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Post will Paketkontingente für 100 grösste Auftraggeber

Die Post zieht die Reissleine und will die 100 grössten Paketauftraggeber mit Kontingenten belegen. Sie könne die Paketflut sonst nicht mehr bewältigen. Der Versandhandel ist alarmiert und verlangt die Aufhebung der Non-Food-Sperren in den Läden als Teil der Lösung.

Agentur
sda
03.04.20 - 20:35 Uhr
Politik
Ein Postbote auf Liefertour in Bern. Mit Kontingenten für die 100 grössten Auftraggeber will die Post den Kollaps des Verarbeitungs- und Zustellungssystems verhindern. (Archivbild)
Ein Postbote auf Liefertour in Bern. Mit Kontingenten für die 100 grössten Auftraggeber will die Post den Kollaps des Verarbeitungs- und Zustellungssystems verhindern. (Archivbild)
KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Die Post habe am Donnerstag ihre 100 grössten Paketkunden informiert, dass sie als Notfallmassnahme ab sofort bei den Standardpaketen ein Mengenkontingent pro Arbeitstag einführen wolle, erklärte Post-Mediensprecher Oliver Flüeler auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Mit der Massnahme wolle die Post die Mitarbeitenden schützen und die Versorgung der Schweiz mit Paketen aufrechterhalten.

Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) gewährt der Post nun eine temporäre Kontingentierung für die Frist von einer Woche bis Ostern, wie Flüeler am Freitagabend auf Anfrage ergänzte. Auf Initiative des Uvek soll die Post mit den Partnern des Versandhandels, Mitbewerbern und Sozialpartnern an einem runden Tisch rasch tragfähige Lösungen für die Bewältigung der Paketflut finden.

Die Post habe seit Beginn der Notlage eine enorme Zunahme an Paketen zu bewältigen. Die Paketmengen erreichten von Tag zu Tag neue Höchstwerte und würden teilweise sogar die Mengen zur Weihnachtszeit übertreffen.

Trotz der bereits getroffenen zahlreichen Massnahmen sei die Grundversorgung in Frage gestellt. «Wir können die schiere Menge nicht mehr bewältigen», schreibt Flüeler im Namen der Post in seiner Stellungnahme. Einfach mehr Personal einzusetzen, reiche nicht, denn «wir müssen die Vorgaben des Social Distancing einhalten».

«Schlimmste Befürchtungen eingetroffen»

«Die schlimmsten Befürchtungen sind eingetroffen», reagierte der Verband des Schweizerischen Versandhandels (VSV) am Freitag in einer Mitteilung an die Medien auf die Ankündigung. Der Paketzustellung drohe ohne Massnahmen der Kollaps. Der Verband sei offen für konstruktive Lösungen und versuche diese mit der Post zu finden.

Eine Kontingentierung wäre in ihrer Tragweite und Kurzfristigkeit einschneidend, schreibt der VSV. Verschiedene Online- und stationäre Händler hätten unterdessen ihre Kapazitäten aufgestockt oder verlagert, um der steigenden Online-Nachfrage Herr zu werden. Nun würden diese Bemühungen innert Tagesfrist in Frage gestellt. Personen, die man eben erst eingestellt habe, müssten wieder entlassen werden.

Versandhändler mit fünf Vorschlägen

Der VSV formuliert in seiner Mitteilung fünf Massnahmen, die die Lage entschärfen helfen könnten. Eine davon ist die rasche Aufhebung der Absperrung von Non-Food-Sortimenten in Grossverteilern und Lebensmittelgeschäften. Diese Absperrungen für Produkte des nicht täglichen Bedarfes belasten laut VSV das Paketsystem zusätzlich.

Weiter müsse der Fokus auf das Inlandgeschäft gelegt und die sogenannten UPU-Sendungen aus dem Ausland suspendiert werden. Es handelt sich um täglich über 100'000 Kleinwarensendungen aus dem Ausland. Diese Kapazitäten sollten laut VSV für den nationalen Handel freigeben werden.

Zudem müsse die Post den Briefkanal umgehend auch für Kleinpakete öffnen. Ferner soll bis zur Lockerung der Ladenschliessungen die Sonntags- und Feiertagszustellung generell erlaubt werden. Schliesslich müsse eine «kontrollierte Abholung» unter Einhaltung der Abstands- und Dosierungsregeln wie im Lebensmitteleinzelhandel ermöglicht werden.

Post: «Zeit für eine Lösung eilt»

Mit all diesen Massnahmen könne der Paketversand weiter aufrechterhalten und die Konsumentinnen und Konsumenten zuverlässig versorgt werden, zeigt sich der VSV überzeugt.

Postsprecher Flüeler betont, die Zeit für eine Lösung eile, «wenn wir nicht einen Kollaps der Paketversorgung der Schweiz riskieren wollen». Dies gelinge nur, wenn alle beteiligten Akteure aufeinander Rücksicht nehmen würden. Es gehe darum, gemeinsam dafür zu sorgen, dass «die Mengen das System nicht überfordern».

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