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Mediales Schicksalsjahr

In seinem Kommentar vom 10. Januar 2020 schreibt Andrea Masüger, die Rückkehr von Ringier in den Schoss des Verlegerverbandes sei eine gute Nachricht. Man könne jetzt grosszügiger in digitale Angebote investieren und die ansonsten von Google & Co erhobenen Daten für sich selbst nutzen. Damit liessen sich Werbung und Inhalte besser auf die Leser zuschneiden.
Aus Sicht der Medien hat Herr Masüger sicher recht, geht es doch darum, sich nicht länger von Google & Co. die Werbeeinnahmen wegschnappen zu lassen. Aus Sicht der Demokratie aber ist diese Strategie eine sehr schlechte Nachricht.
Der Schweizer Bürger kann in wesentlichen Dingen mitentscheiden, indem er abstimmt und wählt. Damit er sich eine Meinung bilden kann, ist er auf verlässliche und objektive Informationen angewiesen. Genau das gilt bisher als die Stärke der unabhängigen Medien. Aber die «spezifischen Inhalte», die der Ringier-Chef meint, isolieren den Konsumenten noch stärker in seiner «Filterblase». Wer SVP-inspirierte Artikel herunterlädt, erhält in Zukunft bevorzugt Informationen nach dieser Denkweise. Und wer Grün bevorzugt, wird einseitig in jene Richtung informiert.
Die Filterblase fördert das Lagerdenken und kann zur Spaltung eines Landes führen. Warum wohl fanden die britischen Tories und Labour zwei Jahre lang keine gemeinsame Gesprächsbasis? Warum hören sich Republikaner und Demokraten in den USA kaum mehr zu? Ist die Schweiz das vernünftige Gespräch und das Ringen um Konsens leid?
Auch und gerade als Liberaler möchte man Herrn Masügers Forderung zustimmen, die verbleibenden unabhängigen Medien von staatlicher Seite zu unterstützen. Noch wichtiger aber ist, das versteckte Sammeln persönlicher Daten und deren Nutzung zur politischen Einflussnahme zu beschränken.
Zu schnell vergisst man, wie leicht über Firmen wie Cambridge Analytica die demokratischen Prozesse unterlaufen werden können. Die Schweiz sollte das nicht zulassen.

Albert Zwicker
13.01.20 - 21:25 Uhr
Leserbrief
Ort:
Jona
Zum Artikel:
Kommentar vom 10.1.2020
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