Fremdspracheninitiative

Appell an alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in Graubünden

Am nächsten Sonntag geht es um sehr viel mehr, als uns vielleicht bewusst ist. Eine Annahme der befremdlichen Fremdspracheninitiative hätte massive organisatorische und finanzielle Folgen. Beispielsweise würde mit der Verschiebung der zweiten Fremdsprache in die Oberstufe die Lektionenzahl in diesem Fach erhöht und im Gegenzug andere Fächer geschwächt werden. Neue Lehrmittel, teilweise neue Lehrpläne und teure Weiterbildungen wären die Folgen dazu. Dies stimmt mich umso nachdenklicher, als ich mit Leserbriefen von einzelnen Kollegen konfrontiert werde, die das Wohl der Kinder und pädagogische Überlegungen in den Vordergrund stellen und dabei nicht scheuen, Bündner Schulkinder einen schlechten sprachlichen Ausweis auszustellen, denn mit einer zweiten Sprache auf der Primarstufe sollten sie überfordert sein. Was in anderen Kantonen möglich ist, funktioniert im dreisprachigen Graubünden nicht? Langsam aber sicher frage ich mich, ob das nicht viel mehr Ausdruck eines Unbehagens ist, welches gewisse Lehrpersonen gegenüber einer Sprache plagt. Als Reallehrer erlebe ich täglich die Schwierigkeiten von Schülerinnen und Schülern in den verschiedenen Fächern. Vom Unterricht befreit werden sie aber nur ausnahmsweise und so wird es auch in Zukunft bleiben, was ich völlig unterstütze. Ich bin stolz (auch) Deutschlehrer zu sein, obwohl meine Kenntnisse dieser Sprache nach wie vor verbesserungsfähig sind. Diese respektvolle Haltung meiner italienischen Muttersprache gegenüber erwarte ich auch von allen meinen Kollegen. Übrigens: Zu den Werten, für die wir täglich einstehen, gehört ebenfalls die Rücksichtnahme auf Minderheiten. In diesem Sinne bitte ich Sie liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die Initiative vehement zu verwerfen.
Moreno Raselli, Reallehrer Poschiavo