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Fremdsprachenregelung in Bündner Volkschulen: Riesenchance verpasst!

Nur schon die Erwähnung des Wortes „Spracheninitiative“ scheint bei vielen Volksvertreterinnen und -vertretern toxische Reaktionen auszulösen.

Die Mehrheit der Eltern und der Kinder würde sich freuen, wenn die geltende Fremdsprachenregelung endlich an die heutigen Bedürfnisse angepasst würde: Die erste und einzige Primar-Fremdsprache wäre Englisch und zwar flächendeckend über alle Sprachregionen. Eine zweite Kantonssprache folgte dann in der Oberstufe. Auch grosse Teile der Wirtschaft würden diese Lösung begrüssen.

Leider ist das in der Fremdspracheninitiative, über die am 23. September abgestimmt wird, nicht vorgesehen. Die Initianten kämpfen für „eine Fremdsprache in der Primarschule“, das ist Englisch oder Deutsch je nach Sprachregion. Und was tun die „Grisologen“? Sie schaffen weiterhin Verwirrung. Ihnen fällt offenbar nicht ein, ihre Sprachenideologie zugunsten einer zeitgemässen pragmatischen Fremdsprachenlösung zu hinterfragen.

Der folgende Lösungsansatz würde die unerfreuliche Situation entspannen:
„Gelehrt und gelernt würde nur eine Fremdsprache an der Primarschule (= Spracheninitiative). Diese Sprache ist Englisch und zwar für alle Sprachregionen.“
Dieser zweite Satz steht bedauerlicherweise nicht in der Initiative. Dort steht, „die Sprache ist Englisch oder Deutsch je nach Sprachregion“. Damit verpassen die Initianten die Riesenchance, eine nachhaltige, vernünftige, zeitgemässe und besonders wichtig, eine diskriminierungsfreie Sprachenlösung zu fordern.

Dieser Vorschlag ist keineswegs neu, wurde aber in Graubünden heftig tabuisiert. In 14 Kantonen (und Halbkantonen) der Zentral- und Ostschweiz ist Englisch die erste Fremdsprache. Auch bedeutende Wirtschaftsführer, allen voran der Hamilton-Chef Andreas Wieland, hatte die Idee des Frühenglisch für alle schon vor einigen Jahren angeschoben.

Trotzdem werde ich der Fremdspracheninitiative am 23. September zustimmen.

Das Hauptanliegen „ nur eine Fremdsprache an der Primarstufe“ ist in Fachkreisen weitgehend unbestritten und aus pädagogischer und fachdidaktischer Sicht ernst zu nehmen. Auf ein flächendeckendes Englisch an der Primarschule werden wir wohl noch ein paar Jährchen warten müssen. Gönnen wir der Regierung, den Grossrätinnen und Grossräten noch etwas Zeit.

Die zweite Kantonssprache folgt auf der 1.Oberstufe (= Spracheninitiative). Studien unterstützen diese Regelung, auch aus lernpraktischen Gründen. Dass die rätoromanisch- und die italienischsprachigen Kinder dann Deutsch lernen gebietet die Vernunft. Diese Regelung spricht in keiner Weise gegen die Interessen der beiden sprachlichen Minderheiten, hat nichts mit Diskriminierung zu tun.

Es wäre naiv zu glauben, dass das Bündner „Bildungstriumvirat“ (EKUD, PH, LEGR) es versäumen würde zu „nudgen“. Nudging, ist die heute gängige Form Einheitsmeinungen zu erzwingen und Kritiker auszuschalten. Die Grenzen zu Indoktrination und Meinungsterror sind fliessend. Effizient zwar und wohl auch legitim, doch bei politischer Meinungsbildung unangenehm grenzwertig!

Fritz Tschudi, Chur

Fritz Tschudi
04.09.18 - 10:35 Uhr
Leserbrief
Ort:
Chur
Zum Artikel:
div Leserbriefe zur Grossratssession
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Fritz Tschudi hat anscheinend keine Ahnung wie die italienischen und romanischen Schulen funktionieren, sonst würde er nicht so einen Blödsinn vorschlagen. Oder glaubt Herr Tschudi allen ernstes, dass diese Kinder in 3 Jahren Oberstufe genügend Deutschkenntnisse erwerben könnten, um damit eine Lehre oder ein Gymnasium auf deutsch zu bestehen? Aber vielleicht könnten ja alle Schulabgänger/innen nach England in die Lehre...

Herr Tschudi glaubt das nicht, er weiss es. Es gibt schon mehrere Studien (auch aus der Schweiz) die genau das nachweisen. Oberstufenschüler ohne Primarfremdsprache, holen dieses Defizit in der Oberstufe in ca.2-3 Monaten auf. Also keine Vorteile für die Frühlerner.