur und Haldenstein behandelt
  • Das Kulturförderungsgesetz Graubünden 2021 bis 2024 zu beraten begonnen

Die Session wird am Mittwoch ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Debatten sind öffentlich. Wie bei jeder Session tickern wir auch von der Oktobersession für Euch.

Nach zwei Sessionen in der Stadthalle ist das Bündner Parlament am Montag für die Oktobersession ins Grossratsgebäude in Chur zurückgekehrt. Die 120 Grossrätinnen und Grossräte tragen Masken zum Schutz vor dem Coronavirus und tagen bis zum Donnerstag Schulter an Schulter. Wir haben mit den Mitgliedern der Präsidentenkonferenz über die Situation gesprochen gesprochen.

Aita Zanetti, Standesvizepräsidentin

Was halten Sie von den neuen Massnahmen und warum?

Diese neuen Massnahmen werden ihre Wirkung bezüglich Neuinfektionen erst in einer Woche zeigen, somit ist es verfrüht, diese Massnahmen zu kommentieren. Fakt ist jedoch, dass die Fallzahlen steigen und das gehandelt werden musste.

Welches ist ihr prägendstes Erlebnis im Zusammenhang mit Covid-19?

Die gelebte Solidarität in unserer Gemeinde, die nachbarschaftliche Unterstützung, der Sinn für Gemeinschaft, haben mich berührt.

Wie fühlen Sie sich im Grossen Rat mit der Maske?

Das Tragen der Maske ist gewöhnungsbedürftig und den Ratskolleginnen und -kollegen während der Debatte nicht ins Gesicht zu sehen, fehlt mir. Damit geht auch ein Stück Gesprächskultur verloren, ist nicht mehr sichtbar und es wird mir wieder bewusst, wie wichtig diese Sichtbarkeit für mich ist.

Wie beurteilen Sie die bisherigen Leistungen der Bündner Regierung?

Die Bündner Regierung ist als Team aufgetreten und hat ihre Entscheidungen in Anbetracht der speziellen und besonderen Lage getroffen. Während der Junisession wurde sie auch zurecht vom Grossen Rat gelobt. Wichtig erscheint es mir, dass nun entsprechende Lehren gezogen werden.

Und wie jene des Bundesrates?

Ich bin der Auffassung, dass der Bundesrat ebenfalls gute Arbeit geleistet hat. Getroffene Entscheidungen im Nachhinein und im Wissen von heute zu kritisieren, ist einfach.

Session unterbrochen

Entgegen seiner früheren Ankündigung unterbricht Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trans) die Session während der Debatte über das Kulturförderungskonzept. Alle Parlamentarier sollten die Möglichkeit haben, ihre Voten vortragen zu können, darum beraten wir das Geschäft am Mittwoch weiter, so Wieland.

Grossrat Lorenz Alig während einer früheren Session ohne Maske.
Grossrat Lorenz Alig während einer früheren Session ohne Maske.
ARCHIV

Aligs Schnauz sorgt für abendliche Lacher

Für eine Auflockerung sorgte Grossrat Lorenz Alig (FDP, Pigniu), als er als Einstieg in sein Plädoyer sagte, wenn diese Maskenpflicht noch lange anhält müsse er sich überlegen, ob er seinen Schnauz abschneiden oder zumindest kürzen soll.

Anschliessend sorgte Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trans) für Lacher, als er sagte, Alig solle doch versuchen, seinen Schnauz beim kantonalen Gesundheitsamt zertifizieren zu lassen, dann könne er vielleicht auf das Tragen einer Maske verzichten.

Nach zwei Sessionen in der Stadthalle ist das Bündner Parlament am Montag für die Oktobersession ins Grossratsgebäude in Chur zurückgekehrt. Die 120 Grossrätinnen und Grossräte tragen Masken zum Schutz vor dem Coronavirus und tagen bis zum Donnerstag Schulter an Schulter. Wir haben mit den Mitgliedern der Präsidentenkonferenz über die Situation gesprochen gesprochen.

Vera Stiffler, Fraktionspräsidentin FDP

Was halten Sie von den neuen Massnahmen und warum?

Die neuen Massnahmen finde ich richtig. In anderen Ländern ist zum Beispiel die Maskenpflicht im öffentlichen Raum schon längst eingeführt. Wir müssen alles daran setzten einen weiteren Lockdown zu vermeiden. Wichtig erscheint mir aber auch die Eigenverantwortung, denn die meisten Ansteckungen passieren ja nicht im öffentlichen Raum, sondern an Privatveranstaltungen. Wie viel die neuen Massnahmen bringen, wird sich erst mit der Zeit zeigen.

Welches ist ihr prägendstes Erlebnis im Zusammenhang mit Covid-19?

Das war im März, als entschieden wurde, dass die Schulen und zahlreiche Unternehmen schliessen müssen. Dieser Lockdown hat unsere Gesellschaft in Sachen Unternehmertum und persönlicher Freiheit massiv eingeschränkt. Seitdem haben wir gelernt, dass Unsicherheiten zum neuen Alltag gehören.

