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Vorsorgeauftrag leicht gemacht

Er kommt zum Einsatz bei Urteilsunfähigkeit: der Vorsorgeauftrag. Der Rapperswiler Nationalrat Marcel Dobler hat ein neues Online-Instrument kreiert, um einen individuellen Vorsorgeauftrag zu erstellen. Die Beratung durch eine Fachperson kann das Tool jedoch nicht in jedem Fall ersetzen.

29.11.18 - 04:30 Uhr
Politik
Marcel Dobler will die Menschen sensibilisieren.
Marcel Dobler will die Menschen sensibilisieren.
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Die Vorstellung ist beängstigend: Durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit kann sich die eigene Urteilsfähigkeit schlagartig vermindern. In einer solchen Situation ist ein Vorsorgeauftrag unabdingbar. In diesem wird nämlich festgehalten, wer für einen entscheiden soll. Im Idealfall ist das ein Angehöriger oder ein enger Freund. Denn: Für die meisten Menschen ist die Vorstellung, durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) ei-nen fremden Beistand zu erhalten, unangenehm.
Der einfachste Weg zum standardisierten Vorsorgeauftrag ist heute ein handgeschriebenes Dokument. Was dieses enthalten muss, ist beispielsweise auf der Webseite von Pro Senectute aufgelistet. Ist man nicht mehr in der Lage, selber einen Vorsorgeauftrag zu verfassen, kann ein Notar dabei helfen, heisst es auf der Homepage von Pro Senectute. Der Notar kontrolliert den Vorsorgeauftrag auf seine Richtigkeit und bestätigt, dass die betreffende Person zum Verfassungszeitpunkt urteilsfähig war. Pro Senectute weist darauf hin, dass die Kesb den Vorsorgeauftrag jedoch nur aner-kennt, wenn das Original vorliegt. «Kopien werden als Hinweis angesehen, sind aber nicht rechtsgültig», heisst es auf der Homepage der Fach- und Dienstleistungsorganisation für Altersfragen.


Günstiger als ein Anwalt

In den Augen von Unternehmer Marcel Dobler aus Rapperswil-Jona sind solche standardisierten Vorsorgeaufträge zu undifferenziert. Sie vernachlässigten die Bedürfnisse der Leute, findet Dobler. «Es ist wichtig, entscheiden zu können, welche Personen für welche Bereiche zuständig sein sollen», erklärt der FDP-Nationalrat auf Anfrage. Er propagiert deshalb ein neu lanciertes Hilfsinstrument, «mit dem jeder in kurzer Zeit seinen individuellen Vorsorgeauftrag kostenlos online erstellen» könne. Sein Werkzeug sei «massgeschneidert» und vergleichbar mit einer persönlichen Bera-
tung, sagt Dobler. In der Tat ist das
Tool weitgehend selbst erklärend. Es braucht aber Zeit und eine gewisse Vorbereitung. Beispielsweise muss man sich überlegen, ob man auf ei-
ne oder mehrere sogenannte Vertretungspersonen setzen möchte.


Viele «grosse» Fragen

Auch gilt es zu entscheiden, ob es neben der Vertretungsperson weitere Angehörige gibt, die miteinbezogen werden sollen. Als Nicht-Juristin fragt man sich da: Ist es üblich, dass eine Vertretungsperson weitere Personen konsultieren soll? Oder ist es besser, wenn einer allein die Verantwortung trägt? Auf diese Fragen gibt das Werkzeug keine Antwort.
Marcel Dobler hält sein Online-Werkzeug selber zwar für «die bestmögliche Vereinfachung». Trotzdem hat er für die oben beschriebene Situation vorgesorgt – und zwar mit einer im Internet aufgeschalteten Liste von Jungfreisinnigen und Ansprechpartnern von Pro Senectute. Diese könnten einem Fragen beantworten. Zudem plant Dobler im nächsten Jahr eine Veranstaltungsreihe im ganzen Kanton. Im Linthgebiet möchte Dob-ler bereits im Januar einen Infoabend durchführen. Dobler möchte die Leute animieren, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. «Letzten Endes können so auch Steuergelder gespart werden.» Denn: Wenn ein Vorsorgeauftrag vorhanden ist, muss die Kesb gar nicht erst einschreiten.


Der Wahlkampf hat begonnen

Thomas Diener, Vorsitzender der Geschäftsleitung Pro Senectute Kanton St.Gallen, hält Doblers Online-Tool   grundsätzlich für gut aufgebaut. «Eine neue Errungenschaft ist das Werkzeug aber nicht», hält Diener fest. Und: «Wenn Liegenschaften oder gebundenes Vermögen vorhanden sind oder Streitigkeiten innerhalb der Familie bestehen, wird es kompliziert.» In diesem Fall rät Diener zu einem Beratungsgespräch beim Juristen. Denn: «Unendlich vereinfachen kann man gewisse Fragen nicht.» In einem Beratungsgespräch könne man Fragen auf den Grund gehen. Gerade im Linthgebiet, wo das Thema Kesb seit Jahren virulent sei, ortet Diener eine grosse Verunsicherung. Gleichzeitig ist Diener überzeugt, dass viele Personen informiert seien über ihre Rechte und Pflichten in diesem Bereich.
Pro Senectute tritt in Doblers Online-Tool sozusagen in beratender Funktion auf, und zwar in der aufgeschalteten Liste mit Beratern (siehe Fusszeile). Mehr «Engagement» hätte die Organisation jedoch abgelehnt, erklärt Diener: «Pro Senectute ist unabhängig und neutral.» Die Organisation wolle sich nicht für den Wahlkampf einspannen lassen.

Beim Zivistandsamt hinterlegen

Nachdem alle Entscheidungen getroffen sind, ist der Vorsorgeauftrag aber noch nicht rechtskräftig. «Es gibt zwei Möglichkeiten», erklärt Marcel Dobler. «Entweder muss der Auftrag vollständig von Hand niedergeschrieben und mit Datum und Unterschrift versehen werden oder man zieht einen Notar bei, der das Dokument beurkundet.» Gegen eine Gebühr von 100 Franken muss das Dokument dann beim Zivilstandsamt des eigenen Wohnorts hinterlegt werden. Der Grund: Die zuständige Kesb ist verpflichtet, sich beim jeweiligen Zivilstandsamt des Wohnorts nach einem Vorsorgeauftrag zu erkundigen.
Auch Pro Senectute empfiehlt, den von Hand geschriebenen Vorsorgeauftrag zusammen mit anderen offiziellen Dokumenten aufzubewahren und dem Zivilstandesamt den Hinterlegungsort gegen eine Gebühr von 75 Franken anzugeben.

www.e-vorsorgeauftrag.ch

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