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Wortakrobaten philosophieren über Salatbesteck und Rauschzustände

Fünf junge Slam-Poeten traten im Zak in Jona auf. Jan Rutishauser, Martina Hügi, Andreas Kessler, Gina Walter und Anna 
Ferrari jonglierten mit Wörtern und Texten auf Hochdeutsch oder «Thuogauo-Dütsch», erzählten humorvolle und satirische 
Geschichten, provozierten und nahmen kein Blatt vor den Mund.

Linth-Zeitung
08.10.18 - 09:15 Uhr
Kultur

von Alexandra Greeff


Eine einzige Person meldete sich am Samstagabend im Zak in Jona aus den hinteren Zuhörerreihen: «Da ist tatsächlich nur jemand, der kein Salatbesteck zuhause hat?», fragte Slampoet Jan Rutishauser fast ungläubig. «Dann muss ich mir überlegen, ob mein Text in diese Runde passt.» 


Wetteifer und ernüchternde Prognosen


Offenbar gehört Salatbesteck in jede Schweizer Küche. Rutishausers humorvolles Gedicht «Salatbesteck» rechnet aber mit genau diesem Küchenutensil ab. Es erzählt von einer Querele zwischen Rutishauser und seiner Freundin, die damit endet, dass Rutishauser nachgibt und einem absurden Tutti-Eintrag ans andere Ende der Schweiz folgt, wo es eine grosse Auswahl an dekorativem oder lustigem Occasion-Salatbesteck zu kaufen gibt. 

Auf die Strasse als «Schlachtfeld der Emotionen» entführte ein Gedicht, das die Baselbieter Poetin Gina Walter für den Verein «Pro Velo» geschrieben hatte: Hier begegnen sich tagtäglich die grössten Erzfeinde – die Auto- und die Fahrradfahrer. Gina Walter ahmte mit Lautstärke und Sprechtempo den Verkehrslärm, die geballten Aggressionen und die Hektik auf der Strasse nach. «Fahrradfahrer und Autofahrer stehen zueinander wie Trump und der ganze Rest der Welt ausser Putin. Sie sind Erzfeinde», resümierte Walter. Die Erzfeinde können sich zum Schluss des Gedichts aber doch noch versöhnen. Sie verbünden sich dank einem neuen gemeinsamen Feind, der die Strasse für sich erobern will: dem E-Bike-Fahrer. 


Vom Kampf der Leber mit 
dem Hirn


Jüngste Poetin des Abends war Anna Ferrari, die 2017 in St. Gallen die Jury der Mittelschul-Slam-Meisterschaften überzeugte. Sie performte den Text «Nachtschicht» zu ihrem Lieblingsfach Biologie. Und präsentierte beherzt die ernüchternde 1-Tages-Prognose der Leber, die den Rausch ausschlafen will, während das Hirn alle Hände voll zu tun hat, bis endlich Ruhe und Ordnung im Organismus einkehrt – zumindest ein paar wenige Schnarcher lang.

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