Wie fühlen Sie sich im Grossen Rat mit der Maske?

Mit Maske im Grossen Rat zu sitzen ist ungewohnt. Aber in diversen Berufen gehört eine Maske auch ohne Pandemie dazu. Nach zwei Sessionen ausserhalb des Grossratsgebäudes wollten wir zurück ins Grossratsgebäude. Es war uns bei diesem Entscheid bewusst, dass ein konsequentes Maskentragen dazugehört.

Wie beurteilen Sie die bisherigen Leistungen der Bündner Regierung?

Die Regierung ist jetzt - mit den Erfahrungen vom Frühling – viel besser vorbereitet. Eventualplanungen und Szenarien wurden entwickelt. Der Krisenführungsstab funktioniert gut und die Kommunikation ist professionalisiert worden. Vor einigen Tagen hat die Regierung klare Weisungen durchgegeben. Ob diese zu früh oder zu spät kamen, muss jeder für sich selbst beurteilen.

Und wie jene des Bundesrates?

Die Aufgabe des Bundesrates ist in dieser Pandemie sehr schwierig und eine Beurteilung im Nachhinein ist immer heikel. Die Medienkonferenz vom vergangenen Donnerstag hat jedoch zu viel Unsicherheit in der Bevölkerung und in den Kantonen geführt, denn es wurde zu unklar kommuniziert und es wurden keine Massnahmen aufgezeigt. Das hat der Bundesrat dann drei Tage später, am Sonntag, nachgeholt.

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Das Kulturförderungskonzept ist auch durchberaten. Das Parlament stimmt dem Konzept ohne den Zusatz Finanzaufträge mit 106:0 Stimmen zu. 

Den Antrag Grundsatzentschluss, wonach bei der Finanzplanung für die Umsetzung der Massnahme im Jahr 2021 drei Millionen vorgesehen werden, wird ebenfalls zugestimmt. Die Kommission möchte die Finanzdiskussion in der Oktobersession führen. Ohne mehr Geld können viele Punkte aus dem Konzept nicht umgesetzt werden, sagt Grossrat Christian Kasper (FDP, Luzein) von der Kommission für Bildung und Kultur.

In der Diskussion geht es um einen Betrag zwischen einer und fünf Millionen Franken für die Umsetzung des Kulturförderungskonzepts. Vorgeschlagen sind aktuell von einer Kommissionsminderheit eine und von einer Kommissionsmehrheit drei Millionen Franken pro Jahr.

Die meisten Votanten sprechen sich für einen Betrag von drei Millionen aus. Gerade in der aktuellen Covid-19-Zeit, die Kulturschaffende hart trifft und auch Angebote im Kanton gefährden.

Standespräsident Martin Wieland (FDP, Trins) will das Konzept am Dienstag fertigberaten und darüber abstimmen.

Nach zwei Sessionen in der Stadthalle ist das Bündner Parlament am Montag für die Oktobersession ins Grossratsgebäude in Chur zurückgekehrt. Die 120 Grossrätinnen und Grossräte tragen Masken zum Schutz vor dem Coronavirus und tagen bis zum Donnerstag Schulter an Schulter. Wir haben mit den Mitgliedern der Präsidentenkonferenz über die Situation gesprochen gesprochen.

Reto Crameri, Fraktionspräsident CVP

Was halten Sie von den neuen Massnahmen und warum?

Aufgrund der stark steigenden Fallzahlen sind die Massnahmen verständlich – sie ersetzen die Eigenverantwortung jedes einzelnen jedoch nicht. Das Wohl und die Gesundheit der Bevölkerung stehen im Vordergrund. Ich begrüsse es, dass mit einer weitgehenden Maskenpflicht ein weiterer Lockdown verhindert werden soll und damit im Sinne der Verhältnismässigkeit eine mildere Massnahme getroffen wurde.

Welches ist ihr prägendstes Erlebnis im Zusammenhang mit Covid-19?

Besonders prägend war natürlich der Mitte März beschlossene Lockdown. Was man sich kaum hätte vorstellen können, wurde plötzlich Tatsache: Zahlreiche Unternehmen mussten plötzlich ihre Türen schliessen. Persönlich bedeutete der Lockdown für mich, dass ich am Abend keine Sitzungen mehr hatte.

Wie fühlen Sie sich im Grossen Rat mit der Maske?

Für mich persönlich ist dies kein Problem. Es ist nicht sonderlich angenehm, aber funktioniert gut. Viele andere Arbeitnehmende müssen auch mit Maske arbeiten; somit sollte dies für uns auch möglich sein.

Wie beurteilen Sie die bisherigen Leistungen der Bündner Regierung?

Aus meiner Sicht hat die Regierung bisher sehr gut reagiert, vor allem was die rasche und unkomplizierte Hilfe für die Wirtschaft anbelangt. Einziger Kritikpunkt ist, dass die Regierung im Frühjahr zu wenig Rücksicht auf die besondere Lage in Südbünden, namentlich in der Mesolcina, genommen hat. Die Situation war dort ganz anders als im übrigen Kanton – nicht zuletzt aufgrund der räumlichen Nähe zum Tessin und zu Italien.

