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Parmelin will Initiativen «starke Massnahmen» entgegenstellen

Mehr tun für den Umweltschutz, für die soziale Abfederung der Bauern und gegen Mindereinnahmen wegen klimabedingter Ernteausfälle: Die künftige Agrarpolitik muss sich vielen Herausforderungen stellen. Der Bundesrat bleibt seinen Plänen weitgehend treu.

Agentur
sda
21.08.19 - 16:58 Uhr
Politik
Bundesrat Guy Parmelin gibt die Richtung vor, in welche sich die Landwirtschaft in den kommenden Jahren entwickeln soll. Viele geplante Massnahmen sind umstritten.
Bundesrat Guy Parmelin gibt die Richtung vor, in welche sich die Landwirtschaft in den kommenden Jahren entwickeln soll. Viele geplante Massnahmen sind umstritten.
KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Landwirtschaftsminister Guy Parmelin erwähnte am Mittwoch bei der Fragerunde vor den Bundeshausjournalisten in Bern immer wieder die gleichen Schlagworte: Effizienz, Wertschöpfung, Umweltschutz und soziale Abfederung. Auf diesen Achsen soll die Agrarpolitik ab dem Jahr 2022 (AP22+) aufgebaut sein. Es sind grosso modo die gleichen Pfeiler, die der Bundesrat bereits vor neun Monaten kommuniziert hatte.

Über 400 Stellungnahmen waren während der Vernehmlassungsphase zur Vorlage eingegangen. Es gab teils harsche Kritik an den Plänen des Bundesrats. Zu ambitioniert, sagten die einen - zu wenig mutig, sagten die anderen. Nun will der Bundesrat die Anliegen bis im Frühling 2020 in einer Botschaft ans Parlament unter einen Hut bringen - wegen der Flut an Rückmeldungen mit einem halben Jahr Verspätung. «Wir analysieren alle Rückmeldungen genau», sagte Parmelin dazu.

Vorschriften statt Verbote

Dass auch die hängigen Volksinitiativen zum Trinkwasser und zum Pestizidverbot sowie die kürzlich publizierten Grenzwertüberschreitungen des Fungizids Chlorothalonil einen Einfluss auf den Fahrplan der Vorlage haben, verneinte Parmelin. Er gestand aber gleichzeitig, dass ihm der vergangene Woche veröffentlichte Bericht zur Trinkwasserqualität zu denken gegeben habe.

Die vorgestellten Massnahmen in der künftigen Agrarpolitik seien gerade vor diesem Hintergrund der richtige Weg. Die beiden Initiativen gingen dagegen zu weit. «Es ist viel besser, konkrete Massnahmen zu ergreifen, wie wir es wollen, statt alles zu verbieten», sagte Parmelin mit Verweis auf die Pestizidverbotsinitiative.

Er möchte mit einem «starken und genügenden» Massnahmenpaket «zentrale Anliegen der Trinkwasserinitiative» aufnehmen. Er tue dies «unabhängig» von einem möglichen indirekten Gegenvorschlags zu den beiden Initiativen, sagte Parmelin. Gleichzeitig sprach er von einem «wichtigen Signal» des Bundesrats an die Adresse des Parlaments.

Neue Klimaschutzmassnahmen

So nimmt der Bundesrat beispielsweise einen verbindlichen Absenkpfad für die landwirtschaftlichen Nährstoffverluste in die Vorlage hinein. In der Agrarpolitik 22+ wird demnach eine Reduktion der Stickstoff- und Phosphorüberschüsse um mindestens 10 Prozent bis 2025 im Vergleich mit 2015 und um mindestens 20 Prozent bis 2030 gegenüber 2015 festgelegt. Offen ist derzeit noch, was passiert, wenn diese Ziele verfehlt würden.

Zudem will der Bundesrat eine Gesetzesgrundlage schaffen, damit sich der Bund an Prämien von Wetterereignisversicherungen finanziell beteiligen kann. Damit will er die Landwirtschaft bei Ernteverlusten, die durch den Klimawandel verursacht werden, besser positionieren. Es sei kein Transfer von Steuergeldern für Bauernversicherungen vorgesehen, antwortete Parmelin auf eine entsprechende Frage.

Noch in Prüfung ist eine mögliche Gesetzesgrundlage, um bei wiederholten und in grossen Teilen der Schweiz festgestellten Überschreitungen von Grenzwerten von Pflanzenschutzmitteln in Oberflächengewässern Massnahmen ergreifen zu können. Unter Federführung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) sollen Bund und Kantone in den kommenden Monaten Vorschläge machen. Betroffen sei nicht nur die Landwirtschaft, sagte Parmelin.

Verzicht auf neue Regeln im Pachtrecht

Eine Mehrheit unterstütze die vorgeschlagenen Ziele und Stossrichtungen, sagte der Landwirtschaftsminister. Es zweifle niemand daran, dass die Agrarpolitik auf Gesetzesstufe an die heutigen Bedürfnisse angepasst werden müsse.

Die Regierung will die Vorlage gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf noch etwas entschlacken. So soll auf die vorgeschlagene Mittelverschiebung innerhalb der Milchzulagen, die Einführung eines Betriebsbeitrags und eines zweiteiligen Biodiversitätsfördersystems sowie auf die Revision des Pachtrechts verzichtet werden.

Festhalten will er an seinem Vorschlag, die minimalen Anforderungen an die Ausbildung für neue Direktzahlungsbezüger zu erhöhen. Die konkrete Umsetzung ist noch offen. Allerdings soll die Berufsprüfung nicht als Voraussetzung gelten.

«Es geschehen praktisch täglich Dramen»

Auch die Revision des bäuerlichen Bodenrechts soll trotz kritischer Äusserungen umgesetzt werden, weil sie laut dem Bundesrat «die bäuerlichen Familienbetriebe stärkt und gleichzeitig mehr Handlungsspielraum schafft».

Noch ohne in die Details zu gehen, versprach Parmelin, in der Botschaft Massnahmen zu sozialen Abfederung von Bäuerinnen und Bauern zu skizzieren. «Es geschehen praktisch täglich Dramen», sagte Parmelin. Laut dem Schweizer Bäuerinnen- und Landfrauenverbands sind in der Schweiz über 31'000 Bäuerinnen schlecht oder gar nicht sozial abgesichert.

Den gesamte Umfang der finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2022 bis 2025 will der Bundesrat nach der Vernehmlassung nicht anpassen. Mit 13,915 Milliarden Franken entsprechen sie der heutigen Grössenordnung. Weil es aber immer weniger Bauern gibt, bleibt mehr für jene, die weitermachen.

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