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Grossdemo mit Prominenten gegen Puerto Ricos Regierung

Bei einer Grossdemonstration gegen die Regierung der Karibikinsel Puerto Rico ist es zu Zusammenstössen mit der Polizei des US-Aussengebietes gekommen. Sieben Menschen sind laut Polizeiangaben festgenommen und 16 leicht verletzt worden, darunter vier Polizisten.

Agentur
sda
18.07.19 - 16:40 Uhr
Politik
Im US-Aussengebiet Puerto Rico sind am Mittwoch (Ortszeit) wieder zahlreiche Menschen gegen die Lokalregierung um Ricardo Rosello auf die Strasse gegangen.
Im US-Aussengebiet Puerto Rico sind am Mittwoch (Ortszeit) wieder zahlreiche Menschen gegen die Lokalregierung um Ricardo Rosello auf die Strasse gegangen.
KEYSTONE/EPA EFE/THAIS LLORCA

Gegen Ende der Kundgebung, die auch von puerto-ricanischen Stars wie Sänger Ricky Martin und Oscarpreisträger Benicio del Toro («Traffic») unterstützt wurde, setzten die Sicherheitskräfte Medienberichten zufolge am Mittwochabend Tränengas und Gummigeschosse ein. Die Beamten seien in der Hauptstadt San Juan mit Brandsätzen und Steinen angegriffen worden, sagte Polizeichef Henry Escalera.

Auslöser der Proteste gegen Gouverneur Ricardo Rosselló und seine Regierung war die Veröffentlichung zahlreicher Nachrichten einer privaten Gruppe des Messenger-Dienstes Telegram aus dem Zeitraum zwischen Ende 2018 und Anfang dieses Jahres. Darin äusserten sich Rosselló und einige Vertraute abwertend über verschiedene Menschen, darunter Politiker, Journalisten und Aktivisten.

Manche der Aussagen wurden von vielen als frauen- und schwulenfeindlich, vulgär und respektlos gegenüber den Opfern des verheerenden Hurrikans María von 2017 empfunden. Ausserdem wurden Staatsangelegenheiten besprochen, obwohl nicht alle Mitglieder der Gruppe der Regierung angehörten.

Kein Frieden für die Regierung

«Diese sogenannten Anführer vertreten uns nicht», rief Ricky Martin (47) den Demonstranten zu. In dem Chat hatten sich Beteiligte Medienberichten zufolge auch abfällig über den homosexuellen Musiker («Livin' la Vida Loca») geäussert. Auf Transparenten war etwa zu lesen: «Wenn es keine Gerechtigkeit für das Volk gibt, soll es für die Regierung keinen Frieden geben». Mehrere Kreuzfahrtschiffe machten wegen der Situation nicht wie geplant Station in San Juan.

Der Rapper René Pérez, Mitgründer der Band Calle 13 und besser bekannt als Residente, forderte: «Wir können nicht aufhören, zu demonstrieren, bis Rosselló weg ist.» Zu den Unterstützern der Proteste vor Ort zählte auch Reggaeton-Star Bad Bunny. Ein Song von Residente und Bad Bunny gegen Rosselló wurde am Mittwoch bei YouTube hochgeladen und innerhalb von 24 Stunden weit mehr als 1,5 Millionen Mal aufgerufen.

Auch in New York, wo viele Puerto Ricaner leben, gab es eine Kundgebung gegen Rosselló. Seit Ende vergangener Woche hatte es jeden Tag Demonstrationen in Puerto Rico gegeben, deren Teilnehmer den Rücktritt des Regierungschefs forderten.

Rosselló stand bereits zuvor wegen des langsamen Wiederaufbaus nach Hurrikan María unter Druck. Hinzu kam ein Korruptionsskandal, im Zuge dessen unter anderen die bisherige Bildungsministerin Julia Keleher vergangene Woche von der US-Bundespolizei FBI festgenommen wurde.

Gouverneur schliesst Rücktritt aus

Rosselló (40) hat einen Rücktritt wiederholt ausgeschlossen. Mehrere Mitglieder der Telegram-Chat-Gruppe, darunter auch der Vize-Gouverneur, räumten allerdings inzwischen ihre Posten. Veröffentlicht wurden die fast 900 Seiten des Chatverlaufes vom Zentrum für Investigativen Journalismus CPI.

Puerto Rico (spanisch: reicher Hafen) ist das grösste Aussengebiet der USA. Die bei Kreuzfahrttouristen beliebte Insel hat rund 3,2 Millionen Einwohner. Mit knapp 9000 Quadratkilometern ist sie etwa so gross wie Zypern. Als assoziierter Freistaat gehört Puerto Rico nicht zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Zwar sind die Bewohner US-Bürger, aber sie dürfen nicht an der Präsidentenwahl teilnehmen, und ihre Delegierten im Kongress in Washington haben kein Stimmrecht.

Im Juni 2017 sprachen sich die Puerto Ricaner in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit dafür aus, dass die Insel der 51. Bundesstaat der USA werden soll. Darüber kann aber nur der US-Kongress in Washington entscheiden.

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