Und wie jene des Bundesrates?

Der Bundesrat hat aus meiner Sicht im Grossen und Ganzen eine gute Arbeit gemacht. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Ich hoffe, dass mit den beschlossenen Massnahmen ein zweiter Lockdown und damit ein weiterer wirtschaftlicher Schaden abgewendet werden kann.

Eine Karte mit Museen in Graubünden.
Eine Karte mit Museen in Graubünden.
ARCHIV

Weiter geht es mit der Kultur

Nach der zweiten Nachmittagspause geht die Debatte um das Kulturförderungskonzept weiter. Auf der Zuschauertribüne verfolgen zahlreiche Kulturschaffende den Diskussionsverlauf.

In der Botschaft steht: Damit der Kanton Graubünden seine Aufgaben im Bereich der Kulturförderung gemäss Verfassungs- und Gesetzesauftrag erfüllen und die zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend einsetzen kann, müssen für eine umfassende Betrachtungsweise sowohl die gesellschaftlichen als auch die politischen Rahmenbedingungen herangezogen werden, um daraus resultierende Chancen und Herausforderungen ableiten zu können.

Demografischer Wandel, Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung betreffen alle Staatsebenen gleichermassen. Zusammen mit dem Aspekt der Urbanisierung wurden diese fünf im 2014 vom Bund benannten «Megatrends» für die schweizerische Kulturpolitik als strategisch bedeutend dargestellt und in der Folge in die Kulturbotschaft 2016–2020 aufgenommen. Sie sollen auch in der nächsten Kulturbotschaft für die Jahre 2021 bis 2024 Eingang finden. Wir bewegen uns heute in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation, zwischen subjektiven und gemeinschaftlichen Ansprüchen und nicht zuletzt auch zwischen den Erscheinungen einer multikulturellen Gesellschaft und der Wahrung einer eigenen kulturellen Identität.

Jetzt spricht Regierungsrat Jon Domenic Parolini (BDP, Chur). Er erklärt, dass noch nicht festgelegt sei, wie allenfalls zusätzliches Geld verteilt würde. Da Eintreten unbestritten war, hat die Detailberatung begonnen. Kommissionspräsident ist Rodolfo Fasani (CVP, Mesocco).

Der Grosse Rat hat dem Zusammenschluss der Stadt Chur mit der Gemeinde Haldenstein eben mit 106:1 zugestimmt. Es liegt...

Posted by Patrik Degiacomi on Tuesday, October 20, 2020

Nach zwei Sessionen in der Stadthalle ist das Bündner Parlament am Montag für die Oktobersession ins Grossratsgebäude in Chur zurückgekehrt. Die 120 Grossrätinnen und Grossräte tragen Masken zum Schutz vor dem Coronavirus und tagen bis zum Donnerstag Schulter an Schulter. Wir haben mit den Mitgliedern der Präsidentenkonferenz über die Situation gesprochen gesprochen.

Jan Koch, Fraktionspräsident SVP

Was halten Sie von den neuen Massnahmen und warum?

Ich erachte die neuen Massnahmen als nicht abschliessend zielführend. Mehr unter dem Motto – nützt es nichts, schadet es (hoffentlich) nicht. Ein kurzes Beispiel dazu – im Fitnesscenter muss ich die Maske vom Eingang bis zur Garderobe anziehen. Anschliessend kann ich mich am Sportgerät ohne Maske verausgaben bis zum Anschlag und lasse entsprechend Dampf ab. Besteht den jetzt die Gefahr nur auf dem Weg vom Eingang bis zur Garderobe? Obwohl es sinnvoll ist, Sport ohne Maske zu machen – ist es nicht sinnvoll die Maske in Teilbereichen zu tragen. Solche Beispiele werden in unserem täglichen Leben haufenweise dazu kommen.

Welches ist ihr prägendstes Erlebnis im Zusammenhang mit Covid-19?

Ganz klar der Lockdown mit allen verbundenen Erfahrungen. Die erste Nervosität und neue Ausgangslage für viele Unternehmerinnen und Unternehmer – aber auch die Beruhigung der Situation nachdem der Bundesrat und unsere Regierung in beeindruckend kurzer Zeit die notwendigen Instrumente geschaffen hat, um wieder etwas Ruhe einkehren zu lassen.

Wie fühlen Sie sich im Grossen Rat mit der Maske?

Ganz ehrlich? Sehr unangenehm.

Wie beurteilen Sie die bisherigen Leistungen der Bündner Regierung?

In einer Gesamtbeurteilung komme ich zu folgendem Schluss: Starker und konsequenter Start, zögerliche Lockerungen und zuletzt unnötiger kurzer Alleingang.

Und wie jene des Bundesrates?

Sektoral sehr unterschiedlich – Wirtschaftspolitisch sehr gut, ansonsten zu sehr «fremdgesteuert».

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

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