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«Es war eine gute Zeit»

In der Galerie im Gartenflügel in Ziegelbrücke haben sie mit Kunst aus der Welt und der Region Brücken gebaut. Nach 24 Jahren hört das Galeristenehepaar Ruth und Robert Jenny auf.

19.05.18 - 04:30 Uhr
Kultur
Kunst aus der ganzen Welt
Kunst aus der ganzen Welt
CLAUDIA KOCK MARTI

Heute eröffnen Sie Ihre letzte Ausstellung im Gartenflügel in Ziegelbrücke. Wie geht es Ihnen dabei?

Robert Jenny: Es bedeutet Erleichterung, durchzogen von Wehmut oder Wehmut, durchzogen von Erleichterung.

Ruth Jenny: Geladen mit vielen Erinnerungen. Man beginnt schon, ein wenig zurückzuschauen.

Wie fing denn alles an?

Robert Jenny: Eigentlich damit, dass unser Architekt zuerst sehr skeptisch gegenüber der Idee war, in Ziegelbrücke eine Galerie führen zu wollen. Dann hat er doch etwas Besonderes aus diesen schönen Räumen gemacht – wenn man einmal von der Steilheit der Treppe absieht. Ich wollte damals nicht, dass hier auch noch Büros hineinkommen.

Können Sie sich noch an die erste Ausstellung von 1994 erinnern?

Ruth Jenny: Sehr gut. Das war eine sehr lebendige, farbige Ausstellung. Mit Musik und einem wunderbaren Buffet.

Robert Jenny: Wir haben via Marianne Magnabosco naive indianische Kunst aus Ecuador nach Ziegelbrücke geholt. Sie hat dort ja lange gelebt. Zugleich haben wir drei in Europa lebende ecuadorianische Künstler eingeladen.

Sie haben gegen 100 Ausstellungen gezeigt, zu diversen Vorträgen und Konzerten eingeladen. Was waren Ihre persönlichen Höhepunkte?

Ruth Jenny: Neben der Eröffnung sticht für mich auch die Mustang-Ausstellung zusammen mit Manuel Bauer heraus.

Robert Jenny: In dieser Ausstellung war ich auch mit eigenen Fotografien sehr involviert. Ein Höhepunkt war für mich aber auch unsere letztjährige persönliche Sammlungsausstellung. Die konnten wir im Gegensatz zu den anderen selber gestalten (lacht).

Wie haben Sie denn den Umgang mit den vielen Künstlern erlebt?

Robert Jenny: Emotional waren es oft starke Begegnungen. Ganz besonders erinnere ich mich an die mit Greta Leuzinger. Sie war eine charmante, berührende Künstler-Persönlichkeit.

Ruth Jenny: Wir haben uns nur ganz selten in die Ausstellungen eingemischt. Ich erinnere mich aber, dass dies einmal nötig war, als jemand wirklich alles von oben bis unten voll gehängt hat.

Wie haben Sie ausgewählt?

Robert Jenny: Wohl ein bisschen amateurhaft. Wir haben einige Stammkünstler wie Marianne Magnabosco, Ueli Bruppacher, Martin Stützle, Lotte Müggler oder auch die früh verstorbene Ulla Killias, die wir sehr gern hatten.

Ruth Jenny: Regionale Künstler haben wir bewusst ausgewählt. Das sehen wir auch als unsere Aufgabe an.

Was lohnt die viele Arbeit?

Ruth Jenny: Für mich ist es das Kennenlernen von immer wieder neuen Künstlern, auch menschlich. Das hat mir Freude gemacht.

Robert Jenny: Wenn man selbst nicht genügend künstlerisches Talent hat, ist das Ausstellen eine kreative Tätigkeit. Wie auch das Aufhängen von Bildern daheim. Für uns als Pensionäre war das in diesen Räumen toll. Von der Lage her war Ziegelbrücke für eine Galerie aber nicht so geeignet.

Ihre Vernissagen waren jedoch immer sehr gut besucht.

Robert Jenny: Ja. Das war so. Gelegenheitsbesucher hatten wir aber selten.

Ihre letzte Ausstellung heisst «Begegnungen». Könnte der Titel so etwas wie Ihr Leitmotiv sein?

Robert Jenny: Begegnungen, besonders die interkulturellen, das Spiel zwischen verschiedenen Epochen und Kulturen finde ich sehr faszinierend. In der kommenden Ausstellung ist es auch eine Begegnung mit Werken aus der Sammlung eines Künstlers, dem nebenan arbeitenden Joseph Egan. Wir hatten hier selten sogenannt «grosse Kunst», schon aus Sicherheitsgründen. Emotional bin ich stark mit der Kunst aus dem Himalaja verbunden. Sie packt mich fast mehr als die westliche zeitgenössische Kunst. Unser Interesse für zeitgenössische Kunst hat sich auch erst sehr spät entwickelt. Erst seit 25 Jahren besuchen wir regelmässig die Kunstmesse «Art» in Basel.

Ruth Jenny: Wir leben mit Kunst, die wir aus Nepal, Tibet oder anderen Reisen mitgebracht haben. Was uns gefreut hat, ist, dass sich auch viele Glarnerinnen und Glarner für Ausstellungen aus anderen Kulturen interessiert haben.

Sie sind seit 55 Jahren glücklich verheiratet. Sind Sie auch im Kunstgeschmack ein Dream-Team?

Ruth Jenny: In Vielem ziehen wir am gleichen Strick (lacht). Ich bin aber beim Sammeln von Kunst etwas die Bremserin, weil ich finde, dass wir schon viel haben.

Robert Jenny: Es läuft nicht immer harmonisch, doch einigen wir uns dann meistens (lacht).

Und was machen Sie, wenn Sie die Galerie nicht mehr haben?

Robert Jenny: Wir können uns weiter unserer Stiftung Gartenflügel widmen. Vielleicht organisieren wir weiterhin ab und zu Vorträge oder unterstützen solche. Im Güterschuppen Glarus haben wir schon zwei Mal Ausstellungen organisiert. Es ist so: Wir haben leider keine Nachfolge für die Galerie im Gartenflügel gefunden. Ende Juni wird eine Privatschule einziehen.

Ruth Jenny: Es war eine gute Zeit. Nun ist es schön, zurückzuschauen, und es nochmals bis zur Finissage zu geniessen.

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