×

Tausende Menschen bei Protesten gegen Rechts und gegen Flüchtlinge

Knapp eine Woche nach den tödlichen Messerstichen und den anschliessenden ausländerfeindlichen Ausschreitungen sind erneut mehrere tausend Demonstranten verschiedener Lager in Chemnitz auf die Strasse gegangen.

Agentur
sda
01.09.18 - 18:15 Uhr
Politik
In Chemnitz sind am Samstag erneut mehrere tausend Demonstranten verschiedener Lager auf die Strasse gegangen.
In Chemnitz sind am Samstag erneut mehrere tausend Demonstranten verschiedener Lager auf die Strasse gegangen.
KEYSTONE/EPA/FRANZ FISCHER

Während nach Veranstalterangaben am Samstag mehr als 2000 Menschen für Frieden und gegen Ausländerfeindlichkeit auf einem Parkplatz bei der Johanniskirche protestierten, folgten begleitet von starken Polizeikräften mindestens 1500 Menschen einem Aufruf der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz. Sie wollten an das 35-jährige Opfer erinnern und gegen die Flüchtlingspolitik der deutschen Regierung demonstrieren.

Rund eine halbe Stunde nach Beginn der rechten Proteste beschlossen die Teilnehmer überraschend, sich einer anschliessend geplanten Kundgebung der AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida anzuschliessen. Unter Rufen wie «Wir sind das Volk» und «Merkel muss weg» machten sich die Demonstranten auf den Weg zum anderen Versammlungsort.

Polizei mit starker Präsenz

Die Polizei zeigte starke Präsenz, unter anderem mit berittenen Beamten, Wasserwerfern und gepanzerten Fahrzeugen. Sie wurde von Kräften aus mehreren Bundesländern und von der Bundespolizei unterstützt. Angaben zur Stärke der Einsatzkräfte oder zur Zahl der Demonstrationsteilnehmer machte die Polizei zunächst nicht.

Zu der «Chemnitz-Nazifrei-Veranstaltung» bei der Johanniskirche waren neben Bundes- und Landespolitikern auch die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) erschienen. «Von Sachsen und Chemnitz muss heute die klare Botschaft ausgehen: Wir werden mit allen Mitteln des Rechtsstaates den rechten Hetzern entgegentreten.»

Unterdessen wiesen die Bundespolizei und das Innenministerium in Sachsen einen Bericht über eine «schwere Panne» als Grund für die Unterbesetzung der Polizei bei den Ausschreitungen am vergangenen Montag in Chemnitz zurück.

Das Lagezentrum habe darauf verzichtet, beim Bundespolizeipräsidium in Potsdam nach Verstärkung zu fragen, sagte ein Ministeriumssprecher in Dresden auf Anfrage. Die zusätzlichen Kräfte und Helikopter wären erst kurz vor Mitternacht vor Ort gewesen, erklärte er. Die «Welt am Sonntag» (Sonntag) schrieb von einer «schweren Panne» und «fehlerhaftem Verhalten».

Gewaltbereite Neonazis

Am vergangenen Montagabend waren 6000 Demonstranten aus dem rechten Spektrum, darunter gewaltbereite Neonazis und Hooligans, etwa 1500 Gegendemonstranten gegenübergestanden - dazwischen knapp 600 Polizisten.

Vor knapp einer Woche war ein 35-jähriger Deutscher bei einer Messerattacke in Chemnitz getötet worden, zwei weitere wurden verletzt. Als Tatverdächtige sitzen ein Iraker und ein Syrer in Untersuchungshaft. Die Tat war Anlass für Demonstrationen, aus denen heraus es zu ausländerfeindlichen Attacken kam. Einzelne Teilnehmer streckten auch den Arm zum Hitlergruss aus.

Zu der Kundgebung unter dem Motto «Herz statt Hetze» erschienen unter anderem SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und der Fraktionschef der Linken im Bundestags, Dietmar Bartsch. «Ich finde es ganz toll, dass die Stadtgesellschaft in Chemnitz aufsteht und ein klares Zeichen setzt, dass Hass, dass Gewalt, dass Rassismus in der Stadt nichts zu suchen haben», sagte Bartsch der Nachrichtenagentur dpa.

Auch die SPD wolle ein Zeichen setzen, sagte Klingbeil der dpa. «Wir stehen hinter den friedlichen Protesten, wir wollen, dass klar wird, die Mehrheit denkt hier anders, denkt nicht rechtsextrem, denkt nicht ausländerfeindlich.»

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Politik MEHR