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Lesbos: Rund 10 000 Migranten im neuen Zeltlager

Die akute Krise der obdachlos gewordenen Migranten auf der griechischen Insel Lesbos ist nach Aussagen des stellvertretenden Migrationsministers Notis Mitarakis erst einmal vorbei. «Wir haben die erste Phase der Bewältigung der Moria-Krise abgeschlossen», sagte er am Sonntag dem griechischen Fernsehsender Skai. Die neue Struktur funktioniere, sagte er über das kurzfristig errichtete Zeltlager für die rund 12 000 Menschen, die nach dem Grossbrand des Flüchtlingslagers Moria obdachlos geworden waren.

Agentur
sda
20.09.20 - 19:41 Uhr
Politik
Ein Migrant steht mit zwei Kindern vor einem Stacheldrahtzaun im neu errichteten temporären Flüchtlingslager in Kara Tepe. Foto: Panagiotis Balaskas/AP/dpa
Ein Migrant steht mit zwei Kindern vor einem Stacheldrahtzaun im neu errichteten temporären Flüchtlingslager in Kara Tepe. Foto: Panagiotis Balaskas/AP/dpa
Keystone/AP/Panagiotis Balaskas

Rund 10 000 Menschen haben Mitarakis zufolge das Lager bei Kara Tepe an der Ostküste der Insel mittlerweile bezogen. Wo sich die restlichen 2000 Menschen aufhalten, sagte er nicht. Einige Migranten wollen das neue Lager nicht beziehen - aus Angst, es nicht mehr verlassen zu dürfen. Sie wurden von der Polizei bislang auch nicht aufgefunden.

Im Zeltlager seien die Menschen alle registriert worden, damit ihre Asylverfahren weiterlaufen könnten, berichtete die griechische Nachrichten-Agentur ANA-MPA am Samstag. Ausserdem seien sie bei ihrem Einzug in das Camp auf das Coronavirus getestet worden, bisher seien die Tests bei 213 Menschen positiv ausgefallen. Die Infizierten würden in einem abgetrennten Teil des Lagers isoliert.

Die Strassen, auf denen obdachlos gewordene Menschen seit dem Grossbrand gelebt hatten, seien wieder frei für den Verkehr, berichtete das Insel-Onlineportal «Sto Nisi». Ab Montag würden auch die umliegenden Geschäfte wieder öffnen, die in den vergangenen Tagen geschlossen waren. Die Behörden seien mit der Reinigung und Desinfektion der Strassen beschäftigt. Die griechische Regierung versprach Entschädigung für jene Bürger, deren Olivenhaine beim Brand in Flammen aufgegangen waren und auch jene, die wegen des anschliessenden Chaos nicht arbeiten konnten, weil Strassen und Geschäfte geschlossen waren.

Die Migranten waren nach dem Brand im Lager Moria vom 8. auf den 9. September obdachlos geworden und mussten buchstäblich auf der Strasse und in umliegenden Olivenhainen schlafen - ohne jegliche Infrastruktur wie fliessendes Wasser und Toiletten. Am Donnerstag hatte die Polizei begonnen, die Menschen in das neue Zeltlager zu eskortieren.

Das völlig überfüllte Registrierlager Moria war vor dem Brand wegen Corona fast vollständig zugesperrt worden - von den 12 000 Migranten, gut die Hälfte von ihnen Frauen und Kinder, durften täglich nur rund 100 das Lager für wichtige Behördengänge oder Arzttermine verlassen. Viele warteten dort bereits seit Monaten oder sogar länger als ein Jahr auf ihren Asylentscheid. Andere hielten sich mit abgelehnten Asylanträgen in dem Lager auf.

Wegen der desolaten Situation gab es in Moria in den vergangenen Jahren immer wieder Unruhen, Aufstände und Brandstiftungen. Auch diesmal wurde das Feuer mutmasslich von Migranten verursacht, die bei starkem Wind zeitgleich an verschiedenen Stellen Brände entfacht haben sollen. Sechs Männer wurden deshalb festgenommen; vier der mutmasslichen Brandstifter im Alter von 19 und 20 sollen sich am Samstag auf Lesbos einer ersten Anhörung gestellt haben, zwei weitere verdächtige 17-Jährige sollen am Montag gehört werden.

Die Migranten auf Lesbos fordern, ganz von der Insel gebracht zu werden. Dies unterstützen auch humanitäre Organisationen. Athen hält sich aber an das Abkommen der EU mit der Türkei vom Jahr 2016. Demnach müssen alle Migranten auf den Inseln bleiben, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Wer kein Asyl bekommt, muss in die Türkei zurück. Mit Verweis auf Corona nimmt die Türkei aber seit Monaten keine Migranten mit abgelehnten Asylanträgen mehr zurück.

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