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Zerstörung von Churer Kulturland

Schon erstaunlich das Interesse an der Siedlung Waldhaus! Als an der Kreuzung Ring-Kasernenstrasse ein Gebäudekomplex, in dem mein Vater, Jahrgang 1911, als Knabe lebte, Parkplätzen weichen musste, gab es meines Wissens keine Einwände. Das Gleiche gilt für den Abriss von für Chur einmaligen Reihenhäusern bei der Fortunaüberbauung und der «Alten Sonne» eines z.T. Jahrhunderte alten Gebäudes an der Masanserstrasse. Da wurden nebenbei viele alte Obstbäume gefällt und eine grosse Fläche Kulturland zerstört. Aber vielleicht standen diese Gebäude einfach nicht im richtigen Quartier, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Mich macht es wütend und traurig, wenn Kulturland für den Bau von oft niedrigen Gebäuden, Strassen, Parkplätzen etc. zerstört werden. V.a. Wiesen und Weiden haben eine hohe Biodiversität und speichern in ihrem Wurzelwerk grosse Mengen an CO2. Die Böden sind ein komplexes Ökosystem von interagierenden Gliedertieren, Erdwürmer, Pflanzen, Einzeller, Pilze und Bakterien, die für die Entstehung und der Erhaltung der Fruchtbarkeit der Böden verantwortlich sind. Die meisten unserer Böden sind seit der letzten Eiszeit entstanden und sind damit um vieles älter als die ältesten Gebäude der Welt. Auf ihnen werden über 80% unserer Nahrung produziert. Böden sind das einzige Essenzielle, das man nicht importieren kann. Sie sind eine nichterneuerbare Ressource und für das Überleben eines Volkes unendlich wichtiger als irgendwelche Kathedralen. Trotzdem werden in der Schweiz jährlich 3200 ha unwiderruflich zerstört, als ob es kein Morgen gäbe.
Wenn wir so weiter machen, wird in Chur in 20 Jahren alles verbaut sein, was verbaubar ist. Was machen wir danach? Es ist besser bestehende Bauten – egal wo sie stehen - abzubrechen und verdichteter wiederaufzubauen als weiteres Kulturland zu zerstören. Wir werden es noch brauchen.

Fritz Schulthess aus Chur

Fritz Schulthess
31.03.21 - 18:35 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
«Wie viel Heimat braucht der Mensch?», Ausgabe vom 31. März
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