×

Benedikt Würth kapituliert vor aussichtsloser Situation

CVP-Regierungsrat Benedikt Würth aus Rapperswil-Jona kommt zum Schluss, dass eine Bundesratskandidatur chancenlos wäre. Demgegenüber öffnet sich die Tür für FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter aus Wil immer weiter.

16.10.18 - 13:27 Uhr
Politik
«Der Kopf sagt Nein»: Benedikt Würth steht nicht als Bundesrat zur Verfügung.
«Der Kopf sagt Nein»: Benedikt Würth steht nicht als Bundesrat zur Verfügung.
KEYSTONE

Die Überschrift ist klar und deutlich: «Ich sehe von einer Kandidatur für den Bundesrat ab», steht über einer Erklärung, die der St. Galler Finanzdirektor Benedikt Würth (CVP) gestern den Medien zukommen liess. Er habe diesen Entscheid nach einer «sorgfältigen Lagebeurteilung» gefällt, schreibt Würth. Damit nimmt er sich im Kampf um die Nachfolge für die zurücktretende Doris Leuthard aus dem Rennen. Gewählt wird am 5. Dezember.

Als Begründung gibt Würth die «Konstellation» an, die sich abzeichne. Im Klartext: Weil Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP) aus Wil als Nachfolgerin für den ebenfalls demissionierenden Johann Schneider-Ammann faktisch gesetzt ist, sieht Würth für sich als zweiten Ostschweizer keine Chance. «Es gibt eine klare Strömung: Der FDP-Sitz soll in die Ostschweiz gehen, der CVP-Sitz in einen anderen Landesteil», sagt der 50-jährige Regierungsrat aus Rapperswil-Jona gegenüber der «Linth- Zeitung».

CVP-Sitz für die Innerschweiz?

Der St. Galler SP-Präsident Max Lemmenmeier vermutet, dass die CVP Kandidaturen aus der Innerschweiz forcieren will, die seit 2003 nicht mehr im Bundesrat vertreten ist (Ausgabe vom Mittwoch). Würth selber will sich an diesen Spekulationen nicht beteiligen: «Noch ist nicht einmal klar, wer alles zur Verfügung steht», hält er fest (siehe Kasten). Deshalb wolle er zumindest zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Wahlempfehlung für ein anderes CVP-Mitglied aussprechen.

Würth macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Verzicht auf eine Bundesratskandidatur schwergefallen ist: «Ich habe mit mir gerungen», sagt er offen. Dies bringt er auch in seiner gestrigen Mitteilung zum Ausdruck: «Vor dem Hintergrund meines Werdegangs und meiner Erfahrungen hätte mich die Aufgabe gereizt», schreibt er. Am Ende habe er einen Vernunftentscheid getroffen: «Das Herz sagt Ja zu einer Kandidatur, aber der Kopf sagt Nein.» Gefällt habe er diesen Entscheid über das Wochenende, verrät Würth.

Würth unterstützt Keller-Sutter

In seinem Schreiben betont der ehemalige Stadtpräsident von Rapperswil-Jona einmal mehr, dass er die Kandidatur von Keller-Sutter vorbehaltlos unterstütze. «Die Ostschweiz muss aufgrund ihres Bevölkerungsanteils und ihrer Wirtschaftsleistung wieder im Bundesrat vertreten sein», bekräftigt er eine Forderung, welche die Ostschweizer Regierungskonferenz nach dem Rücktritt der Bündnerin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) im Jahr 2015 erhob. Nun stehe mit Keller-Sutter eine Kandidatin zur Verfügung, die nicht nur «beste Wahlchancen» habe, sondern für ein Bundesratsmandat auch «sehr gut vorbereitet» sei.

Für Keller-Sutter sind die Wahlchancen in den vergangenen Tagen nochmals markant gestiegen. Am Freitag gab der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid bekannt, dass er zu ihren Gunsten auf eine Kandidatur verzichte. Medienberichten zufolge hatte sich Keller-Sutter vor keinem anderen potenziellen Konkurrenten so sehr gefürchtet wie vor dem rechtsfreisinnigen Wirtschaftsvertreter. Nachdem sich gestern mit der Zürcher Nationalrätin Regine Sauter eine weitere FDP-Frau aus dem Rennen genommen hat, ist weit und breit keine Alternative zur amtierenden Ständeratspräsidentin in Sicht. «Der Druck ist gross, dass eine freisinnige Frau in den Bundesrat gewählt werden soll», begründete Martin Schmid seinen Verzicht.

Echte Wahl dank Alibi-Kandidat

Kaum Chancen werden dem Schaffhauser FDP-Regierungsrat Christian Amsler eingeräumt, der laut einem Bericht des «Tages-Anzeigers» am Donnerstag seine Kandidatur bekannt geben will. Da Amsler als Aussenseiter nichts zu verlieren hat, könnte ihn die Partei zusammen mit Keller-Sutter als Teil eines Zweiertickets antreten lassen, ohne ihn zu verheizen. Dies wäre für beide Seiten ein Gewinn: Die FDP könnte dem Parlament so eine echte Wahlmöglichkeit bieten und Amsler sich auf nationaler Ebene profilieren.

Noch nicht bekannt sind die weiteren Pläne von Benedikt Würth. Denn für den Fall, dass die Bundesversammlung Keller-Sutter tatsächlich in den Bundesrat hievt, gilt er als aussichtsreicher Anwärter für ihre Nachfolge im Ständerat. Vor der Wahl am 5. Dezember will Würth sich jedoch nicht in die Karten schauen lassen: «Auf diese Frage werde ich erst dann eine Antwort geben», erklärt er.

CVP-Kandidaten sind noch in Lauerstellung
Bis zum 25. Oktober läuft die Frist für CVP-Mitglieder, die sich um die Nachfolge von Doris Leuthard im Bundesrat bewerben wollen. Er gilt als Favorit neben der Walliser Nationalrätin Viola Amherd, deren Ambitionen ebenfalls bekannt sind. weil sie gemäss einem Gerichtsurteil über Jahre von einem Mieter zu Unrecht Geld kassiert haben soll. der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin, die Urner Regierungsrätin Heidi Z’graggen, die Baselbieter Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter sowie der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR