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Die Mitte schwenkt um

Das Inventar der schützenswerten Bauten wird doch nicht ausgedünnt. Der Landrat hat gestern einen früheren Entscheid umgestossen. Bei den Mitteparteien hat ein Meinungsumschwung stattgefunden.

Fridolin
Rast
30.08.18 - 04:30 Uhr
Politik
«Eine schwammige Formulierung erzeugt Rechtsunsicherheit»: Andrea Trummer begründet das Nein der CVP.
«Eine schwammige Formulierung erzeugt Rechtsunsicherheit»: Andrea Trummer begründet das Nein der CVP.
FRIDOLIN RAST

Die SVP hat gestern von BDP, CVP und GLP keinen Support mehr bekommen: Die Landräte der Mitteparteien stimmten geschlossen gegen die Ausdünnung des Inventars der schützenswerten Bauten. Die SVP blieb mit ihrem Anliegen diesmal also alleine und damit klar in der Minderheit.

Ganz offensichtlich hat die Lobbyarbeit des Glarner Heimatschutzes Früchte getragen, der vor einem Kahlschlag gewarnt hatte. Die SVP hatte erreichen wollen, dass pro Gemeinde nur noch ein einziges «charaktergleiches» Objekt in das Inventar aufgenommen wird. Also zum Beispiel nur noch je ein Hänggiturm oder ein Güterschuppen in Glarus Süd, Glarus und Glarus Nord.

Vertauschte Rollen

Vor zwei Jahren sah die Sache noch anders aus: Mit den Stimmen von SVP, BDP, GLP und einzelnen aus der CVP hat der Landrat damals eine Motion der SVP überwiesen. Damit hatte das Parlament die Regierung gegen ihren ausdrücklichen Willen beauftragt, die Verordnung über den Natur- und Heimatschutz in zwei Punkten zu ändern. Erstens sollte die Bestimmung über die «charaktergleichen» Objekte aufgenommen werden. Und zweitens sollten Objekte, die schon verändert worden sind oder kurz vor einem Umbau stehen, nicht ins Inventar aufgenommen werden dürfen. Der Landrat hatte damit kurz vor der Verabschiedung des eigentlich fixfertigen Inventars durch die Regierung noch die Spielregeln geändert.

Die Überweisung der Motion vor zwei Jahren sei ein Fehler gewesen, sagte gestern Thomas Hefti (Schwanden, FDP). Jetzt könne der Fehler ausgebügelt werden, indem der Landrat nicht auf die Änderung der Verordnung eintrete und die Sache als erledigt abschreibe.

Die Fraktionssprecher von FDP, BDP/GLP, CVP, SP und Grünen waren derselben Ansicht wie Hefti. Es resultierte die etwas groteske Situation, dass sich die Mehrheit der Fraktionen gegen die Erfüllung eines Auftrages des Landrates durch die Regierung aussprach, während sich diese Regierung dafür einsetzte, obwohl sie sich vor zwei Jahren noch mit Händen und Füssen dagegen gewehrt hatte.

Es war dem zuständigen Regierungsrat Benjamin Mühlemann allerdings anzusehen, dass er seine Vorlage nur halbherzig verteidigte. Er führte aus, wie das Inventar in langjähriger Arbeit zustande gekommen und dann im letzten Augenblick vom Landrat ausgebremst worden war. Die Regierung habe dann die Anliegen der Motion aufgenommen und «eine politisch mehrheitsfähige Lösung» gesucht. Mühlemann sollte sich irren.

Niemand will gegen Kultur sein

Für die Vorlage wehrte sich aus dem Rat nur die SVP. Toni Gisler (Linthal) redete die Auswirkungen der Änderung klein und warf dem Heimatschutz vor, er mache auf Alarmismus. «Auch wir wollen achtungsvoll mit der Baukultur umgehen», versprach Gisler. Aber das dürfe die wirtschaftliche Entwicklung nicht bremsen, vor allem in Glarus Süd. Die Vorlage beschreite einen goldenen Mittelweg.

Die Gegner warnten vor grosser Rechtsunsicherheit, weil der Begriff des «charaktergleichen» Objekts alles andere als klar sei. Das sei «ein Eldorado für Rechtsanwälte», meinte etwa Rechtsanwalt Thomas Hefti. Und der Gemeindepräsident von Glarus Süd, Mathias Vögeli (BDP, Rüti), fragte, wie denn bei zwei charaktergleichen Objekten in einer Gemeinde entschieden werde, welches geschützt werde und welches nicht. «Einer der beiden Eigentümer wird sich dann ins Fäustchen lachen», prophezeite er. Vögeli verlangte vom gestern erfolgreichen Heimatschutz aber auch mehr Flexibilität: «Für die Binnenentwicklung der Dörfer braucht es auch einmal einen Abriss und Neubau.»

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