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Es weht ein anderer Dorfspirit

Zurzeit setzen einige Dörfer im Kanton auf eine Kommunikation, die dem eigentlichen Dorfspirit entgegensteht – der digitalen Kommunikation. Trotzdem haben die Gemeinden Haldenstein, Zernez und Surses das Ziel, dadurch das Dorfleben wieder aufleben zu lassen und nachhaltig zu stärken.

15.03.19 - 04:30 Uhr
Politik
Früher tauschten sich die Menschen auf den Strassen aus - heute digital.
Früher tauschten sich die Menschen auf den Strassen aus - heute digital.
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«Früher trafen sich die Menschen auf den Strassen und tauschten sich über ihr Leben, ihre Wünsche und Anliegen aus. Heute zucken alle das Handy und die Kommunikation findet nicht statt». So kommentiert die Gemeindepräsidentin von Haldenstein, Gerda Wissmeier, die Situation im 1000-Seelendorf.

Hoffnung schürt nun der digitale Dorfplatz – eine Webseite, welche seit rund einer Woche online ist und das Zusammenleben in Haldenstein ankurbeln soll. Für Wissmeier ist es zugleich überraschend wie auch interessant, was bislang auf der Plattform erschienen ist. So habe eine neu zugezogene Frau jemanden gesucht, der mit ihr spazieren geht, ein weiterer wollte sein Bienenhaus verkaufen und ein anderer suchte auf der Plattform einen Anhänger für den Umzug. «Ich bin überzeugt, dass es bei den Menschen nicht am Engagement fehlt, zu helfen – es findet einfach anders statt», so Wissmeier.

Den Dorfplatz gibt es auch als App

Ebenfalls getrieben von dieser Idee, die lokale Vernetzung im Dorf zu verbessern, sind die Gemeinden Zernez und Surses. Die Oberengadiner Gemeinde führt den digitalen Dorfplatz heute Freitag offiziell ein – in der Praxis besteht die Webseite bereits seit Mitte Januar und verzeichnet schon über 100 Mitglieder. Nebst Vereinen, Einheimischen und Institutionen nutzt bald auch der Tourismus und die Gemeinde diesen Kanal. Dank der App ist es zudem möglich, in Echtzeit zu kommunizieren und Push-Benachrichtigungen über die neusten Geschehnisse zu versenden.

Nicht nur für Einheimische

Im Surses steht anders als bei den vorherigen Beispielen nicht die Gemeinde, sondern der Verein «Anavant Surses» hinter dem digitalen Dorfplatz. Der Verein wurde gegründet, um die Zukunft des Surses positiv mitzugestalten. Auch hier soll der Dorfplatz den Austausch ankurbeln und unter anderem auch die Kommunikation zwischen Ein- und Zweitheimische fördern. Ein positives Beispiel sei das Auslehnen eines Kindersitzes zwischen einem Einheimischen und einem Zweitheimischen, wie es auf Anfrage von «suedostschweiz.ch» heisst. Ganz offiziell wird der digitale Dorfplatz im Surses zwar erst am 30. März lanciert, trotzdem zählt er bereits über 150 Mitglieder.

Kostenlose Dorfplätze sind im Trend

In der deutschsprachigen Schweiz nutzen derzeit bereits rund 20 Gemeinden die Online-Plattform des Schweizer Startups Crossiety. Das Unternehmen hebt sich laut eigenen Angaben von herkömmlichen sozialen Medien wie Facebook ab, indem es auf hohen Datenschutz setzt. Für die Mitglieder ist die Nutzung kostenlos – für die Gemeinden allerdings nicht. Beispielsweise kostet die Plattform für die Gemeinde Haldenstein jährlich 6000 Franken, wovon 5000 Franken den Grundbetrag ausmachen und für jeden Einwohner ein Franken gezählt wird. Solange es das Dorfleben ankurbelt, wird es für die Gemeinden jedoch gut investiertes Geld sein.

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