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Nein zur Spracheninitiative – die Argumente der Initiativgegner

Südostschweiz
19.09.18 - 04:30 Uhr
Politik
Kommentar

Von Johannes Flury

«Die Schule braucht Raum und Luft», so das Fazit eines Artikels in der NZZ und ich würde gerne hinzufügen, sie braucht auch Zeit. Und diese Zeit lässt man ihr nicht, wenn gefundene Kompromisse immer wieder infrage gestellt und durch neue Modelle ersetzt werden. Darum sehen auch die abnehmenden Schulen keinen Mehrwert in der Initiative, darum warnen Kenner der juristischen Abläufe vor jahrelangen parlamentarischen und rechtlichen Verfahren und der damit verbundenen Unsicherheit.

«Die Schülerinnen und Schüler sind überfordert» – wer sagt das? Wenn dem wirklich so wäre, müssten es die Lehrerinnen und Lehrer wohl bemerkt haben. Aber nur rund 22 Prozent von ihnen haben an der Urabstimmung des Verbands Lehrpersonen Graubünden (Legr) teilgenommen, die Initiative wurde von ihnen abgelehnt. Offenbar sieht die Lehrerschaft die Probleme nicht hier. Und die Eltern, ja wir alle, befrachten die Kinder ständig mit Neuem: Sport, künstlerische Aktivitäten, Jugendorganisationen, alles wunderbare Dinge. Aber hier spricht niemand von Überforderung.

«Englisch nützt ihnen mehr» – hat denn alles in der Schule unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt und nur so seinen Wert? Öffnet nicht eine Sprache eine Welt, auch wenn wir sie nur ansatzweise beherrschen? Gibt es in Europa nur Englisch oder nicht – übrigens weltweit – mit Spanisch, Italienisch, Französisch, Portugiesisch viele romanische Sprachen?

«In den frei werdenden zwei Stunden kann das und jenes und ein Drittes gemacht werden!» Ach, liebe Initiantinnen und Initianten, wie wenn ihr das bestimmen könntet und wie wenn die Schule mit zwei Stunden anders würde! Wer würde nicht alles versuchen, hier sich einen Teil zu holen!

Konzentrieren wir uns auf die Verbesserung des Bisherigen, renovieren, nicht umbauen, heisst die Devise. Und darum braucht die Schule Raum und Luft und Zeit und ruhiges Arbeiten.

Johannes Flury ist Präsident der romanischen Sprach- und Kulturorganisation Lia Rumantscha und Gegner der Fremdspracheninitiative. Ihm tritt in einem weiteren Kommentar Jöri Luzi, Lehrer und Erstunterzeichner der Fremdspracheninitiative, gegenüber.

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