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Bundesrat droht mit Gegenmassnahmen bei der Börsenregulierung

Der Bundesrat schlägt zurück: Im Streit um die Anerkennung der Schweizer Börsenregulierung droht er, den EU-Handelsplätzen die Anerkennung zu entziehen. Dort dürften dann keine Schweizer Aktien mehr gehandelt werden.

Agentur
sda
08.06.18 - 16:42 Uhr
Politik
Finanzminister Ueli Maurer (rechts) und Staatssekretär Jörg Gasser drohen der EU mit Gegenmassnahmen, falls die Schweizer Börsenregulierung nicht als gleichwertig anerkannt wird.
Finanzminister Ueli Maurer (rechts) und Staatssekretär Jörg Gasser drohen der EU mit Gegenmassnahmen, falls die Schweizer Börsenregulierung nicht als gleichwertig anerkannt wird.
KEYSTONE/ANTHONY ANEX

«Was wir erhalten, geben wir. Wo wir etwas nicht erhalten, geben wir es auch nicht», fasste Finanzminister Ueli Maurer die Strategie am Freitag vor den Bundeshausmedien zusammen. Es handle sich aber lediglich um einen Plan B, «eine Zwischenlösung, bis wir die Kurve gekriegt haben».

Eskaliert ist der Streit Ende letzten Jahres. Damals entschied die EU, die Schweizer Börsenregulierung nur befristet für ein Jahr als gleichwertig zu anerkennen. Damit baute sie Druck auf in den Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen. Ohne Anerkennung der Äquivalenz würden Aktienhändler und Investoren aus der EU vom Schweizer Aktienhandel abgeschnitten.

Dramatische Folgen

Die Folgen wären dramatisch. Laut Maurer könnte das Handelsvolumen um 70 bis 80 Prozent einbrechen, was mehrere hundert Milliarden Franken ausmacht. Der Bundesrat deklariert seinen Entscheid denn auch als Massnahme «zum Schutz der Schweizer Börseninfrastruktur».

Für Jörg Gasser, Staatssekretär für internationale Finanzfragen, geht es um das Überleben der Schweizer Börse. Wenn die Schweiz nicht reagiere, müsse sich die Schweizer Börse fragen, ob sie den Aktienhandel in der Schweiz fortsetzen wolle.

Die neue Anerkennungspflicht für ausländische Handelsplätze könnte eine Gegenbewegung bewirken: Die Hoffnung ist, dass der Handel mit Schweizer Aktien in Paris, London, Frankfurt und anderen EU-Handelsplätzen in die Schweiz zurückkehrt. Die an EU-Börsen kotierten Unternehmen könnten aber auch auf Handelsplätze ausserhalb der EU abwandern. Es bestehe ebenfalls die Möglichkeit, dass Handelsteilnehmer die Schweizer Börse verliessen, sagte Gasser.

Gleichung mit vielen Unbekannten

Laut Maurer ist aber gerade für SMI-Unternehmen der Handel in der Schweiz wichtig. «Die Schweizer Blue Chips haben durchaus Interesse, in der Schweiz gehandelt zu werden.» Doch die Auswirkungen der Massnahme bleiben ungewiss. «Es ist eine Gleichung mit einigen Unbekannten», sagte Maurer.

Gasser geht davon aus, dass die Schweizer Börse dadurch weniger Volumen verliert. Auch die europäischen Börsen würden verlieren, sie seien aber nicht in ihrer Existenz bedroht.

Allerdings ist unklar, ob die Anerkennungspflicht überhaupt aktiviert werden muss. Der Bundesrat will Anfang Dezember entscheiden, wenn die EU die Anerkennung der Schweizer Börsenregulierung bis dahin nicht zumindest verlängert hat. Dass er seine Pläne schon jetzt offenlegt, begründet Maurer mit dem «Zustand der Unsicherheit» für den Finanzplatz. Mit der Ankündigung sende der Bundesrat ein Signal, wie es weitergehe.

Diskriminierende Massnahme

Ob Brüssel auf den Druck reagiert, ist ebenfalls ungewiss. Auf technischer Ebene stosse die Massnahme jedenfalls auf Verständnis, sagte Maurer. «Das würde jedes andere Land auch machen.» Auf politischer Ebene sieht sich der Bundesrat im Recht. Er hat die Verknüpfung der beiden Dossiers - Rahmenabkommen und Börsenäquivalenz - stets als diskriminierend bezeichnet. Die Schweiz erfülle alle technischen Voraussetzungen für die Äquivalenzanerkennung, erklärte Maurer.

In einer ersten Reaktion auf die bloss provisorische Anerkennung hatte der Bundesrat letzten Dezember die Abschaffung der Stempelsteuer erwogen. Dadurch würde der Wertpapierhandel in der Schweiz attraktiver. Diesen Plan hat er nun auf die lange Bank geschoben. Laut Maurer will der Bundesrat erst nach Verabschiedung der Steuervorlage 17 gegen Ende Jahr entscheiden, wie es damit weitergeht.

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