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Bündner Heimat zwischen vier Buchdeckeln

Zwei neue Bildbände zeigen Graubünden und die Schweiz in sehr unterschiedlichen Momentaufnahmen.

Reto
Furter
19.11.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Juwelen in der Höhe: die Jöriseen zwischen Davos und dem Unterengadin.
Juwelen in der Höhe: die Jöriseen zwischen Davos und dem Unterengadin.
ROLAND GERTH

Graubünden ist schön. Im Grund genommen. Das ist, aus subjektiver Bündner Sicht, ein Fazit, welches man aus zwei neu erschienen Bildbänden aus dem AS Verlag ziehen kann. Die beiden Bände von Roland Gerth einerseits und Simon Walther anderseits zeigen das jahreszeitliche Spektrum der Schweiz (und als Teil davon auch Graubündens). Sie zeigen das ganz Schöne und das etwas weniger Schöne.

Roland Gerth, von dem die Bilder im Band «Wunderbare Schweiz» stammen, hat sich auf die Landschaften «zwischen Wundern und Wunder» konzentriert, wie es im Vorwort von Roland Baumgartner heisst. Die beiden haben die «faszinierendsten und attraktivsten Punkte» besucht. Das sind weltbekannte Schweizer Sehenswürdigkeiten auf der einen Seite, «verborgene landschaftliche Wunderwelten» auf der anderen. Unterstützt wird das Buch unter anderem vom Kanton Graubünden, von Pro Natura und von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz.

Einen ganz anderen Zugang zur Schweiz hat Simon Walther im Band «Zwischensaison» gefunden. So zweideutig der Titel, so ambivalent sind auch die Bilder, die er im Gelände angetroffen hat. Es sind Bilder aus den Ferienregionen, zu einem beträchtlichen Teil aus Graubünden. Und doch fehlt den Bildern aus der Zwischensaison, also aus dem Frühling, Sommer oder Herbst, etwas: das Leben. Die Bilder würden uns «aus der Trostlosigkeit der Menschenleere einen Moment der Seligkeit schenken», schreibt Markus Maeder im Vorwort dazu. Sie zeigen schmelzende Bobbahnen, kaputte Sicherungsnetze im Frühlingswald, leere Hotelkathedralen. Auch dieser Bildband wird vom Kanton Graubünden finanziell unterstützt.

Heimat auf Hochglanz

Die Bilder von Gerth und Walther ergänzen sich in ihrer vordergründigen Gegenseitigkeit natürlich bestens. Zusammen breiten sie, für den Bündner Leser, für die Bündner Leserin, einen eindrücklichen Fleckenteppich über den Kanton aus. Der Feriengast, der Heimwehbündner, mag sich über die überraschenden, teils spektakulären Bilder von Gerth beugen und in Gedanken schon die nächsten Ferien planen. Allerdings schwingt da auch eine gehörige Portion Wehmut mit: So schön, wie Roland Gerth seine Bilder gesehen und mit der Kamera festgehalten hat, sehen Normalsterbliche die Landschaft selten. Heimat auf matt glänzendem Papier quasi.

Das ist bei den Bildern des zweiten Bandes anders. Vielleicht nicht der Wintertourist, aber sicher der Bewohner Graubündens kennt die Bilder von Simon Walther. Er kennt den wolkenverhangenen Himmel, die kühl-feuchte Witterung, die verlassenen Bratwurstcontainer und WC-Kabinen, die abscheuliche Hässlichkeit von vertrauten Dingen, die Monate zuvor oder danach, im Winter, plötzlich zum Teil dessen werden, was dann normal ist – in einer anderen Welt, wenn die Zwischensaison vorüber ist. Auch Simon Walther zeigt also die Heimat auf glänzendem Papier, einfach zu einer anderen Zeit.

Die beiden Bände – sie erscheinen passend auf Weihnachten hin – werden ihr Publikum finden. Im Einzelpack, in welchem alle ihre Heimat finden werden, welche auch immer. Oder im Doppelpack für jene, die den Blick über den Tellerrand nicht scheuen und auch andere Sichtweisen zulassen. Welche auch immer.

BUCHTIPPS

Roland Gerth: «Wunderbare Schweiz». AS Verlag. 189 Seiten. 48 Franken.

Simon Walther: «Zwischensaison». AS Verlag. 141 Seiten. 48 Franken.

Reto Furter ist Leiter Chefredaktion der Südostschweiz Medienfamilie und verantwortet Radio, TV, Online und Tageszeitungen in den Kantonen Graubünden, Glarus und St. Gallen. Er ist promovierter Historiker und arbeitet seit 2009 bei Somedia. Mehr Infos

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