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Gleichstellung

Das Dilemma der bürgerlichen Politikerin

Es macht grosse Freude, wie derzeit über Gleichstellung und Frauenstreik in Graubünden diskutiert wird. Das Thema ist auf dem Tisch, und niemand kommt darum herum, Stellung zu beziehen. Einmal mehr offenbart sich dabei das Dilemma der bürgerlichen Politikerin. Ein kurzer Blick in die Geschichte genügt: Jahrzehntelang schrieben bürgerliche Frauenorganisationen Petitionen an den Bundesrat, um das Frauenstimm- und Wahlrecht einzufordern. Sie straften die feministische Analyse einer Iris von Roten mit Verachtung und Ausgrenzung. Erst der von der SP-Politikerin Emilie Lieberherr organisierte „Marsch auf Bern“ brachte die Wende: Eine grosse, laute und fordernde Demonstration für Frauen- und Menschenrechte. Christiane Brunner, ebenfalls SP-Politikerin, lancierte den Frauenstreik 1991. Das Ergebnis: ein Gleichstellungsgesetz. Was ist das Dilemma der bürgerlichen Politikerin? Die Angst, sich lächerlich zu machen. Die Angst, nicht mehr als „normale Frau“ zu gelten. Die Angst, sich zu exponieren und abgestraft zu werden - all diese Ängste halten die bürgerliche Politikerin davon ab, klare Kante zu zeigen. Lieber sich ganz fest anstrengen und doppelt so gut sein wie die Männer. Sich lieber mit Brosamen begnügen und sich anpassen, statt das System in Frage zu stellen. Liebe Kolleginnen des Grossen Rats: Wollt ihr denn ewig warten? Fasst Mut, lasst eure Bedenken fahren, überwindet euer Dilemma und springt über den parteipolitischen Graben! Gemeinsam erreichen wir in Graubünden mehr Gleichberechtigung. Auch für euch.

Silvia Hofmann, SP-Grossrätin, Chur

Silvia Hofmann
11.06.19 - 16:00 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
Interview Vera stiffler